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Volltext: Buchdruck (Gruppe XII, Section 1), officieller Ausstellungs-Bericht

Buchdruck. 
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Nach deffen Rückkehr arbeiteten die betten Kräfte elf Jahre lang an der Her 
Heilung der Platten und im Jahre 1869 begann der Druck, den die berühmte Firma 
J, Claye in Paris beforgte. Es wurden hievon 150 numerirte Exemplare auf 
eefchöpftem feinem holländifchem Papier und 1500 auf ganz feinem franzöfifchem 
Velinpapier abgezogen. Jede Seite ift mit fich kreuzenden rothen Linien eingefafst, 
deren Enden fowohl in den Bund als in den Schnitt fielt verlaufen. Das Regifter 
diefer Linien ift fo exadt, dafs nicht auf einer einzigen Seite auch nur die geringfte 
Abweichung zu finden ift. Trotzdem dafs die Velin-Exemplare 500 und die auf 
holländifches Papier gedruckten feinen Exemplare je 1000 Francs koften, durften 
die aufgelegten Exemplare vom Publicum nicht allein durchgeblättert werden, 
fondern es wurde noch eigens aufgefordert, fich die Schönheit diefes Werkes mit 
alier Mufse zu betrachten, was bei den meiften, namentlich deutfehen, öfter- 
reichifchen, ungarifchen und italienifchen Gegenftänden nicht der Fall war, indem 
das Berühren derfelben durch angehängte Zettel geradezu verboten wurde. Die 
italienifche Abtheilung von Gruppe XII, in der die Gegenftände noch im October 
wie Kraut und Rüben durcheinander lagen, war fogar durch vorgefpannte 
Schnüre abgefperrt und konnten kaum wir, die Berichterftatter, Zutritt erlangen. 
Welchen Nutzen das Publicum und die Ausfteller durch eine folche Quarantäne 
haben können, vermögen wir nicht abzufehen. 
Um fo angenehmer wurde das Betrachten der Ausftellungsgegenftände 
dem Publicum in der franzöfifchen Abtheilung gemacht, namentlich durch die 
Vertreter der beiden obgenannten Firmen Hachette und Marne & Sohn. Hier 
wurden dem Befucher felbft Stühle zum Sitzen angeboten und damit geradezu 
zum längeren Studium der Prachtwerke aufgefordert. 
Marne & Sohn in Tours hatten des Intereffanten fo viel gebracht, dafs 
wir nur das Vorzüglichfte davon berühren können. Die Firma, die über 1000 
Perfonen in der Buchdruckerei, Buchbinderei, Graviranftalt etc. befchäftigt, hatte 
nur eigene Produtfte ausgeftellt, die von A bis Z im eigenen Gefchäfte verfertigt 
waren. Von jedem Werke läfst Herr Marne ein Exemplar für feine eigene 
Bibliothek auf Pergament drucken, und waren von diefen Pergamentdrucken 
einige ausgeftellt. So z. B. eine Dore’fche Bibel, in welcher die Pracht der Holz- 
fchnitte durch das äufserft glatte Pergament erft recht ins fchönfte Licht trat. Der 
gröfste Theil des Verlages ift religiöfen Inhaltes. Welche Maden, z. B. von Gebet 
büchern, gedruckt werden, kann man aus dem beifpiellos billigen Preife derfelben 
erfehen. Gebetbücher, die in Wien 60 bis 80 Kreuzer koften, verkauft Herr Marne 
um 40Centimes = 17 Kreuzer öfterr. Währ. Ein vonA. Gusmann erzeugter und 
durch die Hilfe des Herrn Marne entftandener Holzfchnitt: „die Grablegung 
Chrifti“ nach Tizian, ift mittelft zweier Schnitte gedruckt und fo die Tiefe der 
Töne und die Weichheit und Wärme des Stahlftiches imitirt. Die Kreuzlagen find 
durch diefes Verfahren in der fehönften Reinheit dargeftellt. Ob fich diefes Ver 
fahren Bahn brechen wird, wiffen wir nicht, denn dazu gehört erftens, dafs der 
Xylograph auch ein gefchickter Zeichner fei (was äufserft feiten der Fall ift), und 
dafs zweitens der Drucker ein minutiöfes Regifter halten mufs. Die ausgeftellte 
Probe, auf chinefifchem Papier gedruckt, zeugt fowohl von der Tüchtigkeit des 
Herrn Gusmann als von der des Druckers. Jedoch leidet diefe Manier trotz 
aller Schönheit als Holzfchnitt dem Stahl- und Kupferftiche gegenüber dennoch 
an mancher Härte. So grofs die Kunft des Herrn Gusmann auch ift, fo wird 
er mit dem fpröden Holz nie die Weichheit von Kupfer oder Stahl erreichen 
Diefe Probe zeigt nur wieder deutlich, dafs der Holzfchnitt fein Feld nicht 
überfchreiten kann und defshalb auch nicht foll. Von den „Chefs d Oeuvre de 
la langue fran^aise“ hatte Herr Marne auch einige auf Pergament gedruckte 
Bände zur Anficht gebracht, die an Schärfe des Druckes nichts zu wünfehen 
übrig liefsen. 
Die Collectiv-Ausftellung des „Cercle de la librai rie“ zeich 
nete fich ebenfalls durch viel Schönes und Gutes aus. Wir wollen unter anderen 
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