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Gruppe VIII. Holz-Industrie.
sen Stücke Elfenbein gefährdet sein wird, sollte für den denkenden
Kunsthandwerker ebenso sehr auf der Hand liegen, wie er wissen sollte,
dass eine stilvolle Behandlung des Materials ihm sowohl bei Verwen
dung kleinerer Elfenbeinstücke die Verbergung der Fugen von selbst
an die Hand geben, wie seiner Arbeit grössere Dauerhaftigkeit
sichern wird.
Des Römers Giovanni Battista Gatti Elfenbeinintarsien be
haupteten, wie seit langen Jahren, den ersten Rang unter den Concur-
renten. Daneben sind vor Anderen noch Giuseppe Pazzi, gleich,
falls aus Rom, und Mauro Mauprivez aus Mailand mit Anerkennung
zu nennen. Als Beispiele, wie man es nicht machen soll, sind des
Mailänders Serafino Motto Landschaften und eines Anderen Pilaster
füllungen mit schwebenden Kindergruppen nach Testelin zu nennen.
Hinsichtlich der Gravirung geben wir zu bedenken, dass die Ein
ritzung vertiefter Linien in eine Elfenbeinplatte verschieden von der
Arbeit des Kupferstechers, der mit dem Stichel seine Zeichnung in
langgeschwungenen schwellenden Linien in das widerstrebende Metall
giäbt, verschieden von der Arbeit des Radirers, der seine Nadel mit
leichter Hand über die feine Wachsschicht führt, aus welcher er die
Darstellung herausheben will, die das Aetzwasser später in die Kupfer-
platte fressen soll. Weder bei den Strichlagen dieser noch jener gra
phischen Kunst wird der Elfenbemgraveur seine Vorbilder zu suchen
haben. An dem Verständnis dieser Unterschiede gebricht es den
meisten italienischen Intarsiatoren; heute ist ihnen ein Stich Volpato’s,
morgen eine Radirung von della Bella gerade recht für die Gravirung
ihrer Elfenbeinfourniere, den Stil bringen sie nur innerhalb derjenigen
Grenzen zum Ausdruck, welche die unbezahlte Mühe völliger Nach
ahmung dieses oder jenes gelegentlichen Vorbildes ihnen innezuhalten
rätli. Will man einmal nach Vorbildern unter den Arbeiten der ver
wandten Techniken suchen, so wird man deren recht geeignete unter
den Stichen gewisser deutscher Kleinmeister, der Aldegrever, Behaim und
Anderer des 16. Jahrhunderts finden, desgleichen manches Brauchbare
unter den grotesken Füllungen italienischer Meister für die Sgraffitto-
technik. Im Allgemeinen vergesse man aber nie, dass ein simples Copi-
ren nie zu gutem Ziele führen wird, sondern der Kunsthandwerker
stets bemüht sein muss, die für eine andere Technik gedachte Zeich
nung in die Sprache der ihm geläufigen zu übersetzen. Da die ge
schilderte zwiefache Ausartung der italienischen Elfenbeinintarsia mit
einer Massenproduction im Dienste kenntnissloser Alterthümler aller
Länder zusammenfällt — (begegnet man doch den Arbeiten derMotta’s
oder Puppolin’s, der Guggenheim’s und tutti quanti schon in fast
allen unseren „magasins d’antiquites“) — darf man sich auf weitere
Ausartung dieser schönen Technik gefasst machen. Die Förderer