1. Die Erzeugnisse der Möbeltischlerei etc. 407
des italienischen Kunsthandwerks sollten diesen Vorkommnissen ein
scharfes Augenmerk schenken.
In der Pariser Möbelindustrie ist die besprochene Technik seit
lange eingebürgert. Hervorragende Leistungen in ihr liess die ge
genwärtige Ausstellung aber völlig vermissen. Nicht ohne \ erdienst
waren einige Tischchen bei Roudillon, Verschiedenes bei Charmois
& Lemarinier. Als Specialist für Elfenbein - Ebenbolzintarso trat
Hunsinger auf. Als Producent nicht ungefälliger Möbeln dieser Art
zn massigen Preisen wird er zu loben sein, von dem stilistischen Ge
sichtspunkte aus, den wir bei dieser übersichtlichen Betrachtung vor
anstellen müssen, ist aber an ihm Vieles auszusetzen. Auch er arbeitet
nach Ornamentstichen und vergreift sich ebenfalls, indem er die graciö-
sen Ornamente eines Cauvet oder Dubourg auf den Füllungen seiner
Schubfächer copirt. Es sind das Zeichnungen von durchaus maleri
schem Wurf; als Vorbilder für decorative Malereien aller Art werden
diese reizendsten der Nachblüthen, welche die antiken Arabesken tiie-
ben, kurz bevor sie zu den schematischen b ormen des Empire erstarrten,
immer einen bleibenden Werth behalten; gerade ihre Vorzüge sollten
sie vor der Uebertragung in eine ihrem Ursprung völlig fremde Tech
nik und Farbensprache schützen.
Eine von italienischer wie französischer Weise völlig abweichende
Behandlung der besprochenen Technik zeigen die Engländer, Jackson
& Graham in erster Reihe, dann Walker. Erstere, indem sie das
Elfenbeinornament in mannigfache exotische Hölzer einlegen, letzterer,
indem er die gravirten Striche mit rother und grüner anstatt mit
schwarzer Farbe füllt. Das Nähere über diese, mit anderen hier nicht
zu erwähnenden Seiten der englischen Möbelindustrie zusammenhän
gende Erscheinungen wird später beizubringen sein.
Nicht unerwähnt darf bleiben, dass das an metallotechnischen
Kunststücken so überaus reiche (.ahmet von Christofle auch füi die
hier besprochene Technik Neues bot. Die Ebenholzspiegel dei Schub
fächer im Innern des Schrankes waren mit einer sehr gelungenen
Imitation eingelegten Elfenbeins verziert. Nachahmung des Elfenbein-
intarso durch Ausfüllung in das volle Holz geschnittener Ornamente
mit einem weissen oder gelblichen Kitt war den Ebenisten des Cin
quecento wohlbekannt. Der von Christofle verwendete Kitt soll
angeblich vor jenem älteren die grössere Dauerhaftigkeit und den Vor
zug voraushaben, dass er sich ebenso gut wie echtes Elfenbein gra-
viren lässt. Mit dem alten Kitt-Intarso bat die neue Technik gegenüber
dem Elfenbein-Intarso das gemein, dass sie Zeichnungen von einer
Feinheit der Linien gestattet, welche die Laubsäge nicht aus dem
Elfenbein herauszuschneiden vermag. Es handelt sich aus diesem
Grunde hier weniger um ein neues Surrogat, als um eine neue deco
rative Hilfstechnik, die ihre eigenen stilistischen Gesetze hat und für