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Gruppe III. Chemische Industrie.
Zum Waschen wendet man in den meisten Fabriken die Kluse-
mann’sche Maschine an, welche die übrigen Wäschen mehr und mehr
verdrängt hat. Zum Waschen der Kohle ist der aus den Verdampf
apparaten stammende ohne Wasserzusatz condensirte Saftdampf, das
sogenannte Brüdenwasser, zuerst von Stammer 1 ) empfohlen und an
gewendet worden. Eissfeld 2 ) hat dann diese Anwendung wesentlich
dahin vervollkommnet, dass er der eigentlichen Wäsche ein Auskochen
mit diesem ammoniakhaltigen Wasser folgen liess und dazu einen eige
nen, jetzt viel verbreiteten Apparat construirte.
Mehl fach ist auch die Behandlung der Knochenkohle mit Soda
lauge, welche man schon früher zum Entgypsen anwendete, als haupt
sächlichstes Wiederbelebungsmittel benutzt worden. Wenngleich sie
noch vielfach als Hilfsmittel gebraucht wird, hat doch eine weiter aus
gedehnte Verwerthung derselben nicht stattgefunden.
Zum Glühen der gewaschenen, gedämpften und möglichst trocknen
Kohle findet man in deutschen Fabriken am meisten den in mehrfacher
Weise verbesserten Schatten’schen Ofen in Gebrauch. Der Haupt
fehler desselben, der mangelhafte Abzug der Glühproducte, hat eine
durchgreifende Abhilfe noch nicht gefunden. Dagegen hat man sich
mit Erfolg bestrebt, die Entleerung der geglühten und wieder abge
kühlten Kohle zu einer ununterbrochenen, vom Willen der Arbeiter
unabhängigen zu machen und einem Mechanismus zu übertragen. Nur
zwei solcher Einrichtungen sind durch vielfache Ausführung in die
grosse Praxis übergegangen: in Deutschland die mechanische Entlee
rung der Kühlröhren von Langen und in Frankreich und Belgien der
Ofen von Ruelle. Ausserdem werden in einigen englischen Fabriken
mechanische oder Retortenglühöfen benutzt.
Der Langen’sehe Ofen 3 ) entspricht von allen dem Zwecke am
besten, indem er ohne Beihilfe die Knochenkohle in fast ununterbroche
ner Weise und mit geringer regulirbarer Geschwindigkeit auslaufen lässt.
Seiner grossen Beliebtheit und in mancher Beziehung sehr ratio
nellen Construction wegen ist hier noch der in französischen Fabriken
viel gebrauchte Ofen vonBlaize 4 ) zu nennen, welcher jedoch nicht mit
selbstthätiger Entleerung versehen ist.
Nach diesen Andeutungen über die Fortschritte, welche Anwen
dung und Wiederbelebung der Knochenkohle erfahren haben, gehen
wit zu dem letzten Theil der Arbeiten über, welchen der gereinigte
Rübensaft unterworfen wird, nämlich dem Kochen und der Fertigstellung
des Endproductes.
*) Stammer, Zeitschr. 1864, 634. 2 ) Bissfeld, Zeitschr. 1870, 663;
Dingl pol. J. CCVI, 405; Ueber das Verfahren berichtete auch Boden
bender, Zeitschr. 1872, 233. s ) Dingl. pol. J. CLXXXII, 459 (mit Ab
bildungen). <) Blaize, Zeitschr. 1864, 719.