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Gruppe III. Chemische Industrie.
welche es eingeführt haben, mehr zur Reinigung der Zuckernachproducte
von mineralischen Salzen (namentlich Salpeter), als zur Zuckergewin
nung aus Melasse in Anwendung gekommen. Ein anderes Verfahren,
Elutionsverfahren genannt, rührt vom Verfasser *) her. Es besteht
darin, dass die Melasse zunächst durch Kalkzusatz in Melassenkalk um
gewandelt, dieser dann getrocknet und endlich mit schwachem Brannt
wein ausgezogen wird, wobei fast reiner Zuckerkalk zurückbleibt, wel
cher den grössten Theil des Zuckers der Melasse enthält, und leicht auf
Zucker selbst verarbeitet werden kann. Das Verfahren, welches in allen
seinen chemischen Theilen fertig durchgearbeitet ist, scheiterte anfangs
an der technischen Schwierigkeit, rohen trocknen Melassenkalk zu er
zeugen, wird aber jetzt in. der Zuckerfabrik Wasserleben bei Wernige
rode im grossen Maassstabe zur Durchführung gebracht. Ein anderes
in letzterer Zeit noch aufgetauchtes Verfahren ist das Sebor’sche, von
welchem aber bisher technische Einzelheiten noch nicht bekannt ge
worden sind.
Mit der Lösung des Problems der Zuckergewinnung aus der Me
lasse wird die Zuckerfabrikation erst ihren eigentlichen Abschluss ge
funden haben. Dass sie diesen finden wird ist nur eine Frage der Zeit
und man darf an dieser Lösung um so weniger zweifeln, als die Zucker
industrie während des letzten Jahrzehends, Dank des unermüdlichen,
auf ein gleiches Ziel gerichteten Strebens zahlreicher Chemiker und
Techniker, so hervorragende Fortschritte gemacht hat, wie sie nur
wenige andere Industriezweige aufzuweisen haben.
Ueber Zucker auf der Wiener Weltausstellung vergl.: C. E. Thiel,
Nahrungs- und Genussmittel als Erzeugnisse der Industrie. Sect. II.
Zucker, Chocolade, Zuckerwaaren und Kaffeesurrogate, a. Zucker, von
L. W r e d e. Amtlicher Bericht der Centralcommission des deutschen
Reiches Bd. I, Heft 3, S. 181.
Die Auszeichnungen für Zucker auf der Wiener Weltausstellung
sind unter Gruppe IV „Nahrungs- und Genussmittel als Erzeugnisse
der Industrie“ vermerkt.
0 Scheibler, Zeitschr. 1865, 117; 1872, 253.