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J. Pechar, Dr. A. Peez.
viel jüngeren Datums als in der Aachener Gegend, ift die Kohlengewinnung in
einigen Gegenden Weftphalens, fowie bei Zwickau in Sachfen, während der
Kohlenbergbau an der Saar erwiefenermafsen im Jahre 1529 feinen ^fffang nahm.
Auch in Niederfchlefien und vielleicht fogar in Oberfchlefien hatjö, wenngleich
es an genaueren Angaben hierüber gebricht, der Abbau der Kohle noch vor dem
dreifsigjähngen Kriege begonnen ; er wurde aber hier wie in dbn erftgenannten
Revieren unter den Schreckniffen diefes die deutfchen Lande politifchund wirth-
fchaftlich zerrüttenden Krieges wieder erftickt, ehe er fich zu gröfserer Blüthe ent
falten konnte.
Unfeiem vorherrfchend den Werken des Friedens gewidmeten Zeitalter
war es Vorbehalten, die zu Stein gewordenen Refte einer vorweltlichen Vegetation
auch in Deutfchland von Neuem und in Maffen zu Tage zu heben, um diefeibe in
Wärme und Licht und vor Allem in Kraft umzufetzen.. Ein auf wiffenfchaftlicher
Grundlage beruhender Kohlenbergbau in Deutfchland ift genau gleichalterig mit
der epochemachenden Einführung der Dampfmafchine in die Dienfte der Induftrie,
datirt alfo aus den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts. Durch die napoleoni-
clien Kriege zurückgehalten, begann jedoch die regelmäfsige Ausbeutung der
wichtigften Kohlenlager Deutfchlands erft im zweiten Decennium diefes Jahr-
hundertes nach Wiederherftellung des Weltfriedens. Seitdem folgten fich die
Erfchliefsungen immer neuer Reviere, feitdem haben Stein- und Braunkohle das
Holz als Brennmaterial nicht blos aus der Eifenhütte und Werkftätte, fondern
auch aus dem Wohnhaufe mehr und mehr verdrängt, feitdem ift der Kohlen
bergbau zum weitaus wichtigften Zweige der Montaninduftrie in Deutfchland
geworden.
Deutfchland nimmt unter den ProdukJionsländern der Kohle die zweite
Stelle ein. Seine Gefammtförderung hat fich von 28-16 Millionen metr. Tonnen
im Jahre 1866 auf 42 32 Millionen metr. Tonnen im Jahre 1872, alfo in heben
Janen um 50 27 Percent gehoben. Bei einer Bevölkerung von rund 41 Millionen
fallen auf den Kopf 2061-68 Pfund producirter Kohle, eine Zahl, die hinter Eng
land und Belgien zwar noch weit zurückbleibt, jedoch der Verbrauchsziffer der
eremigten Staaten ungefähr gleichfteht und alle anderen Länder bedeutend
übertrifit. Ueber die Entwicklung und den Werth der Produktion Deutfchlands an
Steinkohlen und Braunkohlen gibt folgende Tabelle Auffchlufs (S i e h e S e i t e 69
T ab e 11 e I).
Demnach hat in dem Jahrzehnt von 1861 bis 1S72 die Produaion von
Schwarzkohle um 135 6 Percent, von Braunkohle aber um 95-1 Percent zugenom
men. Vergleicht man das Jahr 1853 mit dem Jahre 1872, fo beträgt die Zunahme
bei Steinkohle 426-0 Percent, und bei Braunkohle353-9 Percent. Vergleicht man
endlich die Gefammtförderung an mineralifchen Brennftoffen der Jahre 1853 und
1872, fo beziffert fich die Zunahme auf 408 9 Percent.
Hinfichtlich des Antheiles der einzelnen Länder des deutfchen Reiches
an der Kohlenförderung geben wir folgende aus amtlichen Quellen gefchöpfte
Zufammenftellung (Siehe Seite 69, Tabelle II).
Aus diefer labelle wird vor Allem der überwiegende Antheil Preufsens
an der Kohlenförderung des Reiches erfichtlich. Die Quote Preufsens ift bei Stein
kohlen 88 64 Percent, bei Braunkohlen 82-61 Percent und bei der gefammten
Kohlenproduaion 87 36 Percent. Preufsen, welches im Jahre 1785 121.600 Ton
nen Kohlen förderte, fah feine Produaion bis zum Jahre 1872 auf 36,973.412
metrifche Tonnen oder um 30305 42 Percent fteigen.
Nach Preufsen folgt Sachfen, welches an der Steinkohlenförderung mit
8 85 Percent, an der Braunkohlenförderung mit 6 67 Percent, an der Gefammt
förderung mit 8-38 Percent participirt.
Süddeutfchland ift bekanntlich arm an Kohlenlagern; Bayern verdankt feine
Quote von roo der Gefammtförderung wefentlich den Ausläufern, welche das
Saaibecken in die Rheinpfalz entfendet. In den kleinen norddeutfchen Ländern