Zu den Themen, die im Mittelalter und bis
in die Neuzeit hinein am meisten diskutiert
wurden, gehört die Frage der Entstehung
und Entwicklung der Baumgans.
Die Baumganr (branta bernicla) ist auch
unter anderen Namen, als Bernikel-, Meer-
oder Klostergans, bekannt. Sie brütet und
nistet zwischen dem 60. und SO. Breiten-
grad auf Spitzbergen und Grönland und
erscheint im Oktober und November in
großen Scharen im Ostsee- und Nordsee-
gebiet. Da man sie aber in diesen Gegenden
niemals brüten sieht, entstand schon in
frühen Zeiten die Sage, dieser Vogel ent-
stehe aus dem Holz der Bäume oder, nach
anderen Quellen, entwickle sich aus der
Entenmurrhel.
Dieses muschclartige Gebilde (lepas anati-
fera) gehört den Rankenfüßlern und Kreb-
sen an, deren Larven noch frei im Meer
herurnschwimmen. (Sie setzen sich an
Schiffsrümpfen, herumschwimmenden Plan-
ken, Bimsstcinen usw. mit einem Stiel fest,
der einem Halse nicht unähnlich ist, und
lassen die Rankenfüße, die wieder einem
Vogelschwanz gleichen, ins Wasser hängen.
Entfernt man die Schale, so werden darunter
zwei blaue Gebilde sichtbar, die wie Flügel-
chen wirken, so daß man mit entsprechen-
der Phantasie sich leicht einen Vogelembryo
vorstellen kann.)
Der Ursprung der Sage ist noch ungeklärt.
Eduard Herun-Allen bringt in seinen er-
schöpfenden Abhandlungenl sehr über-
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OSAHAÜUIH am Krem mit mykenxscher Dnmcllung dcr
Baumgnus
Defenmriuxl! von Smms. Inmbruckcr Lmmlcsxxxuscuxn
Fcrdinznldcuxx:
[m Bqunxgüxxsc uns dem Dcfcnsoriuln dcs KlmlcrsSLnlns
im Obcniuunul, (.1. 1437. ("Hmalcrci atlfßuldgrxxnd (Am-
schnitt aux mm. 2)
Acucas Sylvms Uiccoloxxuixxi am Hofe Kunlg Jakobs l.
van Schottland, 1435. Fresko von Pmmrricchio. Sxena.
Bibliuzluccn Plcculumixll
zeugende Abbildungen aus Kreta und
Mykenä und bezieht sich auf die Aus-
führungen des Franzosen M. Frederic
Houssay („Revue archeologique" 1895)
und des Engländers Sir Ray Lankester
(„Diversions of a Naturalist" 1915). In dcr
Literatur der Griechen und Römer fehlt
bemerkenswerterweise jede Spur einer
solchen Sage. Der älteste Sichergestellte
Bericht findet sich nach Georg jakab in
den Berichten einiger arabischer Gesandter Z.
Er zitiert dort Qawzini:
„Am Strande des Meeres der Insel Scha-
schjn (wahrscheinlich England) wachsen
Bäurne, und bisweilen stürzen die Ufer ab
und ein Baum fällt ins Meer. Dersclbc
schwankt infolge der Wogen, bis sich ein
weißer Nebel bildet. Aus dem Nebel
furcht sich dann ein Ei, aus dem sich die
Gestalt eines Vogels bildet, der noch mit
dem Schwanz am Baume hängt, und wenn
Allah will und der Wind ihn anbläst, dann
bilden sich Fedcrlein, und es wird ein Vogel
daraus, der über die Oberfläche des Meeres
dahin schießt."
Aclmled Ilm Omarl erzählt von einem Mann,
der seinem König ein Stück Holz brachte,
an dem sich ein Ansatz von Eiern gebildet
hatte. Der König befahl, das Holz in einem