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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 2. Jahrgang 1905/06

heben und zur vollen Wirkung zu bringen, die im Ausstellungs 
gegenstand liegt, die Wiß- und Schaubegierde des Besuchers 
auf dieses zu konzentrieren, darin liegt die Bestimmung des 
Bauwerkes. Es soll große und kleine Ausstellungen beher 
bergen, alles vorteilhaft veranschaulichen können, was Kunst, 
Wissenschaft und Industrie im Dienste der Kultur hervor 
bringt und es soll ein unparteiischer Boden sein für alles, 
was immerhin gut und fördernswert ist. Darum wird die 
Leitung eines solchen Zentralinstitutes für Ausstellungs 
wesen Männern anvertraut sein müssen, die nicht merkantile 
oder parteiliche Interessen pflegen, sondern die Kultur heben 
und von denen die Fähigkeit dazu vorausgesetzt werden kann. 
Die Wertigkeit in den Erstrebungen sowie in den Erreichungen 
ist das einzige, worauf es bei der Kultur ankommt. 
Es gilt nicht nur Bedürfnisse zu erfüllen, sondern auch voraus 
zusehen. Da es sich zunächst um ein Bauwerk handelt, müssen 
von vornherein die Künstler zu Rate gezogen werden. Die 
Pflicht der maßgebenden Faktoren ist es nur, den Berufensten 
zu kennen. Er wird gefunden werden, wenn man will. 
Uber das Ausstellungswesen liegen bestimmte Erfahrungen 
vor, die zu benützen sind; an den bestehenden Werken 
kann man zumindest lernen, Fehler zu vermeiden. Als 
direktes Vorbild ist keines der vorhandenen Bauwerke dieser 
Art zu betrachten. Der Kristallpalast in London, der Glas 
palast sind zwar Produkte der Neuzeit und sind für ähnliche 
Notwendigkeiten, wie die oben geschilderten, vorgesehen; 
sie sind überaus praktisch, aber auch ziemlich häßlich. Maß 
gebend wird die Besonderheit des gegebenen Falles und 
ein genaues Studium der Bedürfnisse, der vorhandenen und 
der vorauszusehenden, sein. 
Die Lösung ist natürlich an die Platzfrage gebunden. Für 
diesen Fall handelt es sich glücklicherweise um kein un 
lösbares Problem. Der einzig mögliche und zu erlangende Platz 
für ein solches Bauwerk ist der Grund, auf dem die heutige 
„Gartenbaugesellschaft“ steht. Das dortige Gebäude, das seinen 
Zweck in keiner Weise erfüllt, wäre nach der Grunderwerbung 
zu schleifen, um Besseres an dessen Stelle zu setzen. 
Die maßgebenden Faktoren, vor allem die REGIERUNG, 
können, wenn sie wollen, diesen Gedanken verwirklichen. Es 
wäre eine große Tat, die unserem wirtschaftlichen und kulturel 
len Leben von unberechenbarem Vorteil wäre. Ein dringendes, 
vielgestaltiges Bedürfnis liegt vor, vielleicht findet es an leitender 
Stelle Verständnis und Förderung. Joseph Aug. Lux. 
DAS HAUS DES BÜRGERS. 
ie Anlage des Hauses, auf beiden folgenden Heftseiten 
dargestellt, ist aus den einfachsten Bedürfnissen ent 
wickelt und wiederum auf das Einfachste zurückgeführt. 
So ist im ERDGESCHOSS ein großer Raum als 
Wohn- und Speisezimmer, die gute Stube mit der vorigen 
durch eine verhängte Öffnung zusammengeschlossen, die Küche 
durch einen Schalter mit dem Speisezimmer verbunden an 
geordnet worden. Ein großer Vorplatz ist vorgesehen, während 
die offene Veranda als Eingang dient, jedoch bei gutem Wetter 
als Speiseraum im Freien benützt werden kann. 
Im ERSTEN STOCK liegt ein großes Schlafzimmer mit 
Bad, zwei kleinere und ein größeres Zimmer für die Jugend 
sowie eine Kammer für das Hausmädchen. 
Der KELLER zieht sich unter dem ganzen Hause, ausge 
nommen der Veranda, hin. Durch einen separaten Eingang an 
der Rückseite gelangt man in die dort angelegte Waschküche. 
Die Verwendung der einfachsten ortsüblichen Materialien 
ist angenommen. 
Das Mauerwerk ist in Feldbrenner ausgeführt gedacht und bis 
Brüstungshöhe der Erdgeschoßfenster mit grauer Tönung sehr 
rauh verputzt. Um das Aufsteigen der Erdfeuchtigkeit und das 
dadurch verursachte Abbröckeln des Putzes zu verhindern, wird 
auf Terrainhöhe eine Backsteingurte vorstehend sichtbar durch 
geführt, so gleichzeitig ein farbiges Sockelband bildend. 
Der Erdgeschoßteil ist an der Rückwand und den Seiten 
ansichten vollständig in sichtbarem rotem Backstein-Mauer- 
werk, die vordere Ansicht und der Aufbau weiß verputzt. 
Einfach durch das Ausbauen des rückwärtigen Bauteiles 
zu Zimmern sind die Giebelformen entstanden, während der 
große Raum des Vorderteiles durch Ausbau des Zwerghauses 
ausgenützt ist. Das Dach wird mit roten Ziegeln gedeckt und 
das Holzwerk des Hauses lichtblau, das der Fenster und Türen 
hingegen weiß gestrichen. Zwischen hohen geputzten Wangen 
führt die Treppe mit Backsteinen gemauert zum Eingang 
und unterhalb des Fensters der guten Stube, zwischen den 
gemauerten Pflanzenkübeln, ist eine Gartenbank aus Kiefern 
holz, zum Herausnehmen eingerichtet, angebracht. 
Architekt F. W. Jochem, Darmstadt, hat solche Projekte, 
davon dieses ein Beispiel ist, ausgearbeitet und in einem 
geschmackvollen Band bei Julius Hoffmann in Stuttgart 
herausgegeben. Allen Hausbaufreunden empfohlen!
	        
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