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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 8 und 9)

Als wichtigstes Merkmal, Reste seiner Büchersammlung, die berühmten 
„Corviniani", wiederzuerkennen, gilt das ungarische Wappen mit einem 
azurblauen (oder silbernen) I-Ierzschilde, das den einen goldenen Ring im 
Schnabel tragenden und auf einem goldenen (oder grünen) Zweige sitzenden 
Raben aufweist. Das Landeswappen selbst, über dem sich stets eine goldene 
Krone erhebt und an dessen Seiten hie und da die Buchstaben M und A 
(Matthias Augustus) erscheinen, ist in vier Felder geteilt: Im ersten vier 
(drei) silberne und vier rote Balken (Alt-Ungarn). Im zweiten (roten) 
Felde ein zweiarmiges (silbernes) Kreuz - das apostolische - (Neu-Ungarn), 
manchmal auch der doppeltgeschwänzte böhmische Löwe. Im dritten Felde 
oft wieder das Wappen Alt-Ungarns, mitunter auch der böhmische Löwe. 
Im vierten Felde der böhmische Löwe, einigemale drei gekrönte goldene 
Leopardenköpfe auf blauem Grunde (Dalmatien). 
Auch dort, wo dieses Hauptmerkmal der Corviniani fehlt oder bis zur 
Unkenntlichkeit übermalt erscheint, finden sich, abgesehen von Indizien, die 
in vielen Fällen der Einband" darbietet, gewisse typische Embleme, welche 
gar häufig den corvinianischen Ursprung verraten?" Zu solchen gehören 
ausser dem bereits erwähnten Raben mit dem goldenen Ringe im Schnabel: 
eine Getreidepuppe, ein Ziehbrunnen, ein Fass, eine Sanduhr, diese häufig 
zusammen; ferner ein Diamantring, ein Globus, ein geflügelter Drache, 
dessen Schwanz dreimal um den Hals gewunden ist; nebst diesen 
emblematischen Dekorationsmotiven findet zur Verzierung des Randes der 
ganze Reichtum des italienischen Renaissanceornaments Verwendung: 
Genien, die manchmal mit Raben spielen, Knaben, die eine Rolle in der 
Hand halten, Edelsteine und Perlen in herrlichen Fassungen; Medaillons mit 
den Büsten von römischen Kaisern, sowie von Gelehrten; ebensowenig 
fehlen allegorische Darstellungen. 
Hiemit ist wohl das Wesentlichste dessen angedeutet, was Waagen 
(ohne auf die Sache selbst einzugehen) unter dem „ganz eigentümlichen 
Charaktermkä" der Corviniani verstehen mag. 
Diese allgemeinen Bemerkungen erhalten ihre beste Illustration durch 
die überaus wertvollen, in der I-Iotbibliothek aufbewahrten Reste jener 
Sammlung, speziell durch die hier in Reproduktion gebotenen Blätter. 
Das erste wurde einer Ciceros Reden enthaltenden Handschrift 
(cod. 11) entnommen. Das in der Mitte des unteren Randes ersichtliche 
Wappen, über dem ein goldenes Kreuz erscheint, ist, wie man auf den 
ersten Blick ersieht, nicht das corvinianische; es gehört eben jenem Johann 
Vitez de Zredna, auf dessen grosse Verdienste um die Ausbildung 
des königlichen Mäcens hingewiesen wurde. Dass eine jener Hand- 
Schriften vorliegt, die der König nach dem Sturze des Kirchenfürsten 
"l Über diesen Ausführliches bei Fischer a. a. O. S. 22. 
"r Ein gutes Beispiel bietet hiefür der heute in der Mai-ciana zu Venedig aufbewahrte. erst nach des 
Königs Tode vollendete Prachtkodex des Marcianus Capella mit Miniaturen des Attavantes, den ich in Venedig 
daraufhin selbst prüfte. 
d" Die vornehmsten Kunstdenkmäler in Wien ll, x07.
	            		
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