Als wichtigstes Merkmal, Reste seiner Büchersammlung, die berühmten
„Corviniani", wiederzuerkennen, gilt das ungarische Wappen mit einem
azurblauen (oder silbernen) I-Ierzschilde, das den einen goldenen Ring im
Schnabel tragenden und auf einem goldenen (oder grünen) Zweige sitzenden
Raben aufweist. Das Landeswappen selbst, über dem sich stets eine goldene
Krone erhebt und an dessen Seiten hie und da die Buchstaben M und A
(Matthias Augustus) erscheinen, ist in vier Felder geteilt: Im ersten vier
(drei) silberne und vier rote Balken (Alt-Ungarn). Im zweiten (roten)
Felde ein zweiarmiges (silbernes) Kreuz - das apostolische - (Neu-Ungarn),
manchmal auch der doppeltgeschwänzte böhmische Löwe. Im dritten Felde
oft wieder das Wappen Alt-Ungarns, mitunter auch der böhmische Löwe.
Im vierten Felde der böhmische Löwe, einigemale drei gekrönte goldene
Leopardenköpfe auf blauem Grunde (Dalmatien).
Auch dort, wo dieses Hauptmerkmal der Corviniani fehlt oder bis zur
Unkenntlichkeit übermalt erscheint, finden sich, abgesehen von Indizien, die
in vielen Fällen der Einband" darbietet, gewisse typische Embleme, welche
gar häufig den corvinianischen Ursprung verraten?" Zu solchen gehören
ausser dem bereits erwähnten Raben mit dem goldenen Ringe im Schnabel:
eine Getreidepuppe, ein Ziehbrunnen, ein Fass, eine Sanduhr, diese häufig
zusammen; ferner ein Diamantring, ein Globus, ein geflügelter Drache,
dessen Schwanz dreimal um den Hals gewunden ist; nebst diesen
emblematischen Dekorationsmotiven findet zur Verzierung des Randes der
ganze Reichtum des italienischen Renaissanceornaments Verwendung:
Genien, die manchmal mit Raben spielen, Knaben, die eine Rolle in der
Hand halten, Edelsteine und Perlen in herrlichen Fassungen; Medaillons mit
den Büsten von römischen Kaisern, sowie von Gelehrten; ebensowenig
fehlen allegorische Darstellungen.
Hiemit ist wohl das Wesentlichste dessen angedeutet, was Waagen
(ohne auf die Sache selbst einzugehen) unter dem „ganz eigentümlichen
Charaktermkä" der Corviniani verstehen mag.
Diese allgemeinen Bemerkungen erhalten ihre beste Illustration durch
die überaus wertvollen, in der I-Iotbibliothek aufbewahrten Reste jener
Sammlung, speziell durch die hier in Reproduktion gebotenen Blätter.
Das erste wurde einer Ciceros Reden enthaltenden Handschrift
(cod. 11) entnommen. Das in der Mitte des unteren Randes ersichtliche
Wappen, über dem ein goldenes Kreuz erscheint, ist, wie man auf den
ersten Blick ersieht, nicht das corvinianische; es gehört eben jenem Johann
Vitez de Zredna, auf dessen grosse Verdienste um die Ausbildung
des königlichen Mäcens hingewiesen wurde. Dass eine jener Hand-
Schriften vorliegt, die der König nach dem Sturze des Kirchenfürsten
"l Über diesen Ausführliches bei Fischer a. a. O. S. 22.
"r Ein gutes Beispiel bietet hiefür der heute in der Mai-ciana zu Venedig aufbewahrte. erst nach des
Königs Tode vollendete Prachtkodex des Marcianus Capella mit Miniaturen des Attavantes, den ich in Venedig
daraufhin selbst prüfte.
d" Die vornehmsten Kunstdenkmäler in Wien ll, x07.
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Theophylactus, Auslegung der Briefe d. h. Paulus (cod. 656)
aus dessen Gütern eingezogen habe, wird von Fraknöi und Czontosi als sicher
angenommen. "'
Der durch Genien und Vögel belebte, durch Medaillons mit emblema-
tischen Darstellungen unterbrochene Renaissancerahmen weist rechts in
einem Achteck ein schönes Miniaturporträt auf. Es sei auf die Ahnlichkeit
hingewiesen, welche das Titelblatt der freilich viel kleineren und minder
" Vgl. dagegen Fischer a. a. 0.. S. g f.
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