Hummer 15.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 231.
Was die Ausstellung bezroeckt, hat Dr. Hans Steg
mann, der sich mit dem kgl. Kustos Dr. Buchheit und
dem kgl. Konseroator Dr. friedlich H. Hof mann in die
mühenollen Vorarbeiten teilte, in dem Vorworte zu dem
offiziellen Kataloge ausgesprochen. „Es scheint,“ schreibt
Stegmann, „in unserer toieder porzellanfrohen Zeit der Ver
such oerlockend, ein nach Maßgabe der freilich bei Porzellan
sehr erschauerten Umstände möglichst abgerundetes Bild
der Tätigkeit der altert bayrischen Porzellanfabriken zu
allgemeiner Betrachtung zu stellen, für den fachmann
galt es in diesem falle, neues oder roenig gekanntes
material mit Bekanntem zusammenzustellen und dadurch
einer oermutlich bald erfolgenden kunstwissenschaftlichen
Geschichtsdarstellung der in frage kommenden JHanufak-
turen die nötige Grundlage zu schaffen, für unser JHuseum,
das für die Hymphenburger fabrik schon die beste oor-
handene Sammlung besitzt, soll aus der Ausstellung der
Hußen gezogen werden, dafj der sicher eine Ehrenpflicht
der Anstalt bildenden, möglichst oollkommenen Vertretung
der einschlägigen Porzellane die Wege geebnet werden
möchten. Der immer mehr aufblühenden Sammeltätigkeit
auf dem Gebiete alten Porzellans soll eine genauere Kenntnis
des ITlaterials geboten werden, in erster Pinie aber soll
allen kunstsinnigen Kreisen der hohe künstlerische und
kulturelle Stand dieser Porzellankunst des 18. Jahrhunderts
eine ästhetische freude gewähren und oielleicht auch zu
Vergleichen anregen, die gegenüber der ungemein hoch
gestimmten Bewunderung des Schaffens der eigenen Zeit
auf dem Gebiet der angewandten Kunst etwas zur Be
scheidenheit mahnen.“
Dr. friedrich H. Hof mann unterzog sich der dankens
werten Aufgabe, einen geschichtlichen Abriß der oon den
Wittelsbacher fürsten ins leben gerufenen fabriken Ilymphen-
burg, frankenthal und Zmeybrücken, sowie der im heutigen
Königreiche Bayern gelegenen kleineren ITIanufakturen
Ansbach-Bruckberg, Würzburg und Regensburg zu geben.
Eine besonders eingehende Behandlung erfuhr das marken
wesen, wodurch der mit oorzüglichen bildlichen Darstellungen
ausgestattete Katalog den YVerf eines Aachschlagebuches
für den Sammler erhält. Der fachkundige Verfasser weist
darauf hin, dafj so unbedeutend die einzelnen Unter
scheidungsmerkmale bei den Hymphenburger lllarken auf
den ersten Blick zu sein scheinen, sie doch für die richtige
Datierung und für die Einstellung in die oerschiedenen
Perioden der fabrikation überaus wichtig sind. Die lllög-
lichkeit einer so genauen und ebenso sicheren Begrenzung
— oft auf einige Jahre — sei, etwa oon Seores abgesehen,
bei keiner der oielen anderen Porzellanfabriken gegeben.
Jede Epoche drückt ihren fabrikaten buchstäblich
ihren Stempel auf. Die zeitlich zuerst auftretende marke
ist, wie Dr. Hofmann ausführt, das Hexagramm in Unter
glasurblau (nicht Pentagramm, wie meist zu lesen) mit
beigeschriebenen Buchstaben und Zahlen, die wohl eine
chemische Bedeutung haben, jedoch noch nicht mit Sicher
heit zu erklären sind. Gebraucht wurde diese marke wohl
ausschließlich nur während der Zeit, als sich die fabrik
noch nicht in Hymphenburg selbst, sondern noch zu neu
deck in der Au befand, also etwa 1747 bis Ende 1760.
Gleichzeitig kommen diese chemischen oder alchimistischen
Zeichen, in eine Zeile gesetjt, auch ohne das Hexagramm
oor, ebenfalls in Unterglasurblau, jedoch nur bei kleinen
Stücken, die durch ihr format die Anwendung der ganzen
Blaumarke oerbieten, wie Pfeifenköpfe, Kannendeckel u. a.
mit dieser aufgemalten Blaumarke wurde gleichzeitig fast
immer eine kleine Schildmarke mit einem Trockenstempel
eingedrückt. Die erste form dieser marke war ein ganz
kleines Raute Schild mit scharfen Konturen; der Stempel
hiezu war wohl aus HJetall gefertigt. Später, oielleicht
oon 1756 ab, wurde ein etwas größeres ITlarkenbild ein
geführt, das den stumpferen Details nach zu schließen
mit einem Holzstempel, wie er z. B. auch in der Wiener
fabrik in Benüßung stand, eingedrückt wurde. Auch diese
Schildform kommt noch gleichzeitig mit der Hexagramm-
IHarke oor.
Von 1761 ab, dein Zeitpunkt der Übersiedelung der
kurfürstlichen ITlanufaktur nach Hymphenburg, scheint
dann dieser Holzstempel eine Zeitlang allein gebraucht
worden zu sein. Hlit diesem Zeichen sind auch alle Arbeiten
aus der Zeit oon etwa 1761 —1765, der Blüteperiode der
Hymphenburger fabrik, gemarkt, ooran die ausgezeichneten
figuren und Gruppen des niodellmeisters franz Bastelli.
Unter Bastellis llachfolger, dem IHodellmeister Domi
nikus Auliczek, wurde wieder ein neuer Stempel ein
geführt, der zwar ebenfalls den Rautenschild zeigt, aber
in etwas kleinerer farm und mit etwas Geränderten Schild
konturen. Diese marke findet sich auf allen Stücken, die
in der Zeit zwischen 1766 bis gegen Ausgang des 18.
Jahrhunderts entstanden. Vielfach sind Ausformungen dieser
Periode nach älteren HJodellen an dem Unterschied der
marken zu erkennen. Beachtenswert ist in diesem Zu
sammenhang auch die Beobachtung, daß man unter Auliczek
einigemale — ob aus antiquarischem Interesse oder aus
anderen Gründen, steht dahin — auf die längst auf
gegebene Blaumarke mit dem Hexagramm zurückgriff.
Gegen Ende des Jahrhunderts scheint überhaupt eine
ziemliche Willkür im Gebrauch des HJarkenstempels ein
gerissen zu sein. Denn neben der offiziellen form kommen
auch freie Hachbildungen oor; so eine marke, ähnlich
einem Andreaskreuz, das mit Rautenzeichnung ausgefüllt
ist, oder eine einfache aoale Hlarke, ebenfalls mit Rauten.
Diese marken sind jedoch nur ganz oereinzelt gebraucht
worden; ihre Bedeutung ist eine untergeordnete.
Um 1780 tritt dann ein neuer Stempel auf, dessen
Schild sich mehr der Tarfschenform näherte; diese form
bezeichnet ungefähr die Arbeitsperiode des niodellmeisters
Johann Peter nielchior und seines Gehilfen Adam Eiair.
Etwa 1810, als der Kronprinz und nachmalige König
Judroig 1. Einfluß auf die JHanufaktur gewann, wechselt
die form der Hlarke wiederum; sie nähert sich wieder
der ursprünglichen heraldischen Gestalt, nur laufen jeßt
die Rauten im Gegensinne, nicht wie früher oon rechts
oben nach links unten (heraldisch), sondern oon rechts
unten nach links oben. In Benüßung stand dieser Schild
etwa bis 1850. Von der lllitte des Jahrhunderts ab bediente
man sich dann bis zur Einstellung des staatlichen Betriebes
eines Schildchens, über dem oben ein fünfstrahliger Stern
schwebt.
Über die frankenthaler lllarken oerbreitet sich
Dr. Hofmann in folgender Weise: Anfangs scheint Paul
Hannong mit der ihm 1755 erteilten Konzession neben
den eingepreßten Initialen seines Hamens PH den bayerischen
Rautenschild in Unterglasurblau eingeführt zu haben. Wahr
scheinlich erhob jedoch gegen die führung dieser fabrik-
marke die lTlünchener JHanufaktur, die damals gerade aus
prioaten Anfängen heraus als staatliches Unternehmen
aufzublühen begann, mit Erfolg Einspruch: der Raufen
schild oerschwindet bald wieder — er findet sich auch in
der Tat nur auf wenigen Stücken —, um dem Ptälzer
Jörnen, ebenfalls in Unterglasurblau, Plaß zu machen, Paul
Hannong führte den Rautenschild neben seinen Initialen
selbst noch, er kann also höchstens während des Jahres
1756 gebraucht worden sein. Die lokale Tradition weist
ihn einzig und allein dem ersten Brand zu.
Paul Hannangs Sohn Joseph Adam, der 1759 die
fabrik übernahm, führte den Pfälzer Jörnen neben seinen
zu einem monograrnrn oerbundenen Initialen in Llnfer-
glasurblau weiter. Das lAanogramm IH, das mit einem
Blindstempel eingedrückt, auf Stücken dieser Zeit neben