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Internationale Sammler-Zeitung 
riummer 1 
ganz geringe Spuren Don Bemalung noch bewahrt hat 
und die direkt wie eine Flachbildung uon Fionardos gleich 
namigem Gemälde in der Vatikanischen Galerie in Rom 
anmutet. Zweifellos haben mir es hier mit der Schöpfung 
eines zeitgenössischen Florentiner [Heisters zu tun, der 
Dollkommen unter dem Einfluß des großen „Zauberers uon 
Vinci“ steht. — Fleben dem schönen Stuccorelief derFRadonna 
mit dem Kinde des Desiderio da Settignano möchte ich 
noch den entzückenden Verkündigungsengel ermähnen (15. 
Jahrhundert) der in selten harmonischer Vereinigung die 
Züge des schwindenden Quattrocento neben denen der er 
stehenden Hochrenaissance aufweist. 
Während die nicht sehr zahlreichen egyptischen ITlo- 
numente wohl nur mehr die Bedeutung uon Specimina 
haben, um einen ganzen großen Teil plastischer Kunst 
nicht uöllig unuertreten zu lassen, begegnet man in der 
Sammlung der Bildwerke des klassischen Altertums wie 
derum Stücken allerersten Ranges. Vor allem die Athena 
des Fllyron. Die Statue ist uon dem österreichischen 
Archäologen Dr. Fudwig Po Hak in Rom in der Küche 
eines Palazzo entdeckt worden; sofort erkannte er ihren 
hohen wissenschaftlichen Wert, es gelang ihm, ihr ihre Stellung 
in der Entwicklung der Plastik des 5. Jahrhunderts u. Ch. 
mit seltener Präzision anzumeisen und nun ist ihre Pub 
likation seitens des genannten Gelehrten in den „Jahres- 
heffen des österr. archäologischen Institutes“ mustergültig 
erfolgt. 
Rieht nur Bücher, auch Kunstwerke haben ihre Schick 
sale; Plinius erwähnt ganz flüchtig eine Gruppe des ItJyron 
„Athena und HJarsyas“. 1823 kommt in Rom eine Satyr 
statue zu Tage, in der erst 1853 Heinrich Brunn den 
Illarsyas des FFlyron erkennt (heute im Fateran) und 1906 
findet sich die zugehörige Athena. Die Arbeit des Frank 
furter Exemplars ist nicht heruorragend, sie stammt aus 
der ersten römischen Kaiserzeit, ihr hoher Wert liegt darin, 
daß sie uns nun zum erstenmal authentisch einen myro- 
nischen Frauentypus kennen lehrt. Sie ist aber auch un 
endlich mertnoll für unsere Erkenntnis der Kontinuität der 
Entwicklung der griechischen Kunst, denn die Gewandbe 
handlung der Athena zeigt den engen Zusammenhang der 
myronischen Kunst mit jener des Phidias. 
Gegenüber dieser „Sensation" non Frankfurt tritt 
natürlich der übrige Antikenbesit3 der Sammlung tief in 
den Schatten zurück, mögen es auch solch oorzügliche 
Stücke sein wie der weibliche Gewandtorsa Flr. 108, eine 
griechische Originalarbeit des 5. Jahrhunderts d. Ch., der 
männliche Torso in der Art der Tyrannenmörder (Flr, 144) 
oder selbst das wunderoolle griechische Grabrelief mit der 
Abschiedsszene aus FFlarathon (Flr. 109). Die Sammlung 
der antiken Kleinplastik hat durch den Erwerb der Samm 
lung des (verstorbenen großen FFlünchener Archäologen 
Furtmängler einen wertoollen Grundstock erhalten. Spe 
ziell heroorheben möchte ich den (6 cm hohen) Faokoon- 
kopf, sowohl wegen seiner bewundernswerten Arbeit als 
insbesondere, da es die einzige bisher bekannte antike 
Wiederholung des (vatikanischen Originales ist. 
FFlan hat unsere Zeit eine realistische gescholten, 
man hat erklärt, dafj in diesem Jahrhundert der Technik 
der Sinn für die idealen Besitjtümer einer großen Ver- 
gangenheituerschwinden müsse. — Die Frankfurter Sammlung 
ist eine herrliche Widerlegung dieser trüben Prophezeiungen, 
zugleich aber auch ein erhebendes Beispiel für die schaf 
fende Kraft stolzen, selbstbewußten Bürgersinnes. 
Ein eingedrucktes Bedicht uon Friedrich uon Badenstedt 
Auch Gedichte haben ihre Schicksale und es ist nicht 
das uninteressanteste, das dem uon uns im Faksimile 
reproduzierten GelegenheitsgedichteBodenstedts widerfuhr. 
Es war im Jahre 1888. Den rauschenden Festlich 
keiten aus Anlaß des uierzigjährigen Regierungsjubiläums 
des Kaisers Franz Josef I. am 1. und 2. Dezember war 
am 15. desselben ITlonats im Gebäude der Wiener Unioer- 
sität die Aufstellung eines Standbildes des Fllonarchen 
gefolgt, die mit einer schönen Feier uerbunden war. Am 
Abend oersammelten sich im großen ITlusikcvereinssaale die 
Korps „Alemannia“, „Cimbria“ und „Teutonia“, die Fands- 
mannschaft „Posonia“ und der „Verein zur Pflege kranker 
Studierender“ mit ihren Freunden zu einem Festkommers, 
der einen glänzenden Verlauf nahm. 
Die Festrede hielt der alte Herr der „Posonia“, 
Doktor Kolischer und in langer Reihe sprachen dann der 
Korpsphilister der „Alemannia“, Herr Swoboda, der da 
malige Rektor der Almn mater Rudoliina Professor Dr. 
Eduard Sueß (seit Jahren als Präsident an der Spiße der 
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften), Herr Adolf 
uom Korps „Cimbria“ und der Vizebürgermeister Dr. Joh. 
Fiep. Prix. Zum Schluß sollten die zahlreichen, uon nah 
und fern eingelaufenen Grüße oerlesen werden, unter 
denen sich das Gedicht Badenstedts befand. 
Es kam aber nicht dazu, War es schon zu spät 
geworden oder hatte man in der fidelen Stimmung einfach 
daran (vergessen, der poetische Festgruß, den der Dichter 
„Der Fieder des ITFirza Schaffy“ aus seinem Tuskulum 
gesandt hatte, blieb den Teilnehmern des Kommerses un 
bekannt. Zerknüllt wurde das Blatt mit den Schriftzügen 
Badenstedts unter den Tisch geworfen, wo es ein FRitglied 
der Corona auffand und als teures Angedenken an den 
Abend zu sich steckte. Auf dem Original, das heute im 
Besiße des geschäßten Wiener Arztes Dr. Franz Spißer, 
eines bekannten Sammlers, ist, findet sich mit Bleistift 
der Vermerk „Wegen Zeitmangels konnte das Gedicht nicht 
uerlesen werden“, doch weiß Herr Dr. Spißer nicht uon 
wessen Hand diese Bemerkung herrührt. 
Badenstedt hat das Gedicht unseres Wissens in keine 
seiner Sammlungen aufgenommen, es wird also zum ersten 
IJJale in der „Internationalen Sammler-Zeitung“ abgedruckt. 
Wir freuen uns, unseren Fesern mit einem größeren Boden- 
stedt-Autogramm ein schwunguolles, bisher unoeröffent- 
lichtes Gedicht uon Badenstedt uorlegen zu können.
	        
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