Rümmer 18
Internationale Sammler-Zeitung.
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sie dem Uleister seine künstlerischen Gedanken roie eine
Improuisation auf die Platte zu werfen und sie in frischer
Unmittelbarkeit zu offenbaren. Rembrandf, der gröfjte
aller Alalerradierer hat gezeigt, bis zu roelcher packender
Wirkung diese Kunst zu steigern ist. Seine Blätter werden
mit Gold aufgemogen. für seine Radierung „Heilung der
Kranken“, besser unter dem Flamen „Hundertguldenblatt“
bekannt, sind schon mehr als 1200 Pfund Sterling bezahlt
worden. 3a, eine seiner allerseltensten Radierungen, das
Bildnis des Adriaen oan Toll, hat sogar einen Piebhaber-
preis non 1540 Pfund erzielt.
Die Technik der Radierung ist erheblich einfacher
und daher weniger zeitraubend als die des Kupferstiches,
Das mühsame Arbeiten mit dem Grabstichel fällt fort, denn
die Radierung wird in die Kupferplatte geäfft. Zunächst
wird die Kupferplatte erhitzt und mit einem aus Wachs,
FRastix, Kolophonium und Asphalt bestehenden firnis dünn
überzogen. Das ist der sogenannte Abgrund, der nach
seiner Erhärtung über der Kerzenflamme geschwärzt wird.
Ist das geschehen, so zeichnet der Radierer seine Dar
stellung mit einer Stahlnadel wie mit einem Bleistift in
den Afjgrund, indem er mit der Stahlspitje bis zur Platte
oordringt, ohne diese zu oerletjen. Rach Vollendung der
Zeichnung umgibt er die Platte mit einem Rande non
Wachs und giefjt auf die Fläche Scheidewasser oder oer
dünnte Salpetersäure. Überall, wo die Kupferplatte durch
die Pinien und Punkte der Zeichnung blofjgelegt ist, wird
sie oom Abwasser angegriffen, und in entsprechenden
Pinien und Punkten oertieft. Ist die hellste Partie der
Platte genug geätjt, so wird das Abwasser abgegossen,
die Platte gewaschen und die Partie, welche fernerhin oan
der Wirkung des Abwassers geschützt bleiben soll, mit
neuem ?irnis gedeckt; diese Prozedur des Aufgiefjens, Ab
waschens und des Deekens wird so oft wiederholt, bis
alle zur schönen Gesamtwirkung der Radierung notwen
digen Tonabstufungen erreicht sind. FRehrfache Probe
abzüge während des Atjens geben dem Radierer über das
fortschreiten seiner Arbeit Aufschlufj. Sammlern sind solche
J Probedrucke erstrebenswertestes Gut.
Das Drucken oon der fertig radierten Platte unter
scheidet sich oon dem der gestochenen nur dadurch, dafj
sich das Ginfärben mit größerer freiheit oornehmen läfjt;
der Drucker kann durch Stehenlassen des Tones in gewissen
flächen, scharfes Wegwischen der färbe in den Pichfern
und pastoses Aufträgen in den Schatten den Effekt des
Blattes erheblich steigern. Rembrandf, selbst Drucker
seiner Radierungen, hat alle diese finessen gekannt und
geübt. Jn der modernen Zeit uerfährf man ähnlich. Ins
besondere haben die Engländer mit den tauigen Drucken
prächtige Wirkung erzielt. Jetjt ringen mit ihnen um die
Palme Amerikaner, franzosen und Deutsche.
Wie beim Kupferstich, so gibt es bei der Radierung
auch drei Arten oon frühdrucken. Englische Radierer
pflegen gern den Brauch, oon der Platte nur ein- oder
zweihundert Abzüge zu nehmen und auf diese subskribieren
zu lassen. Jeder Subskribent erhält mit dem Abzüge, der
zehn oder zwanzig Pfund kosten mag, ein Stück der
Kupferplatte — als ein Zeichen, dafj diese zerschnitten
ist und zu weiteren Abzügen nicht mehr benütjf werden
kann. So darf es nicht wundernehmen, dafj die Wert-
schätjung der Radierung unter den modernen Kunstfreunden
sehr erheblich gewachsen ist und die Zahl der Radierer
eine starke Zunahme erfahren hat.
Ein fTlüstersrhreiber aus dem Jahre 16Z7.
Vom kaiserlichen Rat Johann Schtuerdfner (Wien).
■ ie Kalligraphie oder Schönschreibekunst ist in
unserer Zeit, sage seif 40 Jahren, arg oernach-
lässigf morden, ln der Hälfte des oorigen Jahr
hunderts waren Kalligraphen und Kupferstecher
in Wien, welche sich um ihre Kunst bemühten
und sie in Vorschriftwerken allgemein zugänglich
machten, freilich bemühten sich auch die Schul
lehrer damals noch, diese Kunst ihren Schülern
beizubringen. Bei Errichtung der Ober-Real
schulen wurden für die Erlernung der Schönschrift
Kalligraphen ersten Ranges angesfellf.
Heroorragende Peisfungen auf diesem Gebiete lieferten
die Kalligraphen Kurka, Greiner und Klaps, welche die
Vorlagen der Engländer Tomkins und Champion (1771
bis 1790) in ihrer unerreichten Schönheit nachzuahmen
strebten. Kurka war selbst Kupferstecher und hat in
mindestens zweihundert Blättern Vorlagen aller Schrift
gattungen geliefert. Er beschränkte sich nicht darauf, blolj
Schriftarten in schönen Alphabeten zu schreiben und zu
stechen, sondern er lieferte autjer den formen, Winke, wie
man Buchstaben mit Ornamenten oerzieren könne, ohne
der Deutlichkeit Eintrag zu tun. Ja, er ging noch weiter
und zeigte, wie man Schriften oerschiedener Gattung zu
einem Tableau oereinigen könne. Geradezu unerschöpflich
war er im Erfinden neuer Kombinationen und Schattierungen
der Buchstaben und des Untergrundes. Von den beiden
anderen Kalligraphen Greiner und Klaps sind nur einige
Vorschriften erschienen; die oon dem heroarragenden
Kupferstecher Wiedemann gestochen wurden. Auch Wiede
mann ging in seiner Visitkarfenschrift dem Engländer
Tomkins in seinen schönen formen der englischen Schrift
nach. Ihm folgte der Kupferstecher friedf. Beide haben
den Stich der Schrift auf den Banknoten geleistet. Pitho-
graphen und Kalligraphen haben in dieser Zeit sich gegen
seitig in der Schönschrift überboten und manches Titelblatt
eines Piedes oder Walzers gibt Zeugnis oon dem Geschmacke
der Zeit. Der Weg des Phantastischen hat jedoch zu Aus
artungen geführt, welche die Kalligraphie in IRifjkredif ge
bracht haben, merkwürdig war, dafj beinahe alle kalli
graphischen Arbeiten nicht mehr oon Berufskalligraphen,
sondern oon angestellten Beamten gemacht wurden, die
einen Rebenermerb suchten. Einige oon ihnen haben sich
einen Ramen erworben.
Damals wie heute noch, werden kalligraphische
Arbeiten gesucht und ausgeführt bei der Erzeugung oon
Wappenbriefen, Adressen und Jubiläumsgeschenken, für|Dip-
lome oon Gemeinden und Vereine, für Ehrenmitglieder usw.
Es können sich also Berufs-Schönschreiber noch immer
durch ihre Kunst erhalten. Es gibt aber nur wenig
Rachwuchs, nur wenige, die die Pust und die Geduld
schon in der Schule lernen, sich mit Schönschreiben zu
befassen. Die Pehrer in den heutigen Volks- und Bürger
schulen sind längst keine Schönschreiber mehr, und scheuen
meist auch die IRühe, die Kinder zum Schönschreiben an-