8
nicht dächten. Kaiser Franz, König Friedrich Wilhelm, die süd
deutschen Fürsten, Metternich, Hardenberg, die höheren öster
reichischen und preussischen Beamten alle, viele Generale, ja
kirchliche Würdenträger, die aus der josephinischen Schule her
vorgegangen waren, sie hegten die Gesinnungsweise des achtzehn
ten Jahrhunderts. Wohl war ihnen die Revolution verhasst, nicht
aber die Ordnungen, die aus ihr hervorgegangen waren. Dass sie
mit all den ständischen Gerechtsamen, mit den localen Besonder
heiten, mit den Privilegien der Provinzen, Städte, Zünfte aufge
räumt hatte, das war ihnen sehr recht, denn nun war einfacher
zu regieren. Napoleon schien ihnen im Grunde ein ganz guter
Herrscher, den man sich, für die innere Politik zum Muster nehmen
könne; nur dass er so unvernünftig ehrgeizig war, das gefiel
ihnen nicht; mit Bedauern fast gaben sie ihn auf. Die Bourbonen,
mit denen ein Theil jener alten Welt, erneuert und gestärkt
durch die Berührung mit revolutionären Ideen, in Frankreich wieder
erstehen musste, waren ihnen beiweitem nicht so sympathisch.
Einige von ihnen, wie Metternich, kokettirten wohl ein wenig mit
den romantisch-restaurativen Tendenzen und thaten bisweilen so,
als ob sie von ihnen ganz eingenommen wären, wo es aber aufs
Handeln ankam, da fühlten sie sich gleich als echte Kinder des
achtzehnten Jahrhunderts: ihre Conceptionen am grünen Tisch
waren unendlich nüchtern und ignorirten die tieferen Potenzen
des Staats- und Völkerlebens völlig. Auch Gentz gehörte im Grunde
zu diesen. Er war einer der frühesten Bekämpfer der Revolution
und Napoleon’s gewesen, er hatte die feurigsten Proteste gegen
sie. und ihre Verherrlicher geschleudert, Czar Alexander konnte
ihn mit Recht in dem Ukas, mit dem er ihm 1813 den Annen-
Orden verlieh, den Ritter der Legitimität und der Gesetzlichkeit
nennen. Es gab aber auch einen Augenblick in seinem Leben, wo
man ihn mit Fichte und Arndt in Einem Athem nennen konnte
als einen begeisterten Anwalt der deutsch - nationalen Sache. Und
obwohl Protestant, war er früh schon für den poetischen Zauber
der katholischen Romantik sehr empfänglich gewesen, und auch
jetzt noch schien er bisweilen nahe daran, wie die Friedrich
Schlegel und Adam Müller, die Stolberg und Zacharias Werner
in den Schoss der alleinseligmachenden Kirche zurückzukehren.
Aber trotz seiner legitimistischen Gesinnung mochte er sich doch
nicht für die Bourbonen erwärmen und hätte sich gar zu gern