MAK
BAU- UND WOHNUNGSKUNST 
HEFT 16 
SEITE 327 
Josef Manfreda: 
Projekt einer Siedlungsanlage. 
pologie, Paläontologie und Prähistorik zu, und hier 
fand er auch unmittelbare künstlerische Befruchtung, 
wie seine großen Kartons „Kampf in der Urzeit“ 
und „Diluviale Höhlenwohnung“, seine Plastiken 
„Ur' und Zukunftsmensch“ dartun. 
„Ich fasse das Studium eines Künstlers“, sagt 
Manfreda, „hauptsächlich nur als Orientierung in der 
Natur und ihrem Geschehen, zum Verständnis ihrer 
Erscheinungen sowie als Sammlung der intellek' 
tuellen Kräfte auf und erst in zweiter Linie zum 
Beherrschen des technischen Materials und zum 
künstlerischen Schaffen. Erst nach dieser Studien' 
periode werden sich dem Künstler reiche, unversieg' 
bare Quellen auftun, die sein Schaffen für das ganze 
Leben befruchten.“ Das rein Technische einer Kunst' 
Übung, meint Manfreda, lasse sich ja Verhältnis' 
mäßig leicht erlernen, vorausgesetzt, daß echtes 
Talent vorhanden ist, und er führt als Beispiel hie' 
für seinen Landsmann Defregger an, der bis zu 
seinem 24. Jahre bloß „die Tiefe der Natur (hier jene 
des Tiroler Volkes) kennen lernte, ohne die Technik 
des Malens“. 
Daß ein Künstler mit solchem Glaubensbekennt' 
nisse in erster Linie aufs Gedankliche in seiner 
Kunstbetätigung abzielen wird, bedarf kaum eines 
Beweises. Wirklich müssen wir auch an Manfredas 
malerischen und bildhauerischen Schöpfungen die 
tieferen Beziehungen zur Wissenschaft ins Auge 
fassen, wenn wir sie gerecht würdigen wollen. Da 
sind es vornächst die Tier Studien, in die er sich mit 
Vorliebe versenkt. Aber keineswegs bloß in natura' 
listischer Wiedergabe. Würdig stehen diesen Man' 
fredas stilistisch'Ornamental verwertete Motive aus 
dem Tierreich zur Seite, wie sie uns in den Vor' 
satzpapieren als „Löwe“, „Tiger", „Ameisenbär“ usf. 
entgegentreten. 
Gedanklich noch tiefer empfunden sind seine auf 
anthropologischer Grundlage ruhenden figürlichen 
Schöpfungen, so der „Fanatiker“, der „Pustertaler 
Bauer“, der „Alpenhirte“ — nicht minder selbst' 
verständlich seine Kartons und die Plastik „Ur' und 
Zukunftsmensch“, deren bereits gedacht worden ist. 
Als Architekt gibt uns Manfreda treffliche Pro' 
ben sowohl schlicht'bürgerlicher Bauaufgaben als 
solche hochmonumentaler Art. Seine „Familien' 
kolonie“, sein „Bäckerladen in Lienz“ sind voll 
intimer Reize, seine „Grabkapelle“ fängt eine große 
Idee in kleinem Maßstabe ein, vollends aber seine 
„Gedächtniskirche“ ist von einer alles überragenden 
Monumentalität und eine akademische Schlußarbeit 
im besten Sinne des Wortes. 
Fassen wir zusammen: Manfreda strebt als 
Universalkünstler im Geiste der alten Renaissance 
nach gedanklich wohlfundierter, jeder äußerlichen 
Manier fremder Ausdruckskunst, und es ist ihm von 
Herzen zu wünschen, daß er recht bald vor große, 
seinem Talent und seiner ernsten Weise würdige 
Aufgaben gestellt werden möchte. v. F. 
DIE MODERNE IN GESCHICHTLICHER BELEUCHTUNG. 
VON PROFESSOR FERDINAND FELLNER'FELDEGG. (SchluO.) 
’VVT’IR, die wir vorurteilslos das Wesen unserer „jum 
” gen“ Zeit ins Auge fassen, haben auch erkannt, 
daß sie sehr weit davon entfernt ist, sich selber ganz, 
ja selbst nur in der Hauptsache zu genügen, und 
deuten ihr ungestümes, zerfahrenes, herrisches, ag' 
gressives Auftreten nicht als ein Zeichen protzigen 
Selbstbehagens und 'genügens, sondern vielmehr als 
ein Zeichen mühseligen, selbst qualvollen Sichempor' 
ringens, Durchkämpfens zu einem in seiner vollen 
Klarheit noch nicht geschauten, gleichwohl aber deut' 
lieh und mit der Sicherheit der Intuition geahnten 
Ziele. 
Und in einer solchen Zeit mühevollen Werdern 
wollens auf der einen Seite und hartnäckigen, fast
	        
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