Nr. 22
Internationale Sammler-Zeitung.
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Wahrung läßt. Jeden Augenblick sich zu spalten drohend,
ward es unvorsichtiger als jedes andere hervorgeholt, auf-
und wieder beiseite gestellt«. Auch die dringende Fürbitte
Goethes, dem kostbaren Werk doch mit mehr Schonung
zu begegnen, wurde von dem sonst gegen den Dichter
sehr liebenswürdig sich benehmenden Sammler »gleich-
giltig abgelehnt«. Die kleine Meinungsverschiedenheit
über den Wert und Unwert der Bilder hinderte Goethe
aber nicht, im übrigen den vielen hervorragenden Eigen
schaften des Hofrates Beireis gerecht zu werden. Auch
dessen große gesellschaftliche Talente erwähnt er,
denn er hatte Gelegenheit auch zu bewundern, wie der
alte Herr bei Tische es verstand, »als ehemaliger Ver
ehrer der Mutter, sich als jetziger Freier der Tochter oder
Nichte ungezwungen darzustellen«. Eine Kunst, in der
Goethe sicherlich als kompetenter Fachmann gelten
konnte; w T ar er ja selbst in der Lage, sie fast an — drei
Generationen zu erproben. Der Weimarer Geheimrat und
der Braunschweiger Hofrat schieden im freundlichsten
Einvernehmen voneinander.
Goethe war so artig gewesen, selbst den leisesten
Zweifel an der Echtheit des weltberühmten großen
Diamants unausgesprochen zu lassen, den Beireis a}s
seinen wertvollsten, teuersten Schatz zu preisen pflegte
und von dem man sich, man kann sagen, in ganz Europa,
Wunderdinge erzählte. Man kann sich vorstellen, wie
hoch der Hofrat diesen Diamant schätzen mochte, wer@i
man hört, daß er folgende Geschichte von demselben zu
erzählen pflegte: »Er habe einst den Stein unter einer
Muffel geprüft und über das herrliche Schauspiel der sich
entwickelnden Flamme, das Feuer zu mildern und auszu
löschen vergessen, so daß der Stein über eine
Million Taler an Wert in kurzem verloren
h a b e.« In einem Briefe, den Beireis kurz vor seinem
Tode an den Superintendenten Helmuth in Calvörde
geschrieben, hat er genaue Angaben über die Größe dieses
Steines mitgeteilt. Da heißt es u. a.: »Von meinem größten
Diamanten sagt der jetzt in Holland noch lebende Herr
v. Meermann, Baron von Dalem und Vuyern, in seinem
holländisch geschriebenen, von Herrn Hofrat und Pro
fessor Lüders ins Deutsche übersetzten Buche, S. 89, daß
er nicht größer als ein Ei. Nein, wahrlich! er ist viel größer
und noch einmal so groß! . . . Von diesem meinem Dia
manten ist es völlig wahr, daß er nach der bekannten
Bestimmungsart von allen Monarchen Europas zusam
mengenommen nicht bezahlt w eitlen könnte«. Beireis hatte
diesen Schatz niemals vollgiltigen Fachmännern zur Prü
fung vorgelegt und man war daher genötigt — er bot ja
auch den Stein niemandem zum Kauf an — '^feine Taxie
rung gelten zu lassen. In seinem Nachlasse fand er sich
nicht vor. Als Beireis im Jahre 1808 über seinen Diaman
ten befragt wurde, gab er die Antwort, »er habe sich
dieses Besitzes entäußert, weil er bei der im Königreich
Westfalen einzuführenden Vermögenssteuer deshalb un
erschwinglich belastet zu werden gefürchtet habe«.
Beireis starb im achtzigsten Lebensjahre. In seiner
Krankheit ließ er niemanden zu sich und er verschrieb
sich selbst die Rezepte, die aber ganz widersinnig ge
lautet hatten, so daß man in der Apotheke merkte, der
ausgezeichnete Arzt müsse bereits des klaren Denkens
unfähig sein. Beireis war nie vermählt gewesen und hatte
sich stets, so sehr er die Gesellschaft schöner Frauen und
Mädchen liebte, durch ein streng sittenreines Leben aus
gezeichnet. Er war in allem und jedem ein Original ge
wesen. Als Mensch, wie als Gelehrter, wie auch als
, Sammler.
Wiener Kunstauktionen.
Das Wiener Dorotheum setzt in der neuen Saison
mit einer größeren Auktion ein, die auf vier Tage berechnet ist.
Am ersten und zweiten Tage kommt der Nachlaß des um
die Hebung des Fremdenverkehres in Tirol hochverdienten
Alpinisten Dr. Theodor Christomannos aus Meran zur
Versteigerung, der dritte und vierte Tag bringt Kunstgegen
stände aus aristokratischem und bürgerlichem Besitz, unter
anderem aus dem des Kammersängers L. von B i g n i o und des
Landschaftsmalers Karl Schwenningen
Durch Jahre hatte das Christomannos-Zimmer im
B o z e n e r Museum auf das besuchende Publikum eine be
sondere Anziehungskraft ausgeübt: man bewunderte den feinen
Geschmack, mit dem der kunstsinnige Sammler alles zu einem
harmonischen Ganzen gestimmt hatte, ln den Rahmen der
bodenständigen Tiroler Kunst wollte sich das Zimmer aller
dings nur schlecht einfügen, dominierte doch hier die Wiener
Note: urwienerisch waren die Erzeugnisse mit dem blauen
Bindenschild, waren die reizenden Bronzen, Gebrauchs- und
Nippesgegetistände und das Mobiliar, waren aber auch mit
Ausnahme eines einzigen Gemäldes des Münchener Malers
Zügel die Werke der bildenden Kunst, als deren Schöpfer
Amerling, Aureiter, Danhauser, Feld, Füger, Gauermann,
Kupelwieser, Neder, Pettenhofen, Rahl, Ribarz und Swoboda
signierten.
Die sich immer schwieriger gestaltende Raumfrage im
Bozener Museum hat es mit sich gebracht, daß diese ur-
wienerische, in Wien entstandene Sammlung nun in ihre
Heimatstadt zurückgekehrt ist, um da noch einmal vor ihrer
Auflösung als Ganzes den Wiener Sammlern und den vielen
Freunden des beliebten Volksmannes gezeigt zu werden.
Den Hauptstock der Sammlung Christomannos bilden
Altwiener Porzellanschalen mit Untertassen, doch sind auch
die anderen österreichischen und deutschen Manufakturen gut
vertreten. Wir bringen hier eine kleine Auslese, wobei wir be
sonders auf eine Altwiener Henkelkanne mit zwei Schalen und
Untertassen, innen Gold, außen Silber (Fig. 1), aufmerksam
machen möchten. Fig. 2 zeigt einen Porzellanbecher einer Pa
riser Manufaktur aus der Einpirezeit, Fig. 3 einen Becher aus
Schlaggenwald, Fig. 4 eine Porzellanschale mit überhöhtem
Löwenhenkel und Untertasse der Wiener Fabrik, der auch das
Solitär-Frühstückservice (Fig. 5) und die Porzellanschale mit
Grisaillcmalerei (Fig. 8) angehören. Fig. 6 ist eine Meißener
Trembleuse, Fig. 7 eine Höchster Teekanne.
Die Sammlung Christomannos zeichnet sich weiters durch
eine Fülle gefälliger Altwiener Bronzen aus der Empirezeit aus,
wovon zwei Bronzekandelaber aus dem Besitze des Barons
Qeymüller stammen. Von besonderer Schönheit sind auch
die Früh-Empire-Salongarnitur (Kat. Nr. 346) und die Chaise
longue mit der dazugehörigen Marquise (Kat. Nr. 347). Unter
den Gemälden der Sammlung wären zu nennen: Die Original
skizze Fügers zu seinem großen Gemälde »Der Tod der
Virginia«, der Pettenkofen »Von Hunden verfolgter Zi
geunerjunge«, ein famoser Neder »Der Dorfbader«, ein selten
schöner Ribarz »Motiv aus Murano«, gute Werke von Amer-