Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
7. Jahrgang. Wien, 1. Februar 1915. Nr. 3.
Überprüfung von Antiquitäten.
Eine Anregung.
Von S. Glückselig (Wien).
Der Verfasser des interessanten Artikels „Der Kunst
handel und der Krieg" in der Neujahrsnummer der
„Internationalen Sammlerzeitung", Herr S. Glück
selig, sendet uns eine Zuschrift, die neben einigen
nützlichen Winken für Sammler eine sehr beachtens
werte Anregung enthält. Von der richtigcnErwägung aus
gehend, daß es die Lust am Sammeln nur fördern würde,
wenn dem Sammler eine gewisse Gewähr gegen —■
nennen wir das Kind beim rechten Namen —Beschwin
delungen geboten werden könnte, regt er nämlich die
Schaffung einer Instanz zur Überprüfung von
Antiquitäten an.
Als Paul Eu d e 1 daran ging, sein Buch über Fälscher
künste zu schreiben, rief man ihm, wie er erzählt, zu:
„Was wollen Sie tun? Die Fälschungen enthüllen!
Damit werden Sie ja dem Antiquitätenhandel einen
furchtbaren Schlag versetzen. Ohne irgendwelchen
Gewinn werden Sie Schaden unter allen bisher ver
trauensvollen Sammlern verbreiten. Und welchen Erfolg
werden Sie damit erreichen? Gar keinen!“ Und was
antwortete Eudel darauf? „Die Fälscher verdienen
keine Schonung“, sagte er, „sie sind eine beständige
Gefahr für die ehrlichen Händler und die unerfahrenen
Liebhaber. Das der Ausbreitung eines Schmarotzer
gewächses vergleichbareÜberhandnehmen der Fälschun
gen muß notwendig nach und nach das Kunstgefühl
überwuchernd ersticken. Es ist Zeit, dem Einhalt zu
tun.“ Herr Glückselig, der selbst Antiquitätenhändler
ist, teilt die Anschauung Eudels, er weiß, daß er, wie
jeder andere anständige Händler, nur dabei zu gewinnen
hat, wenn der Käufer sich davon überzeugen kann, daß
das, was er sich um oft teures Geld erworben hat,
auch wirklich das ist, wofür er es gekauft hat.
Doch nun lassen wir die Zuschrift des Herrn Glück
selig folgen. Er schreibt: „Vielfach begegnet man der
Frage: Wie schützt sich der Sammler vor Fälschungen ?
Meine Antwort lautet: Absolut nichts glauben! Nur von
seriöser, einwandfreier Seite kaufen und speziell bei
billigen Preisen Vorsicht! Man muß vor allem den Gegen
stand kaufen, nicht aber die Erzählung. Alle die Ge
schichten von alten Gräfinnen, Erbschaften von Kammer
jungfern, momentanen Geldverlegenheiten von Kava
lieren usw. sind in 99 von 100 Fällen unwahr. Sobald
der Verkäufer in dieser Art schwadroniert, kann man
10 zu 1 wetten, daß die Sache Schwindel ist. Keinesfalls
soll man einen Gegenstand bezahlen, ehe er von ver
läßlicher Seite geprüft wurde. Sobald der Verkäufer
eilig tut, traue man ihm nicht. Unfehlbar ist kein Mensch.
Irrt aber ein anständiger Kaufmann oder Sammler,
so wird er gewiß nicht anstehen, den Kaufschilling
zurückzuerstatten, wenn er auf den Irrtum aufmerksam
gemacht wird. Von den gewissen Leuten, die Antiqui
täten im ,Herumziehen‘ verkaufen, ist kein Heller
zurückzuerhalten. Das Geld behält der Unbekannte,
das Nachsehen hat der Käufer, der leider meist erst
durch vielen Schaden klug wird.
Jeder Käufer sollte sich vor Augen halten, daß
es heutzutage selten mehr Glückskäufe gibt. Der Ver
käufer kennt in der Regel den Wert seines Objektes.
Kommt jemand durch Zufall in den Besitz eines Gegen
standes, so erkundigt er sich gewiß überall nach dessen
Wert und verlangt noch mehr, als man ihm gesagt hat.
Es sind speziell in der letzten Zeit so viele , Gelegenheits
käufe' vorgekommen, daß nicht genug davor gewarnt
werden kann. Denn in jedem einzelnen Falle waren die
Objekte gefälscht.
Es wäre sehr am Platze, daß eine Instanz zur
Überp rüfung von Antiquitäten ins Leben ge
rufen würde. Dies könnte aber nur bewerkstelligt
werden, wenn die drei in Frage kommenden Faktoren,
Museen, Amateure und Händler, Hand in Hand gingen.
Ist es möglich, diese drei Kategorien unter einen Hut
zu bringen ? Die Sache erscheint mir sehr ernst und
sehr dringend. Gewiß wäre sie eines Versuches wert.
Wie viele ernste Leute wurden nicht schon durch die Un
korrektheiten Einzelner abgeschreckt, sich mit' alter
Kunst zu beschäftigen ? Es gibt eine Unzahl kunst
sinniger Menschen, welche kaufen möchten, auch schon
anfingen, zu sammeln, aber infolge der Fallen, die ihnen
gewissenlose Händler stellten, diese Liebhaberei wieder
aufgaben.
Die Museen hätten ein besonderes Interesse, sich
der Sache anzunehmen, dann je mehr Amateure, desto
mehr Zuwendungen an öffentliche Institute. Vielleicht
ersteht hier ein Mann, der es wagt, meine. Anregung
in die Tat umzusetzen. Ich wünsche es.“