Nr. 4
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Internationale Sammler- Zeitung
Keramik, kunstvolle Metallarbeiten von L L. Maaß (Ham
burg) und durch ihre stoffliche Zusammensetzung interessante
und formschöne Glaswaren der Firma Joh. Lötz Witwe,
Klosmühle (Böhmen). Ihren Höhepunkt findet die Ausstellung
jedoch in den dekorativen Malereien des in Zürich wirkenden
Holländers Hendrik de Boers. Die Wände des dritten Raumes
schmücken etwa 40 Arbeiten dieses in seinem Gebiete genialen
Künstlers. Es sind meistens phantastisch-landschaftliche
Motive — Äste, Gewitterstimmungen, Meeresstürme — die
trotz ihrer Gespensterhaftigkeit durch völlig eigenartige,
marmorn verquickte Farben verbind ungen eine ganz wunder
bare Harmonie in sich schließen. Die gegenwärtige Textil
ausstellung in Zürich ist als erster Teil gedacht; ein zweiter
soll in der Mitte des Monats März eröffnet werden.
(Eine verschollene Zarenfigur Rauchs.) Ein hervor
ragendes Werk des Berli ner Meisters der Plastik, Christian
Daniel Rauch, ist in Rußland'verschollen: die Statue Kaiser
Alexanders I. 1817 entstand sie im Aufträge des Grafen
Ostermann-Tolstoi und kam nach Südrußland. Vielleicht
ist das Kriegsglück auch hier hold und bringt einmal das
verschollene Marmororiginal wieder an den Tag. Das Gips
modell besitzt das Berliner Rauchmuseum.
(Stei nhaus en-Ausstellung.) Aus Frankfurt a. M.
wird uns geschrieben: Zum siebzigsten Geburtstag des
Künstlers ist im Kunstverein eine umfangreiche Wilhelm
Steinhausen-Ausstellung eröffnet worden. Dem Verzeichnis
der Bilder und Blätter, die gezeigt werden, ist ein Geleitwort
des Jubilars vorangestellt, in dem er Bedeutung und Umfang
des Gebotenen umschreibt und zugleich einen Blick in den
Sinn seines Wirkens tun läßt. Nur eine kleinere Auswahl
seiner Werke sei in der Ausstellung vereinigt, so sagt Stein
hausen, eine Auswahl, die so getroffen wurde, daß sie „Anfang
und Ende“ in der Entwicklung seines Lebens betone. Dieses
Leben reiche bis in die Zeit des Cornelius hinab und sei nun,
nachdem er Menzel und seine Gefolgschaft, die Naturalisten,
Impressionisten usw. gesehen habe, wieder bei Künstlern an
gelangt, die den Stil in neuer Umkleidung zu Ehren zu bringen
suchten. „Das ist auch eine Spanne Zeit“, so heißt es dann
wörtlich, „in welcher ich die Geltung vieler Kunstwerke sehr
oft wechseln sah. So ist es vielleicht d.och ein Vorteil, wenn
ein Künstler noch seinen siebzigsten Geburtstag feiern kann,
er lernt sieb in diesen Wechsel schicken und sieht auch noch
in der Zukunft manches Günstige für seine Kunst." Unter
den Gemälden, die neben Kartons, Entwürfen und graphi
schen Blättern die Ausstellung birgt, findet man auch des
Malers „sechs erste Studien“ aus dem Jahre 1864. Die Aus
stellung enthält eine große Reihe von Bildern aus dem reli
giösen Schaffensgebiete. Man sieht u. a. das seltsam geheimnis
volle Gemälde aus dem Jahre 1910 „Moses und der brennende
Busch", die Studie zu einem der Wandgemälde im Frank
furter Kaiser-Friedrich-Gymnasium: „Das Gleichnis vom
barmherzigen Samariter“, auch des Unermüdlichen jüngste
Arbeit, eine der Predellen in der Frankfurter Lukaskirche:
„Moses schlägt Wasser aus dem Felsen". Die Sammlung
graphischer Blätter enthält die besten seiner bekannten Stein
drucke, in denen er biblische Szenen festgehalten hat. Zum
Reifsten unter dem vielen Schönen, das uns die Ausstellung
vorführt, gehört das Selbstbildnis aus dem Jahre 1910. Man
sieht es diesem mächtigen, feinen Kopfe an, daß wahrhaft
frommer Sinn in ihm daheim ist. Obschon diese Ausstellung
nur einen Ausschnitt aus des Künstlers Werke gibt, vermag
sie doch eine abgerundete Vorstellung von der Wesensart
und dem Gehalt seiner Kunst zu vermitteln.
(Kunst im Heer.) In Immenstadt wird am 20. Februar
eine vierzehn Tage dauernde Verkaufsausstellung von zur
zeit im Heeresdienste stehenden Künstlern eröffnet. Die
Teilnahme verschiedener Münchener Künstler, der Maler
Otto Bauriedl, A. Schönemann, Edw. Henel, M. Schul-
thes, W. Rinneberg, der Bildhauer Schüttky und Frey
und der Architekten Jörger und Pylipp d. J. (Nürnberg)
bürgt für die Güte dieser Kunstschau, die für das Allgäu
eine Neuheit ist.
(Oscar Zwintscher) der Dresdener Maler und Lehrer
an der Kunstakademie, ist, wie uns aus Dresden berichtet
wird, einem Herzschlage im Alter von 45 Jahren erlegen.
Er entstammte einer Leipziger Musikerfamilie, lebte jedoch
seit vielen Jahren in Dresden. Am bekanntesten ist er durch
seine Bildnisse geworden. Sein Anfang wies deutlich auf
Böcklin zurück. Unter seinen ersten Bildern findet man Land
schaften mit Faunen in der romantischen Art Böcldins. Noch
in späteren Bildern erkennt man diesen Einfluß, wie z. B. bei
den Sandsteinfelsen der Bastei, die er mit nackten Jünglings
und Frauengestalten bemalte. Die Bildnisse Zwintschers
zeigen starken dekorativen Charakter, unter ihnen sind die
jenigen des Dichters Rainer Maria Rilke und des Malers
Sascha Schneider am bemerkenswertesten. Mit dem Bildnis
des früheren Oberbürgermeisters von Dresden Dr. Beutler,
das er im Aufträge des Rates der Stadt malte, hatte er eigen s
Mißgeschick. Die Besteller fanden, daß das Bild keine Ähn
lichkeit mit Beutler aufweise und bestimmten, daß es statt
im Sitzungssaale des Rates, im Stadtmuseum aufgehängt
werde. Zwintscher bat um Überlassung des Bildes, damit er
s in Berlin als „Porträt eines Unbekannten“ ausstelle, die
Bitte wurde aber abgelehnt. Die Dresdener Galerie besitzt
von Zwintscher „Die Dame in Schwarz". Zwintscher war ein
ausgezeichneter Lehrer, und sein Tod ist für die Dresdener
Kunstakademie, die schon vor mehr als einem Jahr durch
den Tod Gotthard Kuehls und durch den Rücktritt Hermann
Prelis viel verloren hat, ein schwerer Verlust.
Museen.
(Interessante Leihgaben.) Aus Budapest wird uns
berichtet: In jenem Raum der alten Galerie im Museum der
Schönen Künste, wo die Werke der alten Niederländer hängen,
werden vom 16. d. M. an während eines kurzen Zeitraumes
drei überaus wertvolle Gemälde zu sehen sein. Die Bilder
befinden skh im Besitze der Baron Br u c ken t ha Ischen
Sammlung in Nagyszeben und sind dem Museum aus Ge
fälligkeit zur Ausstellung überlassen worden. Das eine Bild
ist ein etwa aus der Zeit um 1432 stammendes meisterhaftes
Männerporträt d s großen, bahnbrechenden Meisters der
niederländischen Kunst, Jan van Eyck (1390 bis 1441); die
beiden anderen : tammen aus der letzten Schaffensperiode
des Meisters von Brügge, Hans Memling (1430 bi; 1494)
und stellen (inen Mann und dessen Gattin in der Gestalt
betender Donatrren dar. Das Jan van Eycksche Bild ist das
einzige Werk dieses Meisters in Unga n; von Memling besitzt
das Museum eine Kreuzigung, von sein n Porträts haben wr
aber außer den beiden in Nagyszeben kein einziges im Land’.
S > dürfte die Bekanntschaft mit diesen drei Bild:rn für unser
Publikum besonders lehrreich we d:n und es der Leitun ;
der Bruckenthal-Galeri e gegenüb r zu aufrichtig m Dank
ve pflicht n.
(Die entthronte „Madonna des Bürgermeisters
Meyer“.) Bei der Neuordnung der Dresdener Gemäldegalerie
durch Direktor Posse ist die Dresdener „Madonna des Bürger
meisters Meyer“, die bisher in der Mitte des Hol heinsaal es
thronte, von ihrem Ehrenplatz entfernt und an einen be
scheidenen Nebenplatz verwiesen worden. Damit dürfte der
langjährige Streit zwischen Dresden und Darmstadt, wer das
Original Holbeins besitzt, stillschweigend durch Eingeständnis
Dresdens zugunsten Darmstadts beigelegt sein, wie ihn ja
auch das Urteil aller Sachverständigen schon längst entschieden
hat. An den früheren Ehrenplatz der Madonna gelangte mit
Recht das prachtvolle Bildnis des Sieur de Morette.