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Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 8 
Gemahlin Philippine Welser im Schloß Ambras 
gerne verweilte, wie beglückt mußte er sich dort fühlen! 
Umgeben von seinen Sammlungen, bestehend aus 
Gemälden, Altertümern, Waffen, Büchern und Kurio 
sitäten, beschaffte er sich auch eine Unzahl von Münzen, 
zumal sein für das Geschichtliche empfänglicher Sinn 
dieses illustrative Nebenfach der Altertumswissen 
schaften und der Kulturgeschichte nicht missen mochte. 
An seinen Münzen offenbarten sich dem edlen Fürsten 
die vielen Sinnbilder der Religion und Politik ehe 
maliger Völkerschaften, ihre Kriegsgeräte, Bauwerke, 
Herrscherbildnisse, Wappen, Inschriften und unge 
zählte weitere Dinge, die dem kundigen und aufmerk 
samen Betrachter alles, was schon vergangen, wieder 
lebendig vorführen, als bestünde, es noch wie ehedem, 
bezwingend im goldig flutenden Äther des Augenblicks. 
Bedenkt man übrigens, daß zur Zeit dieses ge 
schichtsfreudigen Tiroler Fürsten speziell der alten 
Münzkunde schon tüchtig vorgearbeitet worden war, 
so mag Ferdinands Verdienst um die Zustandebringung 
der Ambraser Münzensammlung diesetwegen beileibe 
nicht geringer erscheinen. Wir haben ja schon ange 
deutet, daß zu Beginn der Renaissance, in deren Schoße 
das Neuaufflackcrn der klassischen Geisteserrungen 
schaften in immer hellere Feuergarben schoß, die Lieb 
haberei des Münzsammelns sich merklich weiter ver 
breitete. 
So wird es nicht wundernehmen, daß der Kupfer 
stecher Hubert Goltz, der um die Mitte des 16. Jahr 
hunderts zur Herausgabe seiner Arbeit über Römer 
münzen ganz Europa bereiste, nicht weniger als 950 
Münzsammlungen verzeichnen konnte. Und das hat 
mit seinem Singen der „Humanismus“, in jenem 
angedeuteten Sinne einer neuen Richtlinie der Wissen 
schaft, getan. Von der Sturzwelle des Wiederauflebens 
griechisch-römischer Bildung erfaßt, entwickelten neben 
Fürstlichkeiten, Bischöfen, Gelehrten Von Namen auch 
die wohlhabenden Kreise eine Sammelfreudigkeit im 
allgemeinen, die neben dem buntesten Kunstallerlei 
vielfach auch alte Münzen in ihren Bannkreis zog. 
Unter den Personen, die aber sonst in keiner Weise 
den Anspruch erheben können, Träger eines berühmten 
Namens zu sein, ragt Oliviera Forzetta, ein reicher 
Kaufmann aus Treviso hervor. Der schlichte Mann, 
dessen Namen, wie gesagt, in diesen Aufsatz über 
historisch bekannte Persönlichkeiten sich nur wider 
willig einfügt, soll trotz alledem hier kurz erwähnt sein 
als Einer/der schon vor Petrarka sein Interesse den 
Römermünzen zugewendet hat. Schon im Jahre 1335 
auf einer Geschäftsreise nach Venedig erwarb nämlich 
der Trevisaner Handelsherr 50 römische alte Geld 
stücke und dünkt sich darob hochbeglückt. Wir ver 
wöhnten Epigonen lächeln über diesen Bettel von 
einem Münzstock, den heutzutage ein besserer Mittel 
schüler im wohlassortierten MünZenladen leicht er 
werben kann, vorausgesetzt, daß auch die Kasse seines 
Vaters oder der Mutter dafür zu haben ist. Dieser 
Oliviera Forzetta nun, war es auch, der das erste 
„Münzkabinett“ anlegte, wie die größeren Sammel 
bestände von antiken Münzen hießen. 
Es liegt nicht in meiner Absicht, hier all die öffent 
lichen Sammlungen des Staates, der Stifte, Klöster, 
Städte usw. anzuführen, die unter Einwirkung der 
Renaissance, diesem Johannistrieb der Geistesmenschen 
des Mittelalters, entstanden waren. Das wäre hier auch 
kaum möglich. Aber zweifellos verdankten all diese 
Münzsammlungen ihre Entstehung doch wieder nur 
Einzelpersonen, die im Wege der Widmung, testamen 
tarischer Verfügung u. dgl. ihre Schätze den erwähnten 
Gemeinschaften zukommen ließen und so den Grund 
stock zu deren weiterer Vergrößerung legten. 
Es ist übrigens bekannt, daß man um die Wende des 
15. und 16. Jahrhunderts allmählich auch deutsche 
Mittelaltermünzen in den Kreis des Sammelinteresses 
zog. So las ich jüngst in einem alten münzlichen Fach 
organ, daß Ende April 1497 der Bischof Heinrich 
am bischöflichen Hofe Trockau die in der Umgebung 
eines Klarisserklosters bei einer Erdarbeit gefundenen 
„etlichen alten silberein miintz“ deutscher Herkunft 
sammeln ließ. Das Interesse Sr. bischöflichen Gnaden 
scheint aber damit noch nicht zu Ende gekommen 
zu sein, denn wir erfahren weiters, daß er hierauf den 
Fundacker planmäßig durchsuchen läßt und aus diesem 
Anlasse den Arbeitern auffallend hohe Taglöhne und 
Extratrinkgelder spendet. Desgleichen fand ein Bauer 
sieben Jahre später östlich von Bamberg beim Ackern 
„etliche alte rnontz“ und weiß sofort, daß ihn der Fund 
am bischöflichen Hofe gerne abgenommen und bestens 
belohnt wird. Er streicht schmunzelnd ein Trinkgeld 
von einem Goldgulden ein, den Bischof Georg dem 
vergnügten Finder persönlich überreicht. Ähnliche 
Fälle dürften sich mannigfach ereignet haben auf den 
Territorien anderer Grundherreh verschiedenster Kate 
gorie vom Landmann bis hinauf zum hohen Fürsten, 
Und boten ünbewußt die Anregung, den alten Münzen 
gesteigerte Aufmerksamkeit zu schenken. 
Unter weiteren geschichtlichen Personen, die Münzen 
sammelten, sei der berühmte Kardinal Martinuzzi 
genannt (1482 bis 1551), der als ungarischer, höchst 
einflußreicher Staatsmann auch unter dem Namen 
Frater Georg Utjessenovich bekannt ist. Seine auf die 
Gegnerschaft zwischen dem ersten Habsburger auf dem 
ungarischen Thron, Ferdinand I. und Sultan Su- 
leiman aufgebaute Politik brachte dem ehrgeizigen 
Kardinal schließlich das Fürstentum Siebenbürgens 
ein. Dort in seinem mit Kunstschätzen sonder Zahl 
vollgepfropften Schlosse Alvincz ward Martinuzzi an 
geblich als Verräter von den Truppen des kaiserlichen 
Feldherrn Castaldo am 17. Dezember 1551 ermordet 
und seiner Schätze, darunter auch der wertvollen 
antiken Münzen, beraubt. Es läßt sich leicht vorstellen, 
welche hohen Kunstwerte dabei verständnislosen Ele 
menten zum Opfer fielen und in Gott weiß was für 
Schlüffen verschwanden. Wie leicht konnten dort 
Kabinettstücke, wie das Silbermedaillon des siziliani- 
schen Königs Hiero, die Tetradrachme des pontischen 
Königspaare s Mithradates IV. und Lao di ca V. 
oder gar ein römischer Britannicus vorhanden ge 
wesen sein, die heute entweder mit je K7000bisK 11.000 
veranschlagt werden, oder bei denen der lüsterne 
Sammler bedauerlicherweise es lediglich darauf an 
kommen läßt, daß ihm immer wieder notgedrungen der 
Mund danach wässert. Wer weiß, ob nicht zur Stunde 
siebenbürgische Zigeuner den Mithradates samt Ge 
mahlin als in Silberknöpfe umgegossenen Wamszierat 
auf dem Leibe tragen, oder ob nicht etwa der tapfere 
Hiero, bekannt durch seinen Sieg über die Mamertiner, 
irgendwo in der Bukarester Gegend als Ohrringlein 
am Höhrorgan eines Walachenweibes dahin vegetiert ? 
Kardinal Martinuzzi besaß unter anderen Stücken 
auch 1000 Goldmünzen des thrakischen Herrschers 
Lysimachos, die nach De Thou in einer ungarischen 
Zitadelle bei Deva gefunden wurden. Wie kamen sie 
dorthin ? Das vermöchte nur die Phantasie Alexander 
Dumas oder Jules Vernes auszumalen, wobei gewiß 
schwere Schwaden romantischen Dämmers und manch 
unterhaltsames Gaukelspiel an Abenteuern und Wag 
nissen an den geistigen Blicken des Lesers vor über 
zögen. 
Die Münzen Lysimachos (324 bis 262 vor Chr.) 
waren übrigens, als sie noch in Thrakien kurant waren, 
derart beliebt und Verbreitet, daß die Vermutung nahe
	        
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