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Internationale Sammler- Zeitung
Seite 71
Joh. Friedrich von der Schlichten, Wolfgang Heribert von
Dalberg, Isaak Iselin, Jakob Sarasin, Johann Kaspar Lavater,
Bodmer, Pestalozzi, Philipp H ackert, Georg Abraham Hackert,
Friedrich Müller (der „Maler Müller“). Damit kann das Stamm
buch, das nun in einer Faksimileausgabe veröffentlicht wird,
als ein Symbol der alten und künftigen Beziehungen Deutsch
lands zu seiner ältesten Kolonie gelten.
(Diebstahl eines wertvollen Gobelins.) Aus Augs
burg, 12. d., wird uns gemeldet: In der Blasiuskirche in
Kaufbeuren ist ein kostbarer Gobelin von großem Altertums
wert, darstellend den heiligen Blasius inmitten von Tieren,
gestohlen worden. Von den Tätern fehlt jede Spur.
(Ein norwegischer Kunsthistoriker f.) Tn Christia-
nia ist, 83 Jahre alt, Professor Lorenz Dietrichson gestorben,
dessen Wirken für die Kunstgeschichte Norwegens von größter
Bedeutung war. Er wurde nicht bloß der Schöpfer einer kunst
geschichtlichen Forschung in diesem Lande, sondern wirkte
auch zur Errichtung von Einrichtungen und Museen mit, die
notwendig w'aren, eine kunstgeschichtliche Kultur zu schaffen.
Zum Hauptverdienst Dietrichsons gehört es, daß er die alte
Holzbaukunst Norwegens in wissenschaftlicher Form be
handelte und alte w-ertvolle Überbleibsel, die es noch auf
diesem Gebiete gab, vor Vergessenheit bewahrt hat. Unter
seinen grundlegenden Arbeiten in dieser Beziehung sind zu
nennen die Werke über norwegische Stabkirchen und über die
alte Holzbaukunst des Landes. Schon seit den Wikingerzeiten
bildete in Norwegen Holz das hauptsächlichste Baumaterial,
und aus den ursprünglichen primitiven Häusern, die aus einem
einzigen Raum und einer Öffnung im Dache für den Rauch
abzug bestanden, entwickelten sich allmählich immer statt
lichere, mit reichen Schnitzereien versehene Holzgebäude, von
denen allerdings nicht allzu viel auf die Gegenwart über
kommen ist, aber diese Holzbaukunst war von den neueren
Architekten Norwegens zu neuem Leben erweckt worden,
wovon man im Lande viele hübsche Beispiele sehen kann.
Die Kunstsammlungen, um deren Errichtung sich Professor
Dietrichson verdient machte, sind das Skuipturenmuseum,
das Kunstindustriemuseum und die Kupferstichsammlung.
Ferner wirkte er zur Wiederbelebung der alten norwegischen
Volkskunst mit.
(Ornithologischer Urweltfund.) Im Connecti-
cuttale in den Vereinigten Staaten wurden neuerdings ver
steinerte Trittspuren von Urweltvögeln, wahrscheinlich
aus der Kreidezeit, gefunden. Die einzelnen Zehen weisen
bis zu 30 cm Länge auf; danach kann man unter Zugrunde
legung der Proportionen jetzt lebender Vögel die Größe jener
vorweltlichen Riesenvögel auf etwa 7 m berechnen; sie waren
also reichlich dreimal so hoch wie ein Pferd.
Museen.
(Aus den Berliner Museen.) Die Ägyptische
Abteilung der Berliner Museen hat jetzt mitten im Kriege
ihre Sammlungen auserlesener altägyptischer Tierdarstellungen
um zwei ausgezeichnete Stücke aus deutschem Kunstbesitz
vermehren können. Das eine ist ein alabasterner Löwenkopf
von einem Gerät, das dem Totentempel eines der Pyramiden
könige zu entstammen scheint. Die großartige Stilisierung
mit ihrer ungewöhnlich eindringlichen Formbehandlung weist,
wie Direktor Dr. Schäfer in den Amtlichen Berichten aus
führt, in die Zeit des Alten Reiches, der 4. Dynastie, um
2800 v. Chr. Neben diesem erhabenen Löwenbild kam der
listige Kopf eines Schakals neu ins Museum. In Holz hat
hier der Künstler, der um 1350 v. Chr. arbeitete, die Formen
des Tieres so charakteristisch gestaltet, daß es sich nach einer
von Prof. Georg Schweinfurth in der großen Oase auf
genommenen Zeichnung genau bestimmen läßt. In das Kunst
gewerbemuseum ist ein prachtvolles Werk der italienischen
Hochrenaissance gekommen, eine Kunststickerei, die ein
graubrokatenes geistliche; Gewand, eine Kasel ziert. Der
Künstler, der um 1550 in Florenz arbeitete, hat das Stück
mit feinstem Geschmack mit einer einheitlichen dekorativen
Komposition geschmückt. Zwischen Ornamenten, Akanthus-
umrahmungen, fackeltragenden Figuren erscheinen der Welt
richter, Johannes der Täufer, Apostel. Sie sind in der Weise
etwa des Pierino del Vagg oder Vasari, im Plattstich, der
feinsten der alten Sticktechniken, dargestellt. Ein ähnliches
Prachtornat besitzt das Florentiner Dommuseum.
(Die Kunstsammlung der jüdischen Gemeinde
in Berlin) von dem vor einigen Jahren verstorbenen Dresdner
Antiquar Albert Wolf aus den verschiedensten Gegenständen,
die Leben und Zustände der Juden aller Länder beleuchten,
zusammengebracht, wurde dieser Tage im Bibliotheksbau
der Hauptsynagoge, Oranienburgerstraße, mit erläuternden
Worten Geheimrat Prof. Dr. Ludwig. Geigers und des Biblio
thekars Dr. Stern eröffnet. In seinem wertvollsten Teil,
der Münz- und Medaillensammlung, besitzt dieses Museum
seltenste Stücke. Neben prachtvollen Silberarbeiten, Kunst
malereien italienischer, orientalischer und heimischer Herkunft,
ist ein hervorragendes Prunkstück ein Vorhang zur Gesetzes-
lade, der sogenannte Türkenvorhang, ein Geschenk König
Friedrich Wilhelms I. von Preußen. Auch schöne Zierschriften
sind da und an den Wänden eine reichhaltige Sammlung von
Bildnissen bekannter Gelehrter.
(Neuordnung in der Dresdner Gemäldegalerie.)
Aus Dresden wird gemeldet: In der modernen Abteilung der
Dresdner Gemäldegalerie hat Direktor Posse eine Neu
ordnung vollzögen, die, so anspruchslos sie im großen Geschehen
der Zeit auf tritt, doch für die Neubelebung der Kunstschätze
der sächsischen Hauptstadt von Bedeutung ist. Ein ziemlich
wildes, unkünstlerisches Durch- und Übereinander charak
terisierte bisher die moderne Abteilung, die ja in dem be-r
gonnenen Neubau in einigen Jahren ein eigenes Heim finden
wird. Nicht nur, daß trotz der Überfülle Werke zweiten und
dritten Ranges besseren den Platz Wegnahmen, es. fehlte
eigentlich jeder leitende Gedanke bei Ausstellung eines Werkes,
und die Gemälde eines Meisters mußte man an mehreren Stellen
suchen, so daß ein Gesamteindruck selten erzielt wurde. Das
ist nun anders geworden. Zusammengehöriges gehört zusammen,
das leidige Übereinanderhängen ist fast völlig vermieden
worden; eine einheitliche Wirkung tritt zutage. Gleich der
Eintritt in die moderne Abteilung erregt Überraschung und
Spannung bei dem, der zum erstemal die Sammlung besucht.
Klingers „Beweinung Christi“ neben Courbets „Stein
klopfer“, Chavannes „Fischerfamilie“, Klingers „Quelle“
und Hodlers „Sitzende weibliche Gestalt“, ergänzt durch
Lenbachs „Bismarck“ und Vogels „Hindenburg“ in einem
Saal vereinigt, lassen erkennen) welche Sorgfalt die Leitung
der Pflege der Modernen gewidmet hat. Nach Westen zu
folgen die Dresdner Künstler.: Kaspar David Friedrich,
Schnorr von Carolsfeld und vor allem Rayski, dann
Ludwig Richter mit zehn Bildern. Meuniers „Puddler“
ragen heivor, Maröes „Selbstbildnis“ und Menzels „Markt
platz von Verona“ ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Ein
paar prächtige Trübner (Dame in Braun und Schloß Hems
bach) lassen die. Kunst dieses Meisters voll zutage treten.
Uhdes „Heilige Nacht" und die verschiedenen Böcklins
der Sammlung kommen vorzüglich zur Geltung. Der letzte
Saal in westlicher Richtung aber ist beherrscht durch das Ver
mächtnis Lingners, Franz Stucks „Verlorenes Paradies“,
neben dem, gleichfalls aus dem Nachlasse Lingners, Stucks
„Centaur“ und „Nymphe“ hängen. In der entgegengesetzten
Richtung finden wir die Dresdner lebenden und jüngst ver
storbenen Akademiker: Kuehl, Dorsch, Sterl, Bantzer,
Bracht, Kießling teilweise durch mehrere Werke vertreten,
vor allem Zwintscher mit den Bildnissen Enkings und einer
Dame und der Landschaft „O wandern, o wandern“. Im letzten