MAK
Nu 16 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 175 
Chronik. 
BIBLIOPHILIE. 
(Fund v,*n Bruchstücken der 42zeiligen Gutenberg- 
Bibel.) Von dem Hauptwerk Gutenbergs, der berühmten 
42zeiligen Bibel, von der im letzten Winter ein von der Münch 
ner Staatsbibliothek als Doublette verkauftes Exemplar auf 
einer Londoner Versteigerung für 2750 Pfund Sterling von 
einem dortigen Antiquar erworben wurde, hat jetzt Dr. J . Rest 
in der Frei lni rger Unive sitätsbibliothek neue Bruchstücke 
gefunden. Es sind 24 Blatt, die er als Material für die Ein 
lage in einem alten gepreßten Sch weinsleder band entdeckte. 
Auf Grund textkritischer Vergleichung unter anderm mit 
dem in Faksimile vervielfältigten Prachtdruck der Berliner 
Staatsbibliothek ließ sich feststeilen, daß es sich um Bruch 
stücke des ersten Bibeldruckes Gutenbergs handelt. Die Blätter 
zeigen sorgfältige Rubrizierung, einfache und schöne Illumi 
nierung, besonders der abwechselnd blauen und roten kleinen 
Initialen. Wahrscheinlich wurde die Bibel, aus der die Blätter 
stammen, schön in Basel um 1559 datiert. Denn wie der Finder 
im Zentralblatt für Bibliothekswesen mitteilt, gehört der Ein 
band zu einem in diesem Jahre in Basel erschienenen Buch 
Heinrich Bullingers, das er nach handschriftlicher Ein 
tragung dem späteren Freiburger Professor Johann Brunner, 
damals Pfarrer in der Schweiz, verehrte. 
(Das bändereichste Werk der Welt.) Während sich 
die abendländischen Kulturnationen deh Rang streitig machen, 
die umfangreichsten Druckwerke herauszugeben, ist ihnen 
doch die älteste Kulturnation darin überlegen. Zweifellos ist 
das bändereichste Werk, das je erschienen ist, die kaiserlich 
chinesische Enzyklopädie, die 6000 Bände umfaßt und Berichte 
über eine Zeitspanne von 2800 Jahren enthält. Ein Exemplar 
dieses Werkes ist im Britischen Museum. Die einzelnen Bände 
wurden nicht gebunden, sondern in Kästen gelegt, die manch 
mal sehr schön ausgeschmückt sind. Der geschriebene Text 
wurde auf Holzblöcke durch Umdruck übertragen, und dann 
sind die einzelnen Wortgebilde aus dem Block herausgeschnit 
ten, so daß sie erhaben stehen bleiben. Von diesen Holzstöcken 
wurden die Bücher gedruckt, immer nur jedes Blatt auf einer 
Seite, da das feine Papier das zweiseitige Bedrucken nicht zu 
läßt. Auch heute noch wird bei der Buchherstellung in China 
diese Handarbeit ohne Verwendung jeder Druckpresse geübt, 
und trotzdem kann ein tüchtiger Drucker jeden Tag 2500 bis 
3000 Abzüge machen, 
BILDER. 
(Das früheste Werk des Franz Hals) ist jetzt vom 
Museum seiner Vaterstadt Haarlem erworben worden. Die 
Neuerwerbung, die aus dem englischen Kunsthandel stammt, 
ist ein bisher unbekanntes Bildnis eines Mannes. Datiert ist 
das Bild 1615. Bisher begann die Reihe der Werke des Hals 
erst 1616. 
(5000 Köpfe auf einem kleinen Bilde.) Auf ein selt 
sames Bild macht Alfred Heim in seinem neuesten Buche ,,Die 
Frauenburger Reise“ (Verlag Heinrich Minden, Dresden) auf 
merksam. Im Dom zu Frauenburg hängt, wie er berichtet, ein 
Bild, das die Speisung der Fünftahsend durch Christus dar 
stellt. Das ganze Bild mißt nicht mehr als ein viertel Meter in 
der Höhe und dreiviertel Meter in der Länge. Trotz des kleinen 
Ausmaßes gibt es seinem Vorwurf gemäß eine in ihrer Riesen- 
haftigkeit geradezu verblüffende Zahl von kleinen, zeichnerisch 
aufs feinste ausgeführten Köpfen auf. Die Gesichter der Ge 
speisten sind eines ums andere deutlich erkennbar. Die Gesamt 
zahl der Köpfe harrt zwar noch der Nachzählung von der Hand 
eines besonders Geduldigen, kann sich aber von der biblischen 
Zahl der Fünftausend kaum merklich entfernen, und es würde 
nicht wundernehmen, wenn sie mit dieser ,,aul den Kopf“ 
übereinstimmte. Der Maler, der auf die etwas barock anmutende 
Idee kam und sich auch, was noch mehr besagen ließ, die Mühe 
der Ausführung nicht verdrießen ließ, ist der ehrsame Vitus 
Heinrich aus Elbing. Er malte die ,,Gespeisten“ im Jahre 1643. 
(Ein neuer Botticelli) ist jetzt in Hannover im Kestner- 
Museum von Prof. Adolfo Venturi, dem hervorragenden Ge 
schichtsschreiber der italienischen Kunst, festgestellt worden, 
der an der Universität Rom Vertreter der Kunstgeschichte ist. 
Es handelt sich um eine kleine Verkündigung Mariens in einem 
Gemache: die beiden Hauptfiguren Maria und die Engel in 
starker Bewegung einander gegenüber knieend, vorne ganz klein 
die geistliche Stifterin. Wie Venturi in seiner Zeitschrift „L’arte“ 
darlegt, hält er 'das Bild für ein eigenhändiges Spätwerk des 
Meisters aus der Zeit seiner letzten, so tief eindrücklichen 
Bilder wie der ,,Derelitta“ und der Kommunion des heiligen 
Hieronymus. In Hannover und sonst galt das Bild bisher nur 
als Schulwerk. 
(Schenkung des Straßenbildes Vermeers für Hol 
land.) Das heiß umstrittene Straßenbild des Delfter Vermeer, 
die kleine Perle der Amsterdamer Sammlung Six, um deren 
Erwerbung der Louvre sich vergeblich bemühte, ist nun doch 
nach Amsterdam zurückgekehrt und von einem freigebigen 
Holländer dem Volke zum Geschenk gemacht worden. Der 
Stifter, der das berühmte B Id dem Amsterdamer Reichs 
museum gewonnen hat, ist der Londoner Generalvertreter 
der niederländischen ,,Königlichen Petroleumgeselkchaft“, die 
jetzt ihr 25jähriges Jubiläum feierte und die neulich einen 
großen Coup landete: in heftigem Kampfe mit ihrem großen 
amerikanischen Konkurrenten, der ,,Standard-Oil”, legte sie 
die Hand auf die großen Petroleumfeldcr von Djambi in Nieder- 
ländisch-Indien.. Dieses riesige Geschäft erleichterte es dem 
Petroleummagnaten Deterding, der sich bei diesem Akte 
von den hervorragendsten Holländern und mit Ministerreden 
feiern ließ, das vor wenigen Monaten in Amsteidam für 
680.000 Gulden versteigerte Bild Holland zu schenken. 
GRAPHIK. 
(Die englische Kunstsammlung in Greiz.) Vor 
einem Jahre erregte es Aufsehen, als bei der Übernahme 
des fürstlich reußischen Besitzes in Greiz eine einzigartige 
Sammlung alter englischer Graphik und Bücher zum Vor 
schein kam, der Besitz der Landgräfin Elisabeth von 
Hessen-Homburg (1770 bis 1840), der dritten Tochter des 
Königs Georg III. von England. Dieser Besitz, der im Erb 
gang nach Greiz gekommen, aber dort niemandem außer ein 
paar Hofbeamten, die nichts davon verstanden, zu Gesichte 
kam, birgt vor allem eine außerhalb Englands wohl nirgends 
existierende Reihe von etwa 800 Schabkunstblättern der 
ersten englischen Meister in ganz erlesenen Abdrücken. Aber 
auch sonst liegt dort in fürstlichen Prachtexemplaren so 
vieles von erstem Range, daß Greiz nun der Ort ist, wo man 
englische Graphik vor und um 1800 in Deutschland am besten 
studieren kann. 
NUMISMATIK. 
(Auktion.) Die Münzenhandlung Leo Hamburger in 
Frankfurt a. M. versteigert am 19. und 20. September eine 
alte Münzensammlung aus ausländischem Familienbesitz, die 
besonders reich an Salzburger Raritäten ist. Anschließend 
daran bringt die Firma eine Sammlung von Vereins-Doppel 
talern, Doppelgulden und Talern in bester Erhaltung unter 
den Hammer. 
(Notgeld.) Aus Anlaß der Kultur-und Sportwoche hat 
Hamburg Notgeldscheine zu 1 Mark und 50 Pfennig heraus 
gegeben, die sowohl in künstlerischer als auch propagan 
distischer Hinsicht äußerst interessnt sind. 
PHILATELIE. 
(Neue deutsche Überdruckmarken.) Die deutsche 
Reichsdruckerei hat neue Überdruckmarken zu den Werten 
von Mk. 1-80 und Mk. 3-— hergestellt, die demnächst zur
	        
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