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Internationale Sam mler-Zeitung
Nr. 16
Ausgabe gelangen. Für den Wert zu Mk. 1-60 sind Germania-
marken zu Mk. — - 05 in brauner Farbe verwendet worden.
Die Zahlen der Marke sind durch je ein Blatt überdruckt,
auf dem Brustschild der Germania ist Mk. 1-60 zu lesen. Zu
der Marke zu Mk. 3'— Ist eine zweifarbige Buchdruckmarke
zu Mk. P25 im Hochformat verwendet mit dem Bilde der
Germania. Am oberen Rande der Marke steht der Überdruck
„3 Mark“.
(Betrogene Markensammler.) In verschiedenen phila-
telistischen Zeitungen erschien eine marktschreierische An
zeige, derzufolge die „Pictorial Map Company“ in New York,
1431 Broadway, gegen sofortige Kasse Briefmarken kaufe.
Sie machte Anspruch nur auf tadelloss bessere Briefmarken
aller Länder, erbat Auswahlsendungen mit Nettopreisen, ver
sprach, da sie bei brieflichem.Angebot alle Agenten- und Schieber
profite erspare, höchste Preise und rühmte, daß sie auf Lon
doner Auktionen seltenere Marken zu nie dagewesenen enormen
Preisen gekauft habe. Sie hob weiter hervor, daß sie zwei
Millionen Mark in Bargeld zu einem Cent per Mark erworben
habe, daher ruhig höchste Preise zahlen und diese Summe und
mehr in Dollars zum Ankäufe guter Briefmarken verwenden
könne. Sie wünschte besonders Vereinigte Staaten-, Alt-Europa-
Alt-Deutschland- und Kolonialmarken und machte Sendungen
unter 10 Dollar und billige Massenmarken ab. Nun stellt sich
heraus, daß die „Pictorial Map Company“ ein Scheindel-
unternehmen ist, das wohl Sendungen entgegennimmt, aber
keinen Cent dafür bezahlt. Sie war bis 15. Dezember v. J.
wirklich in New York, Broadway 1431, etabliert. In Anhoffung
der Bezahlung in Dollars scheinen sich aus aller Welt viele
Briefmarkenbesitzer an die Gesellschaft gewandt zu haben.
Dem schwedischen Generalkonsulat in New York, das öster
reichische Interessen vertritt, kamen Beschwerden mehrerer
Österreicher zu, die ihr gutes Geld verloren haben; so hat
Josefine Loeschelbauer, Wien, IX., Michelbeuerngasse 3,
Briefmarken um 75 Dollar und der Papierhändler E. Barfuß,
Wien, IX., Michelbeuerngasse 3, Briefmarken um 100 Dollar
eingebüßt. Es ist anzunehmen, daß sie nicht die einzigen Opfer
sind.
(Neue Sowjetmarken.) Die russische Sowjetregierung
hat bald nach dem Beginne ihrer Wirksamkeit den freien Post
verkehr in Rußland eingeführt. Kurze Zeit jedoch gab es auch
Sowjetbriefmarken, und zwar in den Werten von 35 und 70 Ko
peken. Diese Postwertzeichen wurden in Rußland sehr wenig
benützt, kamen aber in ziemlich großen Mengen in den Handel.
Infolge der Wiedereröffnung der Handelsbeziehungen mit dem
Auslande sieht sich nun die Sowjetregierung gezwungen, zum
Gebrauch von Briefmarken zurückzukehren. Die Potsbestellung
im Inlande ist auch weiter frei und erfolgt ohne Marken. Es
sollen Serien von Briefmarken ausgegeben werden, deren
niedrigste entsprechend der Entwertung der russischen Va
luta ein Rubel ist.- Als Bilder werden auf den Marken Lenin,
Trotzky, Karl Marx und andere Sozialistenführer erscheinen,
in dieselbe Umrahmung eingefügt, die schon die Marken der
zaristischen Regierungen hatten. Für die 100-Rubel-Marke wird
ein allgorischer Entwurf von einem bolschewistischen Künst
ler vorbereitet, in großem Breitformat die klassische Figur
eines Jünglings mit ausgestrecktem Armen auf weißem Pferde,
der eine Schar von Arbeitern führt.
VERSCHIEDENES.
(Die Tonbildwerke Ghibertis.) Wilhelm von Bode
eröffnet das eben erscheinende neue Doppelheft des Jahrbuches
der preußischen Kunstsammlungen mit einer interessanten
Untersuchung über die Versuche des Ghiberti, des Schöpfers
der berühmten Paradiesestür am Baptisterium in Florenz,
seine Tonbildwerke zu glasieren. Bildwerke mit Glasur haben
bekanntlich insbesondere die Mitglieder der Familie Robbia
in Florenz geschaffen und dafür ein Geschäftsgeheimnis so
streng bewahrt, daß es durch Generationen fast ein volles
Jahrhundert lang ihnen verblieben ist. Es beruhte auf einer
besonderen Art von Zinnglasur der Tonbildwerke. Bode hat
nun festgestellt, daß Ghibertis Werkstatt der Ausgangspunkt
für die blühende Entfaltung der Tonplastik in Florenz gewesen
ist. Bode hat ferner von Ghiberti selbst einige reizvolle Arbeiten,
insbesondere Marienbilder, wie sie damals für die Kapellen
der Kirchen und Häuser, vor allem infolge ihrer Beliebtheit
beim Volke auch für die Tabernakel in den Straßen von Florenz
und Umgebung angefertigt wurden, finden können, in denen
Ghiberti schwache und mißglückte Versuche in der damals
schon veralteten Technik der Bleiglasur, dann aber auch in
Zinnglasur gemacht hat. Die Werke sind künstlerisch sehr fein,
technisch fast ganz mißlungen. Ghiberti scheint dann von
solchen Versuchen Abstand genommen zu haben, als Luca
della Robbia mit den seinen auftrat.
(Eine Stuhlausstellung.) Eine hübsche, kleine Sonder
ausstellung, für Fachleute und Laien gleich anschaulich und
lehrreich, ist in diesen Tagen auf der Burg Lauenstein bei
Probstzella eröffnet worden. Es ist dies eine übersichtliche,
nach Zeit und Stil geordnete Zusammenstellung von etwa 200
verschiedenen Stühlen der letzten vier Jahrhunderte, die
zumeist aus Thüringen und Franken stammen. Bekanntlich
ist ja der Stuhl das persönlichste Möbelstück unseres Hausrates,
und daher mehr wie jedes andere dem wechselnden Bedürfnis
und der Eigenartdes Menschen unterworfen. Aus diesem Grunde
erklärt sich denn auch die überraschende Mannigfaltigkeit der
Formen, Ornamente und Maße, welche diese Sitzmöbel im
Wandel der Jahrhunderte angenommen haben.
(Die Sammlung Tuck.) Herr und Frau Edward Tuck,
ein reiches amerikanisches Ehepaar, das seit langem in Paris
lebt, hat testamentarisch die Kunsteinrichtung ihrer Wohnung,
82 Räume des Champs Elysees, der Stadt Paris geschenkt. Die
Einrichtung soll nach dem Tode Tucks im Petit Palais auf
gestellt werden. Die Schenkung umfaßt unschätzbare Aubus-
sons-Gobelins, Bilder von Lukas Cranach, Boucher, Greuz.e,
holländischen und französischen Meistern, Büsten von Houdon
und eine einzigartige Porzellansammlung von China, Sevres,
Dresden und Battersea, ferner eine Uhrensammlung aus
der Zeit Louis XV. und XVl., seltene Möbel des 17. Jahr
hunderts im flämischen Stil, Bronze- und Kunstgegenstände
aus der Renaissance. Für die dauernde Erhaltung der
Sammlung haben die Tucks auch noch ein Legat von einer
Million Franken gsetiftet.
(Diebstahl.) Aus dem Kunstsalon S. Kende, Wien, I.,
Rotenturmstraße 14, wurden Schmuckgegenstände aus Edel
metall, Schildpatt und Elfenbein im Werte von K 86.000
gestohlen.
MUSEEN.
(Eine Raphae-lzeichnung in den Berliner Museen.)
Das* Kupferstichkabinett der Berliner Museen hat ein kost
bares Geschenk erhalten, eine Handzeichnung Raphaels,
den Marienkopf für das im Berliner Kaiser Friedrich-Museum
bewahrte Rundbild der sogenannten Madonna del Duca di
Terranuovä. Die Zeichnung gibt den Marienkopf mit Metall
stift und Kohle wieder, in der süßen . Neigung des weichen
Hauptes wie auf dem Bilde. Das Blatt ist für das Berliner
Kupferstichkabinett um so interessanter, als dieses schon
eine Studie für das Madonnenbild besitzt. Diese ist allerdings
dem Lehrer Raphaels, Perugino, zugeschrieben worden, und
Raphael hat diesen Entwurf, der andere Nebenfiguren zeigt
als das ausgeführte Bild, dann in einer heute im Museum in
Lille aufbewahrten eigenen Zeichnung umgestaltet. Die Neu
erwerbung, deren wissenschaftliche Veröffentlichung der Ber
liner Raphael-Forscher Prof. Dr. Oskar Fischei, vorbereitete,
ist 1505 zu datieren. Damals malte Raphael das Berliner Ge
mälde, das früher in Genua war und dann 1854 von dem Duca
di Terranuova erworben wurde. Der Meister stand damals
am Beginn seiner Florentiner Jahre, und die Madonna zeigt
den Einfluß der Meister von Florenz, ihre Handbewegung hat
er von Lionardos berühmter Madonna in der Felsgrotte in
spirieren lassen, die Kinder allerdings, der Christusknabe, der
kleine Johannes und der reizende kleine Engel auf Mariens
anderer Seite zeigen den Meister noch in der Tradition seiner
umbrischen Heimat, deren Landschaft in dem schönen Hinter
gründe des Bildes erscheint.