Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde,
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
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14. Jahrgang. Wien, 1. Februar 1922. Nr. 3.
S/st die „tJifßeriina“ Bedroht?
Eine ‘Unterredung mit dem Direktor der Uitßertina, EKofral T>r. JTleder.
Aus New-York kommt die Nachricht, daß die
Wiener „Albertina“ durch Machenschaften zweifel
hafter Art dem ehemaligen Erzherzog Friedrich zu
gesprochen und von diesem für sechs M i 11 i o n e n
Dollar an ein amerikanisches Konsortium
verkauft wurde, das nun bestrebt ist, die einzig
artige Sammlung nach Amerika zu verschieben. Die
Albertina, so wird in der Meldung betont, gehe dadurch
nicht allein Wien und Europa, sondern der ganzen Welt
verloren, da es auf der Hand liege, daß das Konsortium
sie nicht einheitlich erhalten, sondern in ihre Bestand
teile auflösen würde. Die Kultur verliere ein Werk, das
in gleicher Vollkommenheit kaum je wieder werde
erstehen können.
So die amerikanische Meldung, deren Unwahr
scheinlichkeit uns!'sofort in die Augen sprang. Wir
wandten uns nichtsdestoweniger an den Direktor der
Albertina, Herrn Hofrat Dr. Meder, mit der Bitte, sich
über die Sache äußern zu wollen. Herr Dr. Meder hatte
die Liebenswürdigkeit uns folgendeAufklärungen zu geben:
An der ganzen Nachricht ist erfreulicherweise kein
wahres Wort; sie ist nicht nur vom Anfang bis
zum Ende aus den Fingern gesogen, sondern auch ihrer
ganzen Struktur nach einfach unmöglich.
Durch das Gesetz vom 3. April 1919, das alle
Fideikommisse aufhob, alle Güter der Habsburger ent-
eignete, und, soweit sie nicht Privateigentum waren,
auch übernahm, gelangte die Albertina in den Besitz
der Republik Oesterreich. Die Albertina war nämlich
auch ein Fideikommiß, das Erzherzog F’r i e d r i c h von
seinem Oheim, dem Erzherzog A 1 b r e c h t, übernahm.
Getreu den Traditionen seines Hauses hat der Erzherzog
den Schatz der Albertina nach Kräften gemehrt. Seit
dem Jahre 1895, wo er an ihn fiel, bis zum Umsturz
hat der Erzherzog eine Reihe von kostbaren Blättern
von Menzel, Liebermann,Stuck, Thoma undKlinger
— die K 1 i n g e r sind heute einfach unbezahlbar —
erworben und in die Albertina eingestellt. Diese Neu
erwerbungen, die allerdings nur einen verschwindenden
Bruchteil der Albertina ausmachen, sind vom Staate als
P r i v a t e i g e n tu m des Erzherzogs aner
kannt worden, über das er selbstverständlich nach
Gutdünken verfügen darf. Steht es also im Belieben
des Erzherzogs, sein Eigentum zu verkaufen oder zu
verschenken oder auch an einen anderen Ort bringen
zu lassen, so glaube ich nicht, daß es in seinen Inten
tionen liegt, irgend eine Veränderung in ihrem Verbleib
eintreten zu lassen. Diese Erwerbungen, die ich selbst
durchgeführt habe, die mein Lebenswerk ausmachen,
dessen Zersplitterung mich in erster Linie bitter treffen
würde, sind vollständig und unversehrt, wie früher, auch
jetzt hier in der Albertina und ich bin überzeugt, daß
sie hier auch bleiben, wie ja der Erzherzog auch seine
Privat-Bibliothek bis zum heutigen Tage in
diesem Hause belassen hat, ohne auch nur einen einzigen
Band ihr entnommen zu haben.
Was das der Albertina von der Entente zugestandene
Recht anbelangt, durch Tausch die Sammlungen zu
bereichern, da ja der Staat jetzt selbstverständlich keine
Mittel dafür aufbringen kann, so handelt es sich immer
nur um Dubletten. Wir haben von diesem Recht
bisher in sehr geringem Aus m a ß e Gebrauch
gemacht und nur einige unbedeutendere Dubletten im
Tauschwege gegen Neuerwerbungen abgegeben. *)
Es ist mir, schloß Hofrat Dr. Meder, ganz unfaßbar,
wer ein Interesse daran haben kann, in Ueberseeländern
derart aufreizende Nachrichten über die altehrwürdige
Albertina zu verbreiten. Ich kann mir nur vorstellen,
daß es Faktoren sind, denen es durchaus nicht auf den
Kunstschatz der Albertina und auf dessen Verbleiben
im österreichischem Staatsbesitze, sondern darauf an
kommt, dem gewesenen Erzherzog, der sich der Angriffe
nicht erwehren kann, eins am Zeuge zu flipken. Die
Albertina ist Staatseigentum, an dessen Besitz durch
keinerlei Machenschaften gerüttelt werden kann, unver
äußerliches Eigentum des österreichischen Volkes.
* Damit sind auch die Gerüchte widerlegt, die beharrlich
davon wissen wollen, daß sehr wertvolle Blatter aus der „Al
bertina" getauscht ^wurden. Anmerkung der Redaktion.