MAK
internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 3 
Seite 22 
Line Sriffparzer-LRusstelfung in c (Dien. 
Der 50. Todestag Franz Grillparzers gab der 
Stadt Wien die willkommene Gelegenheit, im Städtischen 
Museum eine Spezialausstellung zu veranstalten. Es ist 
dies nach der 1891 zum 100. Geburtstage des Dichters 
ebenfalls in den städtischen Sammlungen arrangierten 
Grillparzerausstellung die zweite, die die Stadt ihrem 
größten Dichter widmet. Während aber die Ausstellung 
des Jahres 1891 in weiterem Rahmen Grillparzer und 
seine Zeit umfaßte, gibt die gegenwärtige auf Grill 
parzer und die ihm Nahestehenden konzentrierte Aus 
stellung ein vertiefteres und vollkommeneres Bild des 
Dichters und seines Lebenswerkes. 
Die Ausstellung schließt sich dem historischen 
Grillparzer-Zimmer (das von Katharina Fröhlich 
gespendete Sterbezimmer aus der Spiegelgasse) an und 
beginnt mit den Stammbäumen väterlicher und mütter 
licher Seite. Unter den Erinnerungen an den Vater, 
einen Wiener Advokaten, der in dürftigen Verhältnissen 
gestorben .ist, befindet sich die gedruckte Doktors- 
disserdation: „Appelazion an den römischen Stuhl“. 
Das ganz im josefinischen Geist gehaltene Buch wurde 
verboten und auf den Index gestellt. Das Geburtshaus 
Grillparzers in dem engsten Innern der Stadt Wien, der 
Schottenhof, in dem er als Gast einer guten Tante die 
„Sappho“ schrieb, die Freunde und Förderer des 
Dichters, Graf Stadion, den er für einen der bedeu 
tendsten Menschen erklärte, Schreyvogel, der ihm den 
Weg zum Theater öffnete, Raimund, Lenau, Bauernfeld 
usw. sind in Bildern, bezw. Büsten zu sehen, auch die 
Karikatur Gauls, auf der Grillparzer als Sappho, Hebbel 
mit dem Haupte Emil Kuhs als Judith erschienen, dann 
Laube, der Burgtheatherdirektor, den Grillparzer „seinen 
Paladin“ nennt, Dr Preyß, sein letzter Arzt usw. 
Eigene Abteilungen sind Grillparzers Beziehungen 
zu G o e t h e, zur Musik und zu den Frauen gewidmet. 
Die handschriftliche Tagebuchstelle ist ausgebreitet, auf 
der Grillparzer von seinem Besuch bei Goethe in 
Weimar berichtet. Fünfunddreißig Jahre alt war damals 
Grillparzer, und er weinte wie ein Kind vor Aufregung, 
als ihn der greise Olympier bei Eier Hand nahm und 
zu Tisch führte. Ein reizendes Bildchen zeigt Alma von 
Goethe, jene Enkelin Goethes, die in Wien starb und 
auf deren Tod Grillparzer eines seiner bekanntesten 
Gedichte geschrieben hat. Es fehlen nicht die für 
Schubert geschriebenen Texte und eigene Kompo 
sitionsproben Grillparzers im Original, Briefe an und 
von Beethoven, die Schwestern Fröhlich in Bildern 
und andre Reliquien etc., eine allerliebste Nähkassettc 
der ewigen Braut Grillparzers. Vom Ewigweiblichen, 
das auf den Dichter stärksten Eindruck machte, auch 
nicht jene schöne Schauspielerin Marie Dorf Finger, 
die ihr Mann selbst malte. Dann die ersten Entwürfe 
S c h w i n d s zu den Bildern aus Grillparzers Dramen, 
die die Frauen Wiens dem Dichter zum 80. Geburtstag 
widmen wollten, die aber infolge Hinscheidens des 
Künstlers nicht fertig wurden. 
Sehr übersichtlich ist Grillparzer in seinem Ver 
hältnis zum Theater dargestellt. Aber gerade von der 
allerersten Grillparzeraufführung, der „Ahnfrau“, mit 
Hofburgschauspielern im Theater an der Wien, hat 
sich trotz alles Suchens der Theaterzettel nicht gefun 
den. Die Berühmtheiten des Theaters, die noch in unsre 
Tage ragen und große Grillparzer-Rollen spielten, S onne n- 
thal, der erste König in „Esther“, Frau Wolter im 
Kostüm der Hero und Sappho, 8as Kleid im Gesclnnacke 
jener Zeit, trotz allem Klassizismus — mit Tournüre. 
Zu dem Interessantesten der Ausstellung gehört die 
von Dr. Katann nach bestimmten Gesichtspunkten 
angeordnete Auswahl aus den im Besitz der Stadt 
Wien befindlichen Manuskripten Grillparzers. Das erste 
Drama, der Einakter, „Die unglücklichen Liebhaber“, eine 
Satire auf die Professoren des jungen Grillparzers, 
dann das historische Drama „Lucretia“, das Lustspiel 
„Die Schreibfeder“ in verschiedenen Fassungen aus den 
Jahren 1807 und 1808. Das Drama „Alfred der Große“, 
das der Student Grillparzer als Hofmeister beim Grafen 
Seilern in Mähren schrieb. Damit man ihm die Zeit 
vergeudung nicht nachtrage, mit der Bemerkung: „Aus 
dem Englischen“, was den Eindruck einer Ueber- 
setzungsübung wecken sollte. Von „Sappho“, die fünf 
Akte, die in der knappen Zeit vom 1. bis 21. Juli eines 
Jahres fertig wurden. Federzeichnungen Grillparzers zu 
seinem Drama: „König Ottokars Glück und Ende“, noch 
mit dem Titel „Eines Gewaltigen Glück und Ende“ 
usw. usw. „Melusine“, zuerst als Kinderballett bearbeitet, 
dann als Libretto zu einer Oper Beethovens, die be 
kanntlich nie fertig wurde. (Konradin Kreutzer hat 
dann die Vertonung vorgenommen.) 
Einen aparten Reiz bieten die „g e h e i m e n 
Papi che“, die eben jetzt aus Anlaß des 50. Todes 
tages geöffnet werden durften. Es sind 18 Tagebuch 
blätter und Briefe, die aber größtenteils schon durch 
die Abschriften bekannt waren, die ein Vetter Grillparzers, 
Freiherr von R i z y, vor ihrer Versieglung gemacht 
hatte. Neu sind zwei verschiedene Entwürfe für Ab 
schiedsbriefe an Kathi Fröhlich, die Widmung des 
goldenen Vließes an Desdemona (Charlotte v. Pau m- 
g a r 11 e n) ein humoristisches Gespräch zwischen Hof 
schauspielern, das mit Ko berwein beginnt, und die 
nicht immer einwandfreien Sitten des losen Künstler 
völkchens mit satirischer Laune glossiert und endlich 
der Entwurf eines Gnadengesuches für seinen unglück 
lichen Bruder. Das Gesuch selbst ist trotz jahrzehnte 
langen Bemühens der Grillparzerforscher bisher nicht 
aufgefunden worden. 
LPreise für 9fas und LPorzeffan. 
Die Versteigerung des ersten Teiles der Sammlung 
Dr. Max Strauß, die Glückselig & Wärn- 
dorfer in Wien vom 16.—20. Januar unter ungemein 
großer Beteiligung von Sammlern und Kunsthändlern 
durchführte, hat die kühnsten Erwartungen übertroffen. 
Der Erlös beträgt rund K 195,000.000.—, und erhöht sich 
mit dem 20prozentigen Aufschlag auf K 234,000.000.—. 
Es wurden für die Gläser und Porzellane Preise bezablt, 
wie sie noch nicht da waren: Die Schätzwerte wurden 
in den meisten Fällen um das Drei- und Vierfache 
überboten. Als Käufer traten hauptsächlish deutsche 
Händler auf, die sich vergnüglich die Hände rieben. Bei 
dem hohen Kursstand der Mark hatten sie trotz der 
enormen Summen, die sie anlegten, sehr billig gekauft. 
Nachstehend die erzielten Preise: 
GLAS. 
Nr. 1 Deckelvase mit gerissenem Dekor, Hall in Tirol, 
zweite H. 16. J. 2,100.000. Nr. 2 Stangenglas mit Emailmalerei, 
Süddeutschland (Franken), um 1580, K 290.000. Nr. 3 Glas 
scheibe, Schweiz, 1585, K 260.000. Nr. 4 Stangenglas mit Email-
	        
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