MAK
Internationale 
.Sammler-Zßifuiyi 
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
15. Jahrgang. Wien, 1. Juli 1923. Nr. 13. 
c Der SJliniaturisi Ji. u. JTledvey. 
Von Alexander Haj deck i, Wien. 
Gelegentlich der Miniaturen-Ausstellung in L ejn- 
berg im Jahre 1914 tauchte zum ersten Male der 
Name eines „A. v. Medvey“ signierenden Minia 
turisten auf, ohne daß bis dahin auch die geringste 
Kunde über die Persönlichkeit desselben in die Oeffent- 
lichkeit gedrungen wäre. Der Katalog dieser Ausstellung 
verzeichnet gleich zehn Stück seiner Miniaturporträts 
auf Elfenbein von einer Qualität und Klasse, daß dieser 
unbekannte Künstler das größte Interesse der Kunst 
historiker wachrief. Nur weil sämtliche Stücke aus 
Lemberger Privatbesitz stammten und Personen der 
Lemberger Gesellschaft darstellten, glaubte man an 
nehmen zu müssen, daß sich der Künstler um 1840 
durch längere Zeit dort aufgehalten habe (einige waren 
1842 und 1844 datiert), der Stil allerdings wies auf die 
Wiener Schule hin. 
Neulich kam mir ein interessantes Damenbildnis in 
der feinsten Miniaturtechnik, aber in Lebensgröße mit 
der Signatur: „A. d. M. 1858“ unter die Hand. Mir 
war es gleich, als ob ich es mit unserem Unbekannten 
zu tun hätte und die Vergleichung der Schriftzüge mit 
den vollen Signaturen der Lemberger Bilder, deren 
eines dem Katalog in farbiger Reproduktion beigegeben 
war, ließ tatsächlich keinen Zweifel übrig, daß es ein 
Werk des A. v. Medvey sei. Diese glückliche Ent 
deckung veranlaßte mich Nachforschungen nach dieser 
interessanten Persönlichkeit anzustellen. Dieselben 
zeitigten ein so befriedigendes Resultat, daß uns A. v. 
Medvey nunmehr in vollem Lichte entgegentritt. 
Der Künstler heißt August von Medvey, 
und kommt wirklich nicht nur vermöge seiner Geburt 
und des in Galizien gelegenen landtäflichen Guts 
besitzes, sondern auch seines zehnjährigen Wirkens 
und ständigen Wohnsitzes in Lemberg, auf das Konto 
der polnischen Kunstgeschichte zu buchen, für die ich 
eine umfassende Biographie zu veröffentlichen mir Vor 
behalte. Da jedoch Medvey die Wiener Akademie fre 
quentierte, als Miniaturist aus der Wiener Schule her 
vorgegangen ist, und sein Name über kurz oder lang 
einen ehrenvollen Platz in der Kunstliteratur einnehmen 
dürfte, so erachte ich es für angezeigt, schon jetzt die 
breitere Oeffefltlichkeit mit ihm näher bekannt zu machen. 
Die Familie des Künstlers ist wohl deutschen Ur 
sprungs, stammt aber aus Ungarn, wo sein Urgroßvater 
Adam Beer oder Bär (geb. 1714) als k. k. Oberst 
leutnant im Jahre 1765 in den ungarischen Adelsstand 
erhoben und hiebei im Adelsdiplom mit dem auch ins 
ungarische verdolmetschten Namen „Beer alias Medvey“ 
bedacht wurde. In der Folge behielt die Familie bloß 
den Namen „Medvey“ bei und blüht noch heute ein 
Zweig derselben in Ungarn. 
Der Vater unseres Künstlers, Josef siedelte sich 
um 1800 in Galizien an, wo er Baronesse Ludovika 
Jorkasch-Koch in Lemberg heiratete und sich der Be 
wirtschaftung seines großen Gutes Stupnica im Sam- 
borer Kreis widmete. Josef Medvey hatte zwölf Kinder, 
unser August war als drittes Kind im Jahre 1814 in 
Lemberg geboren. 
Während die anderen drei Söhne Josef Medveys 
sich dem Militärdienste widmeten und bei der kaiserl. 
Leibgarde dienten, ergriff August, einem inneren Drange 
folgend, sehr gegen den Willen des Vaters, der den 
Künstlerberuf fjir eines Edelmannes unwürdig hielt, die 
Künstlerlaufbahn, mußte jedoch vorerst die juridischen 
Studien in Lemberg absolvieren. Nach deren Be 
endigung ging er nach Wien, wo er am 28. Mai 
1834 in der Akademie der bildenden Künste immatri 
kuliert und gleich in die von Kupelwieser geleitete 
Klasse der „Zeichnung bei den Antiken“ aufgenommen 
wurde. Er muß also schon in Lemberg Unterricht im 
Zeichnen genossen haben. In der Akademie verblieb 
er nur bis Ende 1836, indem er noch den Sommerkurs 
mit guter Fortgangsklasse absolvierte. 
Schon aber im nächsten Jahre, 1837, stellt Medvey 
laut dem gedruckter! Katalog der Akademie „im 
Portrait“ aus, und im zweitfolgenden Jahre, 1839, eine 
„Madonna nach Guido Reni“ und „vier Stück Portraite 
in Aquarell“. Das waren natürlich Miniaturen, aber 
dieser technische Ausdruck scheint damals noch nicht 
recht eingebürgert gewesen zu sein. 
Aus dem bisher Gesagten ist es klar, daß Medvey, 
da er bloß zwei Jahre den akademischen Unterricht 
„bei den Antiken“ genossen hatte, und unmittelbar 
darauf mit ausstellungsreifen Arbeiten „in Aquarell“ in 
die Oeffentlichkeit getreten ist, sich die Miniatur 
technik nicht in der Akademie angeeignet haben konnte, 
daß er daher gleichzeitig einen Spezialunterricht in 
diesem Kunstfache genossen haben müßte. Als Lehr 
meister käme in erster Linie der damals im Zenith 
seiner Produktivität und Popularität gestandene, allge-
	        
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