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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 16
„Den Rennpferden geht es doch aucli nicht anders;
der Stall bekommt den Preis, das Pferd den Hafer“.
*
Objektivität.
Menzel lag schwer krank zu Bett.
Einen Moment lang hatte er die Augen offen; in
einem Winkel des Zimmers standen die Aerzte und
berieten sich mit leiser Stimme.
Menzel schlief wieder ein.
Als er dann wohl genug war, wieder den Stift zu
führen, skizzierte er die Männergruppe im halbdunklen
Zimmerwinkel. Das war ihm das Wesentlichste an seiner
Krankheit.
Gfironifi.
BIBLIOPHILIE.
(Busoni als Bibliophile.) Der große Tonkünstler
FerrucioBusoni, der kürzlich verstorben ist, gehörte zu den eifrig
sten Bibliophilen Deutschlands. Schon seit vielen Jahrzehnten war
er ein ständiger Gast aller Buchhandlungen, die sich mit dem
Verkauf seltener und kostbarer Bücher befassen. Er gehörte zu
den größten Kennern besonders der Erstausgaben der deutschen
Literatur. Man konnte ihn stundenlang in Antiquariaten sitzen
sehen, umgeben von einer ungeheuren Anzahl seltener Schriften,
die er mit Kennerblick auf Jahr des Erscheinens, auf Seitenzahl,
kurz auf alle die Anzeichen prüfte, aus denen ein Fachmann
die wirkliche Qualität eines Buches ersieht. Besonders hatten
es ihm die illustrierten Werke der deutschen Literatur angetan.
Die kleinen genealogischen Kalender mit den Kupferstichen von
Chodowiecki, Meil u. a. berühmten deutschen Kupferstechern,
kaufte er, wo er sie erhalten konnte. Eine besondere Vorliebe
hatte er für die Erstausgaben und illustrierten Werke von
Goethe. Seine Bibliothek weist eine ungeheure Anzahl von
Goethe-Schriften auf, wie sie vielleicht selten ein Sammler zu
sammengebracht hat.
(Eine kostbare Bibliothek.) Wie aus Kopen
hagen mitgeteilt wird, soll jetzt die wertvolle Sammlung von
mehr als 20.000 chinesischen Büchern, welche Knut-Krin-
A d a n der königlichen Bibliothek in Kopenhagen vermacht hat,
katalogisiert werden. Die Sammlung enthält zahlreiche seltene
Werke und alte buddhistische Handschriften, die zum Teil aus
der Zeit um 900 stammen.
BILDER.
(Die J agd nach dem Palma Vecchio.) Aus
Budapest wird uns geschrieben: Als Besitzer des Palma
V e c h i o, von dem in Ihrer letzten Nummer die Rede war, ist
Dr. Bela K o v a c s eruiert worden. Dr. Kovacs zeigte sich bereit,
gegen Ersatz seiner Kosten, die er mit 5000 Dollar beziffert,
den Versteck des Bildes bekanntzugeben, der Finanzminister ver
langte jedoch, daß Dr. Kovacs mit Rücksicht auf das Prestige
des Staates, ohne ein Versprechen von seiten der Regierung,
angeben solle, wo sich das Bild befinde. Da Dr. Kovacs auf
dieses Verlangen nicht einging, wurde er in Haft genommen.
Auf die weitere Entwicklung der Affäre ist man mit Recht sehr
gespannt.
(Ein neuer Botticelli.) Ein Spätwerk des großen
Florentiners ist, wie man uns aus Rom meldet, von dem Direktor
der Vatikanischen Bibliothek entdeckt worden. Es ist eine bisher
völlig unbekannte Darstellung des hl. Sebastian. Das Werk be
fand sich im Castel Gandolfo und wurde für das vatikanische
Museum angekauft.
NUMISMATIK
(M ü n z a u k t i o n in B r a u n s c h w e i g.) In Br-aun-
schweig fand seit dem Jahre 1756, in dem die Münzen
sammlung des Herzogi. Braunschw.-Lüneburgischen Geheimrats
und Regierungspräsidenten August Adolph von Gramm in
Wolfenbüttel zur Versteigerung gelangte, zum erstenmale wieder
am 30. Juni und 1. Juli eine Münzauktion statt. Von der Firma
Dr. phil. Franz Ferdinand Kraus, in deren Geschäftsräumen,
Kaiser Wilhelmstraße lb veranstaltet, war die Auktion gut be
sucht und nahm einen befriedigenden Verlauf. Es gelangten
speziell Münzen und Medaillen von Braunschweig und Nieder
sachsen zur Versteigerung. Es wurden u. a. nachstehende Preise
erzielt: Nr. 43 Friedrich-Ulrich, Breiter, fünffacher Taler 1624
M 420. Nr. 44 Desgl., Vierfacher Taler M 235. Nr. 69 August
der Jüngere, Breiter, fünffacher Taler 1655 M 590. Nr. 75 Desgl.,
Breiter Doppeltaler 1666 auf den 88. Geburtstag M 190. Nr. 116
Rudolf August, Breiter, vierfacher Lautentaler 1685 M 1000.
Nr. 117 Desgl., Breiter, dreifacher Lautentaler 1685 M 275.
Nr. 167 August Wilhelm, Harzgold-Dukat 1729. Nr. 323 Fried
rich zu Celle, Breiter, dreifacher Ausbeutetaler 1647 M 370.
Nr. 358 Johann Friedrich, Breiter Doppeltaler 1677 M 210.
Nr. 370 Ernst August, Breiter Doppeltaler, 1681 M 190. Nr. 428
Georg III., Silberne Medaille 1782 auf die Belagerung von
Gibraltar M 225. Nr. 450 Georg III., 16 Gute Groschen Kon
ventionsmünze, Feinsilber 1820 M 180. Nr. 561 Stadt Bremen,
Doppelter Dicktaler 1657 M 1000. Nr. 583 Stadt Hameln, Taler
1556 M 250. Nr. 677 Erdmuthe Sofia, Doppeldukat 1654 M 350.
(Richard Wagner Gedenkmünzen.) Aus Anlaß
der Festspiele in Bayreuth hat der Porzellan-Kunstverlag
Max Oertelin Dresden zwei Richard Wag ne
Gedenkmünzen prägen lassen. Die eine zeigt das Bild des 4
Meisters aus den Siebzigerjahren, zur Zeit als er den Nibelungen -
ring schuf, die andere das Bayreuther Festspielhaus.
VERS CHI ED EN ES.
(Richard Moser f.) In W i e n ist am 2. August der
Maler und Radierer Richard Moser nach kurzer Krankheit
gestorben. Moser, der erst im 49. Lebensjahre stand, hatte seinen
ordentlichen Wohnsitz in Salzburg, dessen bauliche Sehens
würdigkeiten er in einer Reihe- vorzüglicher Vedutten festhielt.
Er kam aber auch oft nach Wien und malte und radierte auch
hier alles, was seinen Pinsel, bezw. Stift anzog, so insbesondere
die alten Kirchen. Im Sommer vorigen Jahres veranstaltete
Alfred Wawra, der immer dabei ist, wenn es sich darum
handelt, ein Talent zu fördern, eine Ausstellung der Werke
Mosers, die in Sammler- und Liebhaberkreisen viel Beachtung
fand und Moser zahlreiche Aufträge einbrachte.
(Ein Bernini-Fund im E s k o r i a 1.) Jn der Be
gräbniskapelle der spanischen Könige wurde von Be mini ein
bronzenes Kruzifix aufgestellt, das König Philipp IV. dem
römischen Meister in Auftrag gegeben hat. Dies Kruzifix, das
bisher als verschollen galt, hat jetzt Dr. Hermann V o ß, Kustos
am Berliner Kaiser-Friedrich-Museum, in einem anderen Raume
des Eskorial wiedergefunden. Damit ist von dem Hauptmeister
des Barock eine Arbeit wiedergewonnen, die unter seinen
Bronzewerken unbedenklich an eine der ersten Stellen gerückt
werden muß. Das Kruzifix, das ursprünglich an einem Kreuzes
schaft von schwarzem Marmor innerhalb einer runden, von
Pilastern eingefaßten Nische hing, zeigt die für Bernini charakter
istische bewegle Führung des Umrisses und dazu eine hohe
Feinheit der Jnnenmodellierung.
(Ausstellung im Kestner-Museum.) In dem
graphischen Kabinett desK e stner-Museumsin Hannover
wurde eine Ausstellung von Werken des Berliner Malers Karl
Blechen eröffnet, die aus der Berliner National-Galerie ent
liehen waren. Aus dem eigenen Besitz des Museums waren
dazu Zeichnungen der Deutsch-Römer, die der Gründer des Muse
ums, Kestner selbst, als „Römische“; gesammelt hat, ausgestellt.
Der Vergleich ist sehr lehrreich; während Blechen in seinen
Werken durchaus als Romantiker und selbst in den italienischen
Studien als malerisch empfindender Naturalist erscheint, sind
die Zeichnungen der Schnorr v. Carolsfeld, Fohr, Koch usw.
ganz linear und idealisiert gesehen; zwei Welten, die dort gleich
zeitig bestanden haben, scheinen sich hier in dem kleinen Saal
des Kestner-Museums getroffen zu haben.
Dr. Fritz W e d e k i n d.
(Die Karte eines römischen Legionärs.) Ein
überaus interessantes Fundstück, das bei den letzten Grabungen
zu Salihiyehd in den Nähe von Damaskus entdeckt wurde,
war der Gegenstand eines Vortrags, den der französische
Archäologe Franz C u m o n t in der Pariser Akademie der In
schriften hielt. Es handelt sich um den Teil eines Schildes, auf
dessen Lederbespannung eine Karte aufgemalt war, wie sie die
römischen Legionärre zu ihrer besseren Orientierung mit sich
führten. Der Schild gehörte einen Bogenschützen aus dem 3.
Jahrhundert. Auf der Karte ist das Meer blau gemalt, Schiffe
sind darauf angedeutet, das Land ist rot gegeben mit blau ein
gezeichneten Flüssen. Auf der Karte sind in Griechisch die ver
schiedenen Stationen angeseichnet, an denen die Legionen auf
ihren Märschen haltmachen sollen, und die Entfernungen sind
in Meilen dabei angemerkt. Die Route beginnt mit dem Ab
marsch von Odessus, dem heutigen Warna und geht dann über
Callatis (Mahgalia) und Tom (Konstanza) nach der Donau und
dann quer durch Bessarabien und Südrußland nach Heraclea
Chersonosus (Sebastopol) in der Krim. Die Karte ist ein Beweis
dafür, daß die Römer unter dem Kaiser Severus Garnisonen in
Südrußland, zu Tyras (Akkermann), Olbia (an der Mündung des
Bug) und aufdem Chersones besaßen, die durch gute Chausseen