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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 1
maligen bürgerlichen Porträtkunst gehalten. Der längliche
schmale Kopf mit blauen Augen und einer auffallend langen
Nase ist von einer blonden Perücke umrahmt. Ein brauner
Rock, nach unten aufgeschlagen und mit hohen Taschen ver
sehen und eine grüne Weste geben mit einem Spitzenjabot
und gleichen Spitzen an den Aermeln dem Bilde koloristisches
Leben. Mit besonderer Sorgfalt ist die linke Hand gemalt,
deren kleiner Finger etwas ostentativ jenen Ring zur Schau
trägt, den Maria Theresia 1762 nach einem Konzert am Wiener
Hofe dem sechsjährigen Wunderbüblein schenkte. Die Figur
Mozarts hebt sich von einem dunkelgrünen ovalen Hinter
grund ab. Der Zustand des Bildes, das von Direktor .Julius
Leise hing begutachtet wurde, ist im allgemeinen sehr gut.
Es ist nur an einigen wenigen Stellen übermalt.
PHIL ATEL IE.
(Neuheiten.) An Neuheiten liegen vor: Deut
sches Reich: Wohltätigkeitsfreimarken 5 (+ 5) Pf. grün,
ockergelb und zinnoberrot, 10 (•+ 10) Pf. karmin und ocker
gelb, 25 (+ 25) Pf. blau, ockergelb und karmin, 50 (+ 50) Pf.
dunkelbraun, ockergelb, blau und zinnoberrot. — Frank
reich: 75 Cent, rotiila (Säerin), 90 Cent. Zinnober (Pasteur).
- Polen: 40 Groszy hellblau (Schloß Wawel in Krakau),
Nachportomarke 10 Cr. braun (nachgravierte Zeichnung).
Portugal: 4 Cent, gelborange. — Togo: 10 Frcs. braun
und rot, 20 Frcs. rotbraun und schwarz auf gelb. Zanzi
bar: 3 Cents orange, 50 Cents braun.
(Beethoven - Gedenk postkarten.) Die öster
reichische Postverwaltung beteiligt sich an der Beethoven-
Jahrhundertfeier durch die Ausgabe von Beethoven-
Gedenkpostkarten, die auf der Rückseite das Bildnis
des Tonheros, umrahmt von Darstellungen der bekanntesten
Beethovenhäuser, tragen werden. Die Karten, die im März
zur Ausgabe gelangen, werden zum Nennwert der aufgedruck-
ten (10 Gr.) Marke verkauft werden.
(Die Luxussteuer auf Briefmarken) ist in
Oesterreich erheblich herabgesetzt worden. Seit 1. De
zember v. J. wurden für Briefmarken P r e i s g r e n z e n fest
gesetzt, bis zu denen, auch beim Verkauf an Sammler, keine
erhöhte, sondern nur die 20%ige Warenurnsatzsteuer cinge-
iiöbuti wird. Die Grenzen sind 50 Schilling für eine Einzel-
inarke und 120 Schilling für einen Satz Marken.
VERSCHIEDENES.
(Claude Monet f.) Wie ein Denkmal aus einer ver
gangenen Epoche ragte Claude Monet, der am 5. Dezember
gestorben ist, in unsere Zeit herein. Er war einer der klassi
fizierten, rubrizierten Maler, die einen Abschnitt der Kunst
geschichte geformt haben. Als der im Jahre 1840 Geborene
unter dem überwältigenden Einfluß Manets seine ersten Bil
der schuf, war der Malerei auf eine uns heute unerklärliche
Weise einer der wichtigsten Faktoren unbekannt — die Luft.
Noch immer fehlte der ganzen Bildfläche jene Vibration der
in der Luft aufgelösten Umrisse, die Monets Kunst als große
Neuerung brachte. Monet und sein Kreis, die mit dem im
Laufe einer Prcssepolemik eingeworfenen Namen „Impres
sionisten“ bezeichnet wurden, hatten die Luft und ihre Wir
kung entdeckt. Er ging von der Voraussetzung aus, daß das
Sonnenspektrum, das sich zum weißen Licht zusammenfügt, auf
der Leinwand in dieselben Farbteile zerlegt werden könnte, um
durch das Prisma des Menschenauges wieder zusammengefaßt
zu werden. Eine vollkommene Auflösung und Zertrümmerung
der Form wurde verlangt. Monet malte immer wieder das
selbe Motiv, in den wechselnden Beleuchtungen des Tages. 1890
kamen seine ersten Serienbilder. 1894 malte er 17 Bilder der
Kathedrale von Rouen, dann kamen die Serien der Pappelbilder
und die Morgen an der Seine. In den Jahren 1900—1904 malte
er in London die 39 Ansichten der Themse, 1912 entstanden
die 29 Ansichten Venedigs. Die Treue, mit der er das zu jeder
Stunde wechselnde Licht einfing, war so groß, daß die Malerin
Morisot einmal sagte: „Vor einer Leinwand Monets weiß
ich immer, hach welcher Seite ich meinen Sonnenschirm hal
ten muß.“
(Sonderausstellungen der Galerien Thann
hauser i n B e r 1 i n.) Die Galerien Thannhauser, Mün
chen und Luzern, veranstalten in den Monaten Januar bis
März große Sonderausstellungen im „Künstlerhaus“ in Ber-
1 i n, Bellevuestraße 3, wobei sie eine Ueberschau bedeutender
Werke der Malerei, Plastik und Graphik von Corot ange
fangen bis zu den Jüngsten, und von Leibi und Menzel bis
zu den Heutigen, darbieten wollen. Die Eröffnung der Aus
stellung findet am 6. Januar von 5—7 Uhr statt.
(Z u m 6 0. Geburtstage vonEmii N o 1 d e) bereitet
die Galerie Neue Kunst Fides in Dresden eine Jubiläums-
Ausstellung in den bisherigen Räumen der Dresdener Künstler
vereinigung vor. Das Lebenswerk des Künstlers wird zum
erstenmal von den früheren bis zu den letzten Gemälden ge
zeigt werden, unter Einbeziehung vieler Werke aus Museunis-
und Privatbesitz.
(Todesfälle.) In Wien verschied am 11. Dezember
Herr Dr. Horace von Lauda u, der als hervorragender Samm
ler bekannt war. Er sammelte hauptsächlich Porzellan und
Bilder. In seinem Besitze befand sich u. a. einer der schönsten
Waldmüller, die „Badenden Nymphen“. Am 19. Dezember
starb in Wien der Seniorcnef der bekannten Antiquitätcrifirma
Pollak & Winternitz, Herr Samuel P o 1 i a k, im 70. Lebens
jahre. Von dem Ansehen, das der Verewigte genoß, zeugt der
Umstand, daß er bei der Gründung der Vereinigung der Anti
quitäten- und Kunsthändler zum ersten Präsidenten gewählt
wurde. Die Vereinigung hat denn auch eine eigene Parte aus
gegeben und den Verstorbenen durch zahlreiche Beteiligung
an seinem Leichenbegängnisse geehrt. Am 25. Dezember
starb in Wien der Antiquitätenhändler Herr Max Schaf-
r a ne k. Der Verblichene, der einzige Sohn des greisen Anti
quitätenhändlers Herrn Leopold S c h a f r a n e k, hatte den
Ruf eines ausgezeichneten Porzellankenners. Vor einigen
Jahren hat er gemeinsam mit Gilhofer & Ranschburg auch
Kunstauktionen veranstaltet, die guten Erfolg hatten.
(Der Schlüssel des Wiener Carltheater s.)
Im Wiener Kunsthandel ist eine interessante Theaterreliquie
aufgetaucht: der Schlüssel des Carltheater s. Dem
Schlüssel, der selbst vergoldet ist, dient als Handgriff eine
wundervolle Elfenbeinschnitzerei, von der eine Krone mit einem
C in Goldschnitt hervorragt. Der Schlüssel ruht in einem Etui,
auf dem in Goldlettern zu lesen ist: „K. u. k. priv. Carl Theater,
angefangen am 9. Mai, vollendet am 9. Dezember 1847 von
Van der Nüll und Sicardsburg“. Der Schlüssel befand sich ur
sprünglich im Besitze des Miteigentümers des Theaters, Carl
Blase), und kam von ihm in den Besitz des Kapellmeisters
W i n t e r n i t z, von dem ihn der Kunsthändler Josef D r a c h,
I., Wollzeile 39, erwarb.
(Sonderschau des Antiquariats Max Zie
ge r t.) Aus F r a n k f u r t a. M. wird uns berichtet: Die Weih
nachtstage haben dem bekannten Antiquariat Max Z i e g e r t
Veranlassung gegeben, den Besuchern seiner Ausstellungs
räume eine Kostprobe aus den wertvollen Bestanden der gra
phischen Abteilung vorzuführen. Nicht als eine jener Son
derausstellungen des Antiquariats, die uns im Laufe des Jah
res wiederholt dankenswerte Aufschlüsse über bestimmte Zeit
abschnitte der Kunstgeschichte lieferten, sondern als eine
Schau, in der ein Nachdruck auf den kulturellen Einschlag
künstlerisch bedeutsamer Blätter gelegt wird. Wir sehen
Tanzdarstellungen aus dem vergangenen Jahrhundert,
die erkennen lassen, wie viel Zierlichkeit und Geschmack unse
ren Vorfahren eigen war. Wurde doch der gesellschaftliche
Tanz, soweit er das gemeinschaftliche Vergnügen und die.
Unterhaltung zum Zweck hatte, zu einem allgemeinen Aus
druck zeitlicher Eigentümlichkeit. Es folgen Postbilder als
kulturgeschichtliche Spezialitäten, Humoristika, Karikaturen
usw. Hervorzuheben wäre eine Satire auf Franz Liszt, ent
standen während des Aufenthaltes des Komponisten in Paris.
Es ist eine rassige Originalzeichnung von J. L y s e r, der uns
aus Heines Pariser Briefwechsel kein Unbekannter ist. Auch
auf eine Originalzeichnung der Elisa Rachei von Ed. Ratti
sei verwiesen, die den scharfen Verstand und das geistbeseelte
Auge der großen Schauspielerin vortrefflich widerspiegelt. Die
Zeichnung stammt aus dem Jahre 1855, da Rachel die Comedie-
Frangaise verließ, um drei Jahre darauf für immer die Augen
zu -schließen. Ein paar kunstgewerbliche Gegenstände, wor
unter wir auf einen prachtvollen Glasbecher verweisen, der
mit der Darstellung von Napoleon, Goethe und Wieland als ein
kulturgeschichtliches Unikum anzusprechen ist, runden die
Schau glücklich ab.
MUSEEN.
(Ein Spinoza-Museu m.) Aus dem Haag wird
gemeldet; Die Sozietas Spinozana trifft Anstalten, um das
Haus, in dem Spinoza im Haag gelebt hat, wieder in den
Zustand zu setzen, wie es zu Lebzeiten Spinozas war. Das
Haus wird in ein Spinoza-Museum umgewandelt; alle
-Gegenstände, die in einem Zusammenhänge mit Spinozas Leben
und Werk stehen, sollen in diesem Museum Platz finden Eben
so wird eine S p i n o z a - B i b 1 i o t h e k geschaffen, die alle
auf Spinoza bezüglichen und auf ihn zurückzuführenden Werke
enthalten wird.
(Das Archiv von Monte Vereine.) Das Bene-
diktinerkloster Monte V e r g i n e, der in der Nähe von
Avellino hoch in den Bergen gelegene neapolitanische Wall-
tahrtsort, hat kürzlich sein reiches und wertvolles Archiv