Nr. 17
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 149
6fironik.
AUTOGRAPHEN.
(Ein unbekannter Grillparzerbrief.) Aus
dem Nachlaß Johann Ladislaus P y r k e r s, der von 1821 bis
1827 Patriarch von Venedig, später Erzbischof von Erlau
in Ungarn war, wird jetzt ein nach Venedig gerichteter Brief
Grillparzers an Pyrker bekannt. Er stammt aus der Zeit,
da Grillparzer an „König Ottokars Glück und Ende“ schrieb,
während Pyrker, der ja selbst ein vaterlandsbegeisterter
Dichter war, an seinem Epos „Rudolf von Habsburg“ arbeitete.
Grillparzer äußerte sich in diesem Briefe aufs abfälligste über
den damaligen Stand der deutschen Literatur, indem er meint:
„Es ist gegenwärtig die Zeit, wo wir Oesterreicher uns hervor
machen müssen, wenn die deutsche Literatur nicht den Krebs
gang gehen soll, denn die anderen Germanen über der nörd
lichen Breite von Schärding hinaus sind doch sämtlich toll
geworden.“
BIBLIOPHILIE.
(Bücherauktionen im Dorotheu m.) Im Sep
tember hält die Bücherabteilung des Wiener Dorotheums zwei
Spezialauktionen ab. Die erste vom 15. bis 17. enthält in der
Hauptsache interessante Werke über Kunst, ferner illustrierte
Bücher, deutsche und fremde Literatur, Kulturgeschichte,'
Klassiker und anderes. Die zweite Sonderauktion, die für den
22. bis 24. anberaumt ist, bringt seltene Inkunabeln, Früh
drucke und Holzschnittwerke. Darunter befindet sich ein be
sonders kostbares „Cechisches Missale“ (15. Jahrhundert), die
berühmte „Kronycka Czecka“ (1541), die Bilder „Imperatorum
Romanorum omnium“, eines der prachtvollsten Holzschnitt-
werke (1559), ein seltener Sammelband von Schriften Luthers
(1589), das große Geschichtswerk Merians „Theatrum Euro-
paeurn“, mit kulturgeschichtlich kostbaren Kupfern, Rüxtiers
Turnierbuch, eine seltene Geschichte Unganrs mit dem eigen
artigen Titel „Das vormals so mächtige und edle, anijetzo
aber verwirrte Königreich Hungarn“ (1684), Vischers steier
märkische Topographie und ein monumentaler „Tresor de
numismatique“.
(Die gelehrten Arbeiten des Papstes.) Ein
Verzeichnis der zahlreichen Veröffentlichungen, die Pius XL
während seiner Tätigkeit als Direktor der Ambrosianischen
Bibliothek in Mailand und der Vatikanischen Bibliothek in
Rom herausgegeben hat, ist jetzt in Italien erschienen. Es
führt mehr als 50 verschiedene Titel an und bietet ein an
schauliches Bild der vielfältigen wissenschaftlichen Tätigkeit
des damaligen Kardinals Ratti. Die Haupt gebiete, mit denen
er sich beschäftigte, waren Geschichte, Münzenkunde, Paläo
graphie und Alpinistik; seine Arbeiten auf dem letztgenannten
Gebiet hat man auch bei uns durch die Uebersetzung seines
Alpenbuches ins Deutsche kennen gelernt.
(Ein Moissi-Buch.) Im Eigenbrödler-Verlag in Berlin
hat Hans Böhm ein Moissi-Buch herausgegeben, einen kleinen
Band, der Aeußerungen namhafter Autoren, Dichter, Dra
matiker und Kritiker über den Schauspieler M o i s s i ent
hält.. Zahlreiche Photographien, die Moissi in allen seinen
Rollen zeigen, Aufnahmen aus seinem Privatleben und einige
Zeichnungen bekannter Maler vervollständigen das geschickt
zusammengestellte Buch, das Theaterfreunden gewiß sehr
willkommen sein wird.
BILDER.
(Ein Raffael?) Aus Rom wird uns gemeldet:
In der Familie des Besitzers eines kleinen Restaurants
in C a p o 1 a g o bei Lugano, namens F o g 1 i a r d i, soll ein
echter Raffael entdeckt worden sein. Es handelt sich um ein
zweifellos sehr altes Bild, eine Madonna del Libro, das
der Familie Fogliardi im Jahre 1848 von einem italienischen
politischen Flüchtling geschenkt worden ist. Nach der Er
klärung eines italienischen Künstlers, der das genannte Bild
bei Fogliardi sah, soll es sich um ein Originalbild von der
Hand Raffaels aus dessen Jugendzeit handeln.
(Vier Rubens-Originale in Rußland ent-
d e c kt.) In einer Kirche in Lobanowa, einem Dorf im
russischen Gouvernement Tula, sind, wie die „Iswestia“ meldet,
vier Bilder entdeckt worden, die sich bei näherer Untersuchung
als Werke des Rubens erwiesen. Sie stellen Themen aus
der Kirchengeschichte dar. Von dreien dieser Gemälde sind
Kopien in der Isaakiewskikathedrale in Moskau vorhanden.
Man wußte aber bisher nicht, wo die Originale sich befanden.
Leider ist der Zustand, in denen sich jetzt die Originalbilder
befinden, wenig günstig. Trotzdem hofft man sie durch eine
vorsichtige Restauration wieder vollständig hersteilen zu
können, wonach sic wahrscheinlich in einem der russischen
Kunstmuseen untergebracht werden.
(Kartons von Michelangelo.) Der Dortmunder
Architekt und Kunsthistoriker R h e i n d o r f will in Süd
westfalen Kartons mit Vorentwürfen Michelangelos zu
dessen „Jüngsten Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle, ent
deckt haben. Der Kunsthistoriker Dr. Eyermann gibt der
Dortmunder Presse eine ausführliche Schilderung der Kartons,
die zugleich in einer Dortmunder Kunsthandlung ausgestellt
sind. Man muß natürlich abwarten, wie sich die Spezial
forschung zu diesem angeblichen Michelangelo-Fund verhält.
PHILATELIE.
(Ausstelungen und Verstcigerunge n.)
15. bis 17. Sept. Brüssel, Versteigerung Celli & T a n i.
16. September, Wien, 476. Versteigerung, Dorotheum.
17. und 18. September Graz, 6. Oesterr. Philatelistentag.
20. September, Wien, 477. Versteigerung, Dorotheu m.
22. bis 27. Sept, Brüssel, Versteigerung G e 11 y & T a n i.
23. September, Wien, 478. Versteigerung, Dorotheu m.
24. bis 26. September, Brüssel, Internationaler Händlertag.
25. September bis 2. Oktober, Prag, Ausstellung.
26. Sept. bis 1. Okt., Berlin, Versteig;., Heinrich Köhler.
27. u. 28. Sept., Wien, 97. Sonderversteigerung Dorotheum.
27. u. 28. Sept., London, Versteig. Puttik & Simpson.
29. u. 30. Sept., London, Versteig. Ha r m c r, R o o k e & Co.
30. September, Wien, 479. Versteigerung D o r o t h e u m.
2. Oktober, Essen, 6. Westdeutscher Philatelisten-Tag.
9. Oktober, C ö p e n i c k, Ausstellung.
16. bis 23. Oktober, Kopenhagen, Ausstellung.
17. bis 19. Oktober, Wien, 7. Internationaler Händlertag.
22. bis 24. Oktober, P r a g, 3. Internationaler Händlertag.
24, bis 26. Oktober, Berlin, 39. Internationaler Händlertag.
30. November, Münche n, Händlertag.
(Flugpostkarten vom Brocken.) Aus Braun
schweig wird uns geschrieben: Mit Genehmigung des
Reichspostministers wird am 9. Oktober vom Braun
schweiger Flughafen aus der erste Postflug auf den
Brocken stattfinden. Hiezu wird eine besondere Post
karte mit dem Bilde des Reichspräsidenten v. Hinden-
b u r g zu seinem 80. Geburtstag herausgegeben, die als
postalisches Kuriosum eine lOPfennig-Flugmarke und
die neue 8 Pfennig-Kopfmarke nebeneinander
gedruckt erhält. Die Karten werden mittels Flugzeuges nach
dem Brocken befördert. Die Postagentur auf dem Brocken
versieht die Karten mit dem Brocken Stempel, worauf
die Postsendung auf dem Luftwege dem Adressaten zuge
stellt wird. Dieser Postflug findet gelegentlich des zweiten
deutschen Fliegerwiedersehenstages in Braunschweig statt.
VERSCHIEDENES.
(Kronprinz Humbert als Sammler.) In einem
Artikel über den Besuch beim italienischen Thronfolger, dem
Prinzen Humbert, berichtet Edward Störer (s. „Neue
Fr. Pr.“ vom 4. September d. J): „Der Prinz ist Bibliophile
und in seiner Büchersammlung nehmen die geschichtlichen
Werke einen besonderen Rang ein. Eine spezielle Mono
graphiensammlung, erzählte er, umfaßt meine eigene Familie.
Ich glaube, daß diese Sammlung so groß ist, als die meines
Vaters. Der Prinz sammelt übrigens auch Münzen, Kameen,
Medaillen und Bronzen. Alle seine Schätze, die aus ganz
Europa zusammenströmen, läßt er photographieren und führt
genaue Aufzeichnungen über seine Sammlungen“.
(Vermächtnis des Carl von Effingha m.) Der
vor kurzem verstorbene Carl von Effing harn hat dem
Londoner Museum einige kostbare Gemälde vermacht. Die
Nationalgalery erhält unter anderem das Bildnis des
Connetable von Bourbon von Tizian und das Porträt des
Thomas Howard, dritten Herzogs von Norfalk, von H o 1 b e i n
dem Jüngeren.
MUSEEN.
(Eine Plastik von Scho y.) Das österreichische
Museum hat eine Monumental-Sandsteingruppe des heiligen
Nepomuk, von Engeln umgeben, erworben. Es handelt sich
um eine lange verschollen gewesene Plastik des bekannten
steirischen Bildhauers Jakob Schoy (f 1733), die zuerst
auf der vor etwa hundert Jahren abgetragenen Karlauer
Brücke in Graz stand.