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Internationale Sa mm ler- Zeitung
Nr. 17
(Das Museum der Einigung Italiens.) Der
italienische Staat hat das■ Geburtshaus des Freiheitskämpfers
Giuseppe Mazzini (1808 bis 1872) in Genua um den Kauf
preis von 870.000 Lire erworben, um darin ein Museum des
„Risorgimento“ einzurichten. Dieser erfolgreiche Verschwörer
hat schon im Jahre 1839 den Untergang der habsburgischen
Donaumonarchie und die Aufteilung ihrer Länder in allen
Einzelheiten vorausgesagt. Der dreimal zum Tode verurteilte
und aus neun Staaten Europas ausgewiesene Mazzini hat als
Stoiker ein Leben voll der größten Entbehrung und be
wunderungswürdiger Selbstverleugnung bis zu seinem stillen
Hingang am 10. März 1872 in Pisa geführt. Jetzt sollen in
seinem Geburtshaus alle mit dem Werke und dem Namen
Mazzinis verknüpften persönlichen Erinnerungen und literari
schen Veröffentlichungen sämtlicher Kulturvölker Aufnahme
finden.
(Der Bau des „M uzeum Narodowe“ in
Warscha u.) Aus Warschau wird uns berichtet: In den
letzten Tagen wurde mit den Arbeiten am Bau des Warschauer
„Muzeum Narodowe“ begonnen, das für die großen Sammlun
gen bestimmt ist, die sich im Besitze der Stadt Warschau
befinden. Das Gebäude wird 1929 beendet sein. Das neue
Museum wird das größte Gebäude in ganz Warschau sein;
seine Hauptfront wird 200 Meter, die “Seitenfront 90 Meter
umfassen. Die Baukosten sind mit 3 Millionen Zloty ver
anschlagt.
(Vom Pfälzischen Weinmuseum in Speyer.)
Anläßlich des 34. Deutschen Weinbaukongresses in Dürkheim
veröffentlicht der Direktor des Pfälzischen Weinbaumuseums
in Speyer Dr. Fr. S p r a t e r in der „Pfälzischen Rundschau“
einen sehr interessanten Artikel über das ihm unterstellte
Museum, dem wir folgendes entnehmen:
Die reichste Betätigung der Volkskunst in der Pfalz
steht in Beziehung zum Wein. So ist das Weinmuseum gleich
zeitig auch eine hervorragende volkskundliche Samm
lung. Zahlreiche Faßböden, Hunderte von Faßriegeln, eine
Menge alter Küfergeräte legen Zeugnis ab ton dem Können
unserer Vorfahren. Es ist dies ein Zweig der Volkskunst,
der bis zur Schaffung des Pfälzischen Weinmuseums kaum
irgendwo Beachtung gefunden hat. Weit mehr als berufsmäßige
Künstler waren es einfache Kiifermcister, welche besonders
in den stillen Wintermonaten die schönen Faßböden, Faß
riegel und Faßsprießen schnitzten. Weitaus die meisten
Schnitzereien des pfälzischen Weinmuseums sind auch in der
Pfalz entstanden.
„Die reichste Betätigung der Volkskunst in der Pfalz
Weinmuseums sind auf mannigfaltige Weise geziert. Ver
hältnismäßig selten nehmen die Darstellungen Bezug auf be
stimmte Ereignisse. Hier wäre besonders ein 1766 auf dem
zugefrorenen Rhein bei Mannheim erbautes Faß von 5600 Liter
hervorzuheben. Es trägt auf der Vorderseite, die noch Reste
der alten echten Vergoldung zeigt, den Namenszug des letzten
Kurfürsten der Pfalz Karl Theodor und seiner Gemahlin
Elisabeth Auguste. Zweimal auf der Vorderseite und einmal
auf der Rückseite finden wir in Chronogrammen die Jahres
zahl 1766. Laut Inschrift ist das Faß auf dem Rücken des
zugefrorenen Rheines von dem Hofkellernieister Karl Theodors
mit Namen Adam Bieth erbaut worden. Eine politische An
spielung dürfen wir möglicherweise auf einem aus Godram
stein stammenden Faßboden aus dem Jahre 1807 erkennen,
der die Aufschrift trägt: GESTOHLEN IST DAS ROS
DARAUF ICH IEZO REID / UND HAB DAZU GEMACHT /
VOR MICH DIE GANZ ZUR BEID. Dargestellt sehen wir
einen auf einem Hahne, reitenden Fuchs, der eine Gans trägt.
Als Eigentümer des Fasses sind Fritz Weiler und Franziska
Weilerin angegeben. Zu dieser Gruppe dürfen wir auch Ver-
lobungs- und Hochzeitsfässer rechnen. Ein Prunkstück des
Weinmuseums ist das Hochzeitsfaß des Landgrafen Wilhelm 9.
von Hessen-Hanau, der mit der Prinzessin Wilhelmine Karoline
von Dänemark vermählt war. Das Faß, das von Johann Ludwig
Seidel 1772 geschnitzt ist, zeigt die Wappen der beiden Ver
mählten. Hierzu gehört noch ein Faß von gleicher Größe mit
dem Namenszug des Landgrafen Wilhelm 9., das 1791 von
Johann Philipp Dogerloh geschnitzt wurde. Beide Fässer
kamen vor etwa 10Ö Jahren aus dem Schloß Kesselstadt bei
Hanau aus dem Besitze des Fürstprimas Dalberg in die Pfalz,
im Weinmuseum besindet sich ferner ein Faß mit dem bayri
schen Wappen, das 1867 als Verlobungsgeschenk der Pfalz
für König Ludwig 2. geschnitzt wurde.
Eine größere Anzahl von Faßböden zeigt Darstellungen
berühmter Persönlichkeiten wie z. B. Karl des
Großen, mit Vorliebe aber solche aus der Zeit der Freiheits
kriege wie den König von Preußen, Alexander I. von Rußland,
den König von Spanien, Napoleon, Blücher, den Erzherzog
Karl und Kaiser Franz I. von Oesterreich. Auch Darstellungen
von Heiligen sind sehr beliebt. So finden wir Michael,
Andreas, Sebastian, Jacobus, Philipp, Urban, Felix, Ferdinand,
Elisabeth, Dorothea und Theresia. Von allegorischen
Darstellungen sehen wir mehrfach die Jahreszeiten Frühling,
Sommer, Herbst und Winter.
Selbstverständlich spielt auch der Wein auf den Faß
böden eine große Rolle. Bacchus ist häufig dargestellt. Auch
Inschriften beziehen sich gerne auf den Inhalt des Fasses, so
lesen wir auf einem Faßboden von 1723: W1SD IHR / WO
BARTHEL / DEN MOST HOLT / GEWISZ BEI DEM MICHEL,
Ein Faßboden von 1830 zeigt uns die Folgen allzu reichlichen
Weingenusses. Zwei Zecher in Biedermeiertracht führen einen
dritten, der etwas schwach auf den Beinen ist.
lisälenlssfie und holländische
Handzeichnungen
Ostasiatica, Netzukes, Csubas
Porzellan, Bronzen
Verkauf an den Handel
Nax Hevesi, Wien I., H S *“!T
VOM KUNSTMARKT.
(Mobiliar des 18. Jahrhunderts.) Am 20. Sep
tember kommen in Rudolph L e p k e’s Kurist-Auktions-Haus
in Berlin W, 35, Antiquitäten aus dem Besitz des Herrn
Dr. Jacob! (Kiel) zur Versteigerung. Es handelt sich dabei
in erster Linie um Mobiliar des 18. Jahrhunderts.
Schöne Garnituren und einzelne Sitzmöbel der Louis XV. und
Louis XVI. Zeit, dabei solche mit geschnitzten Gestellen,
Barocksessel mit Tapisseriebezügen und besonders eine Reihe
von kleineren Kastenmöbeln und Tischen bestimmen den
Charakter der Auktion. Unter den Knüpfteppichen befinden
sich einige Gebetteppiche des 18. Jahrhunderts von besonderer
Schönheit. An älteren Möbeln sind drei Louis XIII.-Tische
vorhanden.
Von kleineren Gegenständen sind keramische Ar
beiten (China und Delft, Sevres u. a.) und Miniaturen
zu nennen.
Eine kleine Anzahl von Gemälden des 19. Jahr
hunderts, darunter viele von französischen Meistern, reiht
sich an. Hervorzuheben sind namentlich zwei schöne Arbeiten
von Gotthard Kuehl: „Nähende Waisenmädchen“ von 1884
und der „Pont Royal zu Paris“ (Pastell), ferner Bilder von
A. Edelfeldt, Phil. Rousseau, Gustave Courtois, Dagnan-
Bouveret, Carl v. Stetten u. a.
Der mit neun Lichtdrucktafeln ausgestattetc Katalog
Nr. 1983 ist gegen Portoeinsendung durch Rudolph Lepke
zu beziehen. Die Ausstellung ist geöffnet am Sonntag den
18. und Montag den 19. September von 10—2 Uhr.
(Die Sammlung eines Münchener Künst-
1 e r s.) Aus München wird uns gemeldet: Am 3. Oktober
und den folgenden Tagen findet in der Galerie Hugo H e 1 -
b i n g in der Wagmüllerstraße 15 die Versteigerung der
Sammlung eines bekannten Münchener Künstlers statt, ln
langjährigem Sammeln wurden hier eine große Anzahl Gegen
stände zusammengebracht, welche die verschiedenartigsten
Gebiete alter Kunst und Kunstgewerbes umfassen. Mit be
sonderer Liebe pflegte der Sammler die alte Volkskunst.
Dieses früher im Allgemeinen von Privatsammlern wenig be
achtete Gebiet ist durch die wissenschaftliche Forschung und
die erschienenen literarischen Arbeiten der letzten Jahre dem
Interesse wieder näher gerückt worden. Die, in dieser Gruppe
vertretenen Gegenstände sind alle mehr oder weniger kultur
historisch beachtenswert und gewähren die zahlreichen Glas
arbeiten, wie Schnaps- u. Apothekerfläschchen, Krüge, Milch
glasarbeiten, Hinterglasmalereien, eine kleine Kupfermodel
sammlung, Kassetten mit Wismutmalereien und Schnitzereien,
Votivbilder, Bauernmöbel, darunter schön geschnitzte Stühle,
Krippenfiguren usw. einen interessanten Einblick in das_
Schaffen der alten Volkskunst.
Die Keramik umfaßt außer Ton- und Steinzeugarbeiten
eine Anzahl Fayencen, unter welchen die deutschen Fabriken
mit guten, zum Teil signierten Stücken vertreten sind. Mannig
faltig sind auch die M c t a 11 a r b e i t e n, darunter Messing
sachen und Eisenarbeiten, besonders des 17. und 18. Jahr
hunderts.
Die Plastiken der Gotik und Renaissance sind nur
mit wenigen, jedoch guten Stücken vertreten; zahlreicher ist
die Barock- und Rokokoplastik, worunter mehrere reizvolle
Heiligenfigürchen und dekorative Schnitzereien Beachtung
verdienen.
Die Möbel, zum Teil geschnitzte und eingelegte
Schränke, Truhen verschiedener Art, Schreibtische, Aufsatz
möbel, Stühle, Sessel, Fauteuils stammen aus der Barock- bis
zur Biedermeierzeit, worunter wieder die Louis XVI.-Möbel