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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 7
Ein unbekannter Erstfingsdruck Qutenbergs.
Der neueste Katalog des Münchener Antiquariats
Ludwig Rosenthal enthält neben vielen anderen
Kostbarkeiten einen bisher vollkommen uu-
b e k a n n t e n Erstlingsdruck Guten-
b e r g s.
Das erste erhaltene Blatt beginnt „Seqtur registr
hui‘ libri cotines in se officia sbsripta“: Sequitur
registrum, das dritte erhaltene Blatt „Secut misse
speciales. ln festo na tiutitat' dni. In pmo gallicatu
Intro. Sequunter misse speciales. Es folgen dann 173
Blatt, von denen eines w e i ß ist, sodaß also im ganzen
176 Blatt vorhanden sind. Inmitten dieser fehlen 14
Blatt, von denen jedoch mehrere unbedruckt waren.
Dieses kostbare Unikum ist in den letzten Jahren
der Gegenstand zahlreicher Besprechungen gewesen.
Bis vor kurzem stand der hauptsächlich von Misset
H u p p und Henri Stein vertretenen Meinung, die
in diesem Missale einen Versuchsdruck Gutenbergs
erkennen wollte, eine namentlich von Adolf S ch m i dt
und Schwe n k e gestützte Ansicht entgegen, die das
Buch einem unbekannten Drucker und der Zeit um
1470 zuwies. Mußte es schon auffallen, daß letztere
Forscher den zwingenden Wahrscheinlichkeiten, die
für die Frühzeit sprechen, nur schwachbegründete
Zweifel entgegenzusetzen wußten, so wurde die Frage
doch erst durch den Fund eines zweiten Druckes vom
gleichen Typenzustande zugunsten der ersterwähnten
Ansicht entschieden. Dieser Druck ist ein aus Sank t
Blasien stammendes Missale abbreviatum von nur
72 Blättern (die beiden lezten unbedruckt), das als ein,
jedoch, in einzelnen Abschnitten abweichender Auszug
aus unserem Buche erscheint und dessen vollständige
Gleichzeitigkeit durch eine ganze Anzahl vom glei
chem Satze abgezogener Seiten erwiesen ist. Dies
nunmehr in der Bilbliothek des Benediktinerstiftes
St. Paul im Lavanttale in Kärnten befindliche Missale
abbreviatum ist ein in sich vollständiges Werk und
enthält auch noch den unserem Buche fehlenden Holz
schnitt mit dem Kruzifix. Dieser Holzschnitt aber
wird von Autoritäten wie W. L. Schreiber, W. Schmidt
und anderen auf: 1450 geschätzt. Ferner hat Hupp aus
dem St. Pauler Missale mehrere neue typologische
Beweise für das hohe Alter beider Drucke ermittelt,
sodaß die Frage nunmehr als abgeschlossen zu be
trachten sein dürfte.
Der Gutenbergdruck, der in einem gepreßten
Schweinslederband mit Beschlägen sich befindet, ist
mit 3 0 0.0 0 0 M a r k bewertet.
‘Die russischen ERronjuwefen unter dem Eftammer.
Aus L ondon wird uns berichtet:
Die Kollektion russischer Kronjuwelen, die kürz
lich ,in der „Internationalen Sammlerzeitung“ be
schrieben wurde, hat bei der Versteigerung' bei
C h r i s t i e am 16. März 8 0.5 6 1 Pfund (zirka
3 Millionen Schilling) abgeworfen. Als Hauptkäufer
traten M. Founes aus Paris und Mr. M. S. Har-
r i s und Mr. S. .J. Philipps aus London auf. Das
edelste Stück der Sammlung, der als Brosche gefaßte
große ovale, rosig-weiß getönte Brillant, der in einem
alten russischen Inventar mit 115.000 Rubel bewertet
war, fiel für 11.800 Pfund an Founes, ebenso das be
rühmte Hochzeitsdiadem, eine Krone mit zwei Reihen
blitzender Diamanten (6100Pfund), sowie ein mit zahl
reichen Diamanten und Smaragden besetztes Schmuck
stück, das einen Prachtsmaragd von mehr als 24 Karat
Gewicht enthielt (4300 Pfund). Dagegen wurde Fou
nes von B u r t o n überboten, der für 7500 Pfund eine
Brosche mit blattgemustertem Grund aus Diamanten,
einen Smaragd oben, einen länglichen Spinell und
zwei Saphiren in der Mitte und drei großen birnen
förmigen Perlen erstand.
Eine Sensation bildete der Verkauf des „Polar
sternes“, eines Prachtdiamanten von 40 “/»..Karat,
den für 11.800 Pfund S. H. Harris erwarb. Ein heri
liches Diamanthalsband von 25 schönen Steinen mit
seltener Kunst in ein Rankwerk von kleinen Diaman
ten gesetzt, die Arbeit eines französischen Gold
schmiedes des 18. Jahrhunderts, brachte 2700 Pfund.
Sechs Diainantknöpfc, die an der Rückseite die Jah
reszahl 1764 trugen, gingen für 2250 Pfund ab, eine
Garnitur von 46 Diamantspangen, bestimmt für große
Frisur, erzielte 1150 Pfund.
Eine prachtvolle, mit Perlen und Diamanten be
setzte Brosche, die in der Mitte einen Smaragd und
zwei Saphire hatte, erzielte 5700 Pfund, die diaman
tene Aehrentiara, die einst die Kaiserin Maria
Feod o r o w n a, die Gemahlin Pauls I. getragen
hatte, 4400 Pfund (Käufer Amhurst).
Eine Tiara aus Perlen und Brillanten ging mit
2100 Pfund an Norton, das Hofschwert mit Griff
und Stichblatt aus Brillanten für 1700 Pfund an
C u r i e 1, eine Schnupftabakdose aus grünem Jaspis,
eingefaßt mit Goldrändern, die fein ziseliert sind mit
Blumen und Laubwerk aus verschiedenfarbigem
Gold, im Stil Louis XV., für 2600 Pfund an Levy
Nephe w s. Ein Fächer mit Schildpattstäbchen, be
setzt mit dem russischen Wappen in Brillanten und
mit Ansichten eines Palasts bemalt von E. de Liphart,
erzielte 800 Pfund (G. W a e 1), ein anderer Fächer aus
Perlmutter mit Goldüberzug, der Griff mit einer
Zarenkrönung bemalt von G. Lässellaz, 900 Pfund
(G r a n t). Der Goldpokal mit Deckel und Ständer,
die Gabe der Regierung und des Volks von St. Peters
burg an den General Iwan Petrowitsch Soltykow,
wurde für 2260 Pfund losgeschlagen.
Qraupe s ERufctionsprogramm.
Man schreibt uns aus Berlin:
Paul Graupe, von dessen Auktionsprogramm
für das neue Jahr man bisher nichts gehört hatte,
ist jetzt von einer mehrmonatlichen Auslandreise
zurückgekehrt und gibt seine Pläne bekannt. Diese
stehen nicht hinter seiner bisherigen Tätigkeit zurück
und überraschen den bibliophilen Markt wieder mit
ganz besonders interessanten Objekten. Seine erste
diesjährige Auktion findet am 25. April und den
folgenden Tagen statt. Er versteigert die Bibliothek
Kopeke (Hamburg), die wohl zu den gepflegtesten
der Vorkriegsbibliophilie gehört. Der Hauptbestand
der Bibliothek sind L u x u s d r u c k e in ganz be
sonders schönen Exemplaren, sämtlich gebunden, zum