Tnfemafi'onate
gammler-Zeifunfi
Zentralb!att für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
^5SM———MB——■IHM——M——MM——■—Hg——HagKa^—I—MMM ■< Vtmg >“MaC^«V«BBaMCMETrMnmrT» nr«iFr.iw»«Vt
20. Jahrgang Wien, 1. Juli 1928 Nr. 13
Der Streif um die
Nun hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof
mit der Sammlung Dr. Albert F i g d o r s beschäf
tigt, Ueber eine Beschwerde der Erben Figdors, der
Frau Margarete Walz-Figdor, der Frau Ilse
G u i 1 i n i und des Dr, Alfred Walz, hatte die
Oberste Verwaltungsbehörde über die Frage zu ent
scheiden, ob die Sammlung ins Ausland ausgeführt
werden darf. Die Frage wurde verneint. Uns scheint
aber damit für Wien wenig gewonnen, da den Erben
ja nicht verwehrt werden kann, die Sammlung nach
einem anderen Ort Oesterreichs zu bringen. Tat
sächlich soll Frau Walz mit dem Plane umgehen,
ein Gut in einem der Bundesländer zu erwerben und
die Sammlung dort unterzubringen,
Ueber die Verhandlung liegt uns folgender Be
richt vor:
Den Vorsitz führte Präsident Dr. Schuster,
Für das Unterrichtsministerium war Ministerialrat
Dr. Petrin, für die Figdorschen Erben Dr. Adolf
Adler erschienen. Wie aus dem Referat hervor
ging, richtet sich die Beschwerde gegen die Ent
scheidung des Bundesministeriums vom März 1927,
wonach auf Grund des § 6 des Denkmalschutzge
setzes die Figdorsche Sammlung vermöge ihrer ge
schichtlichen, künstlerischen und kulturellen Zu
sammenhänge als Einheit bezeichnet wurde und
wonach die Veräußerung von einzelnen Stücken
dieser Sammlung sowie ihre Wegschaffung aus Wien
ohne Zustimmung des Ministeriums verboten wurde.
Der Magistrat Wien hat bereits im Jahre 1923
die Sammlung als einheitliches Ganzes er
klärt. Eine Beschwerde, die damals eingebracht
wurde, und die sich auf die behauptete Ungesetz
lichkeit der Einheitserklärung stützt und die Män
gel des Verfahrens beanstandete, wurde abgewiesen.
Die Entscheidung des Bundesdenkmalamtes, auf die
sich alle späteren Entscheidungen stützten, stellte
fest, daß die Erhaltung der in der Wohnung des
verstorbenen Albert Figdor aufbewahrten Sammlung
im öffentlichen Interesse gelegen sei und stützte
diese Meinung auf den Weltruf der Sammlung, auf
den allgemeinen Sammelcharakter und auf die ein
geholten Gutachten.
Hofrat H e r m a n n vom Kunsthistorischen Mu
seum sagte, daß unter den Privatsammlungen Euro
pas die Figdorsche eine Sonderstellung ein
nehme, Die Zusammensetzung gebe ein klares Bild
figdor-Sammlung.
von der Kultur vergangener Zeiten. Die Universali
tät dieser Sammlung sei ein Spiegelbild der Kultur
epochen. Besondere Eigenart erhalte sie dadurch,
daß österreichische Kunstwerke und Wiener Kunst
gegenstände im Vordergrund stünden. Der Reiz der
Sammlung liege gerade darin, daß sie ein einheit
liches Ganzes sei, und deshalb wäre die Erhaltung
der Sammlung ein hoher Gewinn für Oesterreich,
deren Zerstörung ein nie wieder gutzumachender
Fehler.
Hofrat L e i s c h i n g sagte in seinem Gutach
ten: Die Sammlung entbehre eigentlich der Einheit
lichkeit und Systematik im allgemeinen Begriff. Es
seien vereinigte Gruppen von besonderem Interesse,
Aber die persönliche Geistigkeit des Sammlers Fig
dor, die sich darin widerspiegelt, gebe der Samm
lung eine eigenartige Einheitlichkeit.
Auch Hofrat Leisching betonte, daß die Zerstörung
dieser Sammlung einen Schaden für Wien bedeuten
würde, und forderte, man möge jedes Opfer bringen,
um die Sammlung hier als Ganzes zu erhalten.
Direktor Schestak führte in seinem Gut
achten aus, daß es sich nicht um kostbare Einzel
stücke handle, sondern um Serien, wie sie sonst
nirgends in der Welt bestünden. Deshalb müsse die
Sammlung als einheitliches Ganzes angesehen
werden.
Das vierte und letzte Gutachten von Professor
Schlosser gab dem Bundesdenkmalamt mit seiner
Auffassung vollständig recht. Die Einheitlichkeit der
Sammlung liege in der Persönlichkeit des Sammlers.
Sie stelle ein Denkmal der Kultur Wiens dar und
sollte als solches Denkmal erhalten bleiben.
Auf Grund dieser Gutachten und der Ausführun
gen des Bundesdenkmalamtes wurde die Sammlung
unter staatliche Aufsicht gestellt und jede Weg-
bringung von Stücken untersagt. Es wurde auch
ausdrücklich festgestellt, daß eine Berufung gegen
diese Entscheidung keine aufschiebende Wirkung
habe.
Der Vertreter der Erben, Dr. Adolf Adler,
führte aus: Die Hauptbesitzerin der Sammlung, Frau
Margarete Walz-Figdor, Gattin des früheren Ober
bürgermeisters von Heidelberg, sei wohl badische
Staatsangehörige, aber in Wien geboren, die Nichte
des verstorbenen Albert Figdor, der zu seinen Leb
zeiten sich wiederholt bereit erklärt hätte, mit der