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Volltext: Wiener Porzellan: Original, Kopie, Verfälschung, Fälschung

VORWORT 
Ein Buch über Fälschungen wird nie zu Ende geschrieben. Im Gegensatz zu einem festum- 
rissenen Thema, in dessem Rahmen dann nur mehr die Details auszuarbeiten sind, muß man 
bei Forschungen über Fälschungen oder Verfälschungen ständig mit Überraschungen 
rechnen. 
Dazu kommt, daß wir in der Wissenschaft vom Kunstgewerbe auf fast allen Gebieten erst am 
Anfang stehen. Von vollständiger Grundlagenforschung können wir nur träumen; in den 
Archiven liegen Tonnen unbearbeiteter Faszikel, in den Museen Tausende unveröffentlichter 
Objekte. Jede Publikation ist nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Ihre Bedeutung 
ist zwar, je nach Seriosität des Autors, graduell verschieden zu bewerten, doch ist das Aus 
maß der Dinge, die wir nicht wissen oder nie wissen können, erschreckend. Dies sei all jenen 
ein Trost, die am Spezialgebiet „Porzellan” verzweifeln. Nach etwa zehn Jahren der Por 
zellanforschung kehre ich manchmal selbst zum Ausgangspunkt zurück: Scio nescio. Zu 
wissen, daß man nichts weiß, gibt einem aber die nötige vorsichtige Bescheidenheit, die 
einen dann unverhofft auch ein schwieriges Thema bewältigen läßt. 
Seit der Ausstellung „Wiener Porzellan 1718-1864”, die 1970/71 im österreichischen 
Museum für angewandte Kunst stattfand, war mir bewußt, daß beim interessierten Publikum 
ein großer Bedarf an einschlägiger Information sowie an Publikationen besteht, die sich mit 
Fälschungen und Verfälschungen eingehend auseinandersetzen. Museumskollegen im In- 
und Ausland, Sammler, Händler und andere Porzellan-Interessenten wandten und wenden 
sich immer wieder, entweder persönlich oder schriftlich, mit ihren speziellen Problemen an 
mich, und der größte Teii der Anfragen bezieht sich auf Fälschungsprobleme. Das öster 
reichische - und da im besonderen das Wiener - Publikum konfrontierte mich seit 1970 
ständig mit Porzellanen, die den Wiener Bindenschild trugen und dennoch nicht aus der 
Wiener Porzellanmanufaktur stammten. Diese Tatsache veranlaßte mich schließlich, die 
Ausstellung „Wiener Porzellan - echt oder gefälscht?” zu planen, die 1976/77 mit großem 
Erfolg in Wien am österreichischen Museum, 1977 im Landesmuseum Joanneum, Graz, und 
im Stadtmuseum Nordico, Linz, gezeigt wurde. Die daraufhin einsetzende Nachfrage nach 
einer Ausstellung über die Fälschungen anderer europäischer Porzellane führte bald darauf 
zu der Ausstellung „Original, Kopie, Fälschung - Europäisches Porzellan und Keramiken 
der Pariser Firma Samson”, die 1977/78 im österreichischen Museum für angewandte 
Kunst in Wien präsentiert wurde. 
Die großartige Mitarbeit des Publikums, das für die genannten Ausstellungen zahlreiche 
Leihgaben zur Verfügung stellte, erleichterte mir die Arbeit des Materialsammelns ungemein. 
Besonders wertvoll und umfassend waren die Leihgaben, die von der Wiener Porzellan 
manufaktur Augarten stammten. Damit konnte in größerem Umfang auf die Bedeutung der 
Tradition verwiesen werden, die die alte Wiener Manufaktur mit der Wiener Manufaktur 
Augarten verbindet. Herrn Direktor Dipl.Ing. Ernest Gaberszig sei hier für seine großzügige 
Hilfe und Unterstützung gedankt. 
Seit den erwähnten Ausstellungen stieg die Frequenz der „Sprechstunden” an unserem 
Museum sprunghaft an; ab 1975 waren etwa 800 Ratsuchende bei mir, fast alle mit „Porzel 
lanproblemen”. Viele, und oft die interessantesten Leihgaben stammten aus solchen Be 
gegnungen. Erst vor kurzem gelangten auf diese Weise zwei Porzellane in meine Hände, die 
ganz besonders exquisites Demonstrationsmaterial darstellen: zwei Zwergenfiguren, die den 
gefälschten Wiener Bindenschild tragen, von der Pariser Firma Samson nach englischen 
Vorbildern erzeugt wurden, die ihrerseits wieder auf Radierungen des berühmten französi 
schen Künstlers Jacques Callot zurückgehen. 
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