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internationale Sam ml e r - Z e i t u n g.
Nr. 4
Der mit zirka 30 Abbildungstafeln ausgestattete
Katalog No. 1995 ist durch Rud. Lepke's Kunst-
Auktionsliaus zu erhalten. Die Auktion findet am
28. Februar statt. Die Ausstellung ist geöffnet
am 25. Februar von 4—6 Uhr, am 26. und 27. Februar
von 10—2 Uhr.
Das Sage Buch D&ards.
Die Londoner Medizinische Gesellschaft hat be
schlossen, ihren kostbaren literarischen Besitz im
kommenden April zur Versteigerung zu bringen.
Es ist dies das bisher unveröffentlichte handschrift
lich Tagebuch des Rev. John Ward, der Geistlicher in
Shakespeares Geburtsort Stratford-on-Avön
war und während der Jahre 1648 bis 1679 in 16
dicken Taschenbüchern alle möglichen Erlebnisse und
Erfahrungen aufgezeichnet hat.
Wie so mancher Geistliche in jenen Tagen, war
Ward nicht nur ein Arzt der Seele, sondern auch des
Leibes und berichtet in seinem Tagebuch über so
manche Heilmethoden, die er angewendet hat. Aber
der Hauptinhalt der umfangreichen Handschrift ist
nicht wie man früher annahm, medizinischer Natur,
und deshalb entschließt sich auch die Gesellschaft
zum Verkauf, um dadurch ihre große ärztliche Fach
bücherei ausgestalten zu können. Man erwartet, daß
die Versteigerung eine fünfstellige Zahl ergeben
wird, denn die Amerikaner werden große Anstren
gungen machen, um ein Dokument zu gewinnen, das
noch Nachrichten über Shakespeare enthält, die aus
dem Munde seiner Zeitgenossen stammen.
Als Ward 1648 begann, konnte er wohl noch
viele Leute kennen, die persönlich mit dem großen
Dichter in Berührung gekommen waren, und tatsäch
lich finden sich verschiedene Mitteilungen über
Shakespeare, die freilich zum Teil schon von der
Forschung verwertet sind. In dem Tagebuch findet
sich z. B. die berühmte Eintragung über die Ursache
seines Todes, „Shakespeare, Drayton und Ben Jonson
hatten eine fröhliche Sitzung und es scheint, daß sie
zu viel tranken, denn Shakespeare starb an einem
Fieber, das er sich dabei zuzog“.
An einer anderen Stelle erzählt uns das Tage
buch, daß „Shakespeares Einnahmen für zwei Stücke
im Jahre so groß waren, daß er 1000 Pfund im Jahr
ausgeben konnte“. Daß der Geistliche sich für den
größten Bürger seiner Pfarrei interessierte, geht
auch daraus hervor, daß er ein Exemplar der Folio-
Ausgabe seiner Werke besaß, das das Autogramm
„W. Shakespeare“ hatte. Das Buch ist aber bisher
noch nicht a n s L i c h t gekommen.
Ein genaueres Studium des Tagebuches, aus dem
bisher nur Einzelheiten bekannt geworden sind,
dürfte noch weitere Kunde über Shakespeare bieten.
Ward verzeichnete Tag für Tag alles, was ihm
begegnete und berichtet auch vielerlei Klatsch. Dar
unter befinden sich manch lustige Einzelheiten. So
schreibt er z. B. an einer Stelle: „Dr. Conyers
sezierte eine Person, die in London aus Liebesgram
starb und man fand oder glaubte wenigstens zu
finden — den Abdruck eines Gesichtes auf ihrem
Herzen“. Ward war ein großer Leser, der viele Werke
der zeitgenössischen Literatur nennt und auch von
dem Besuch mancher Theateraufführuhgen berichtet.
Die STltirzauktionen Bei ßepke.
Am 6. März und den folgenden Tagen findet in Rudolph
Lepke’s Kunst-Auktionshaus in Berlin eine Versteigerung
von Gemälden alter und neuerer Meister, sowie
Antiquitäten aus ausländischem Besitz statt. Es kommt
ein Gemäldebestand auf dem Markt, der aus fast, allen Schu
len und Epochen, bis weit ins 19. Jahrhundert hinein außer
ordentlich interessante und wichtige Stücke bringt. Bei den
älteren italienischen Schulen weisen wir auf eine schöne „Hei
lige Familie“ von Sodoma hin, gute Bilder der veneziani
schen Schule von Veronese und seinem Kreis, ferner
Romanio neben einigen primitiven Stücken. Besonders
reich ist dann die große heroische Landschaft vertreten.
Hier finden wir alle Namen von besterh Klang: Nicolas
P o u s s i n, Claude L o r r a i n und mit zahlreichen Beispielen
die späteren: Z u c c a r e 11 i, Mar ie.se hi, Tem.pesta,
von letzterem eine schöne reich staffierte, signierte und
datierte Arbeit. Die Holländer und besonders die Flamen
weisen glänzende Porträte Rubens auf, von dem auch eine
reizende Fassung des Bildes Christus und Johannes als Kin
der mit dem Lamm Vorhanden ist. S ustermans, van
Dyck, de Vries haben vortreffliche'Porträts da.
Selbstverständlich sind auch eine bunte Reihe bekannter
Na men mit charakteristischen Werken vertreten. Wir nennen
im einzelnen: Bakhuyzen, Kool, Claes, Lucas van Uden,
Tcniers, Berghem, Seghers, Weenix u. a. Besonders hervor
heben möchten wir eine der umfangreichen, amüsanten und
ungewöhnlich reich staffierten Flußlandschaften des Andr.
v. E e r t v e 11, der nicht nur durch sein Monogramm, son
dern auch durch schöne luftige Behandlung der bewegten
Atmosphäre mit dem frühen Xllaert van Everdingen große
Aehnlichkeit. hat und auch oft mit ihm verwechselt wird.
Unter den späteren Italienern finden wir eine inter
essante mythologische Szene von L i b r i, dann aber viele
vortreffliche Arbeiten der französischen Schule des 18. Jahr
hunderts: Oudry, Chardin, Boucher, Greuze, Hubert Robert,
Vigee-Lebrun und gute Arbeiten der Porträtisten jener
glänzenden Epoche. Französische Bilder dieser Zeit von so
guter Qualität sind seit langer Zeit nicht auf den Markt ge
kommen und dürften das größte Interesse erregen. Das
19. Jahrhundert bringt von deutschen Meistern Franz Krü
ger mit dem vortrefflichen Bildnis eines preußischen Gene
rals, eines der schönsten S p i t z w e g - Bilder „Nächtliche
Wache“ in einer mittelalterlichen Stadt „beim Mondschein“,
einen feinen frühen Friedrich Voltz und die s. Zt. berühmte
Herodias von Hans Makart. Ein schöner Waldsee von
D i a z und eine charakteristische und schöne Arbeit, Pferde
auf der Weide, von Const. T r o y o n, mögen zum Schluß er
wähnt sein. Auch kleinere Arbeiten von höchstem Reiz sind
zu sehen, z. B. ein feines Sclbstporträt von Ary Schaeffer
und ein frühes Selbstbildnis von Lenbach.
An Kunstgewerbe bringt die Versteigerung eine statt
liche Reihe ausgezeichneter, meist farbig intarsierter Möbel
des 18. Jahrhunderts; es dominieren die Tische verschiedener
Form und die zierlichen Boudoirmöbel. An Kastenmöbeln
werden einige Sekretäre ausgeboten, das stattlichste Stück
ist ein Mahagonimöbel dieser Art mit reichen geschmack
vollen Bronzebeschlägen. Erwähnung verdienen zwei schöne
Salonschränke von schmaler Form, der eine mit farbigen
Intarsien. Eine Poudreuse trägt die Signatur des Pariser
Ebeniten Isaac Simon Rebour (gest. nach 1793), verschie
dene Kommoden kleinsten .Formates, ein nierenförmiger
Boudoirtisch und ein ähnliches Luxusmöbelchen mit Schiebe
tür in der hohen Zarge zeigen die Sorgfalt, die gerade auf
diese zierlichen Damenmöbel verwendet worden ist. Zu er
wähnen wären noch ein Mahagoni-Vitrinentisch mit beson
ders reichem Bronzebeschlag, zwei große Louis XIII.- und zwei
ähnliche Stühle mit figürlichen Pointbezügen repräsentieren
die französische Kunst des 17. Jahrhunderts. Unter den Sitz
möbeln des 18. Jahrhunderts wären ein Sofa und zwei Fau
teuils mit sehr feinen gestickten Bezügen hervorzuheben, fer
ner eine Couchette von sehr eleganter Formgebung, sowie
verschiedene französische und englische Sitzmöbel der Zeit.
Unter den dekorativen Bronzearbeiten sind wohl die
schönsten eine Uhr von C o 11 i a u (Paris) mit walzen
förmigem verglasten Gehäuse, das von zwei Putten getragen
wird; hierzu sind ein Paar Leuchter vorhanden. Großen An
klang werden die schönen Bronzekronen der Louis XVI.-Zeit
finden, ebenso die Wandleuchter, unter welchen einige her-