Seite 226
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
stische des gewählten Motivs am stärksten empfin
det. Aus Liers Schule stammt auch noch Josef
W e n g 1 e i n, wovon seine wundervolle »Oberbaye
rische Landschaft« ein schönes Zeugnis ist. Ludwig
Dill sieht Venedig anders, als Schönleber, vielleicht
ein wenig nüchterner, doch auch sein Bild, eines von
den geschätzten frühen, hat eine eigene Note.
Aus der Piloty - Schule ragen L e n b a c h und
Diez hervor. Lenbachs »Döllinger«, der Mann des
Kulturkampfes, darf mit vollem Recht als eine sei
ner erstaunlichsten Leistungen auf dem Gebiete der
Seelenmalerei gerühmt werden. Bis zu einem ge
wissen Grade gilt dies auch für den »Bismarck«, des
sen Wesen kein anderer Maler so erschöpfend erfaßt
und geschildert hat, wie dieser Künstler. In dem
»Napoleonischen Kürassier« 1812 hat man den gan
zen Wilhelm Diez. Makarts »Venetianische
Szene« ist »herrlich wie am ersten Tag«, Gabriel
von Max' »Suleika« gibt in der anmutigsten Form
20 Jahren, ein Zeichen für seine Frühreife als Maler.
Ganz hervorragend auch das Stilleben »Alpenrosen
und Edelweiß«. Kaulbachs »Guitarrespielerin«
ist nicht ohne farbige Reize und das Porträt der
»Guerero« zum mindesten eine ebenso stattliche wie
elegante Leistung. Ganz nahe an der Trübnerschen
Art stehen Carl Schuchs „Hauser in Olevano“.
Leibis Intimus Johann S p e r 1 ist mit einem in der
internen Wiedergabe der Wirklichkeit für ihn cha
rakteristischen »Waldabhang* vertreten. Hugo
Kauffmanns »Kriegserlebnisse« erfreuen durch
ihre lockere Malerei ebenso sehr, wie durch den
humorvollen Gegenstand. Sehr schöne Beispiele
von Spitzwegs feinsinniger Naturschilderung uhd
seiner delikaten Art zu malen, sind die beiden Land
schaften »Mädchen im Gebirge« und »Sonntagsmor
gen im Hochgebirge«.
Von den Malern der Düsseldorfer Schule heben
wir Oswald Achenbach hervor, dessen »Porta
ffglfl
Fig. 1. Munkacsy, Landschaft mit Wäscherinnen.
jene Stimmung zwischen Wachsein und Träumen, in
der er ganz einzig ist. Auch der »Mädchenkopf«
darf nicht mit jenen Bildern verwechselt werden,
die der Maler in Massen produzierte, um Mittel für
seine anthropologischen Studien zu gewinnen. In
Defreggers »Naturforscher auf der Alm« steckt
ein Stück vorzüglicher Malerei, wie man sie auf sei
nen Bildern nicht immer findet.
Der Diez-Schüler Gotthard K u e h 1 zeigt sich in
dem »Belauschten Stelldichein« als ein geschickter
Nachahmer des Spaniers Fortuny, in dem Bilde
»Beim Antiquitätenhändler« gibt er eine Kombina
tion von Fortuny und Makart, in der »Augustus-
brücke im Winter« erst erscheint er als der eigen
artige Maler, als den man ihn schätzt. Welche Kluft
zwischen ihm und Wilhelm T r ü b n e r, der auch
kurze Zeit Diezschüler war, jedoch zugleich den Ein
fluß Leibis erfuhr. Sein Bild des »Mannes mit rotem
Bart im Pelz« ist künstlerisch vielleicht das wert
vollste der ganzen Sammlung, in jeder Hinsicht ein
vollkommenes Meisterstück an prachtvoller saftiger
und breiter Malerei wie an Menschendarstellung.
Es hat den Vergleich mit den besten Bildnissen der
großen Alten nicht zu scheuen. Trübner selbst war
stolz auf die Hand des Mannes, von der er behaup
tete, es sei die vorzüglichste, die er gemalt. Den
sehr schönen »Mädchenkopf« schuf Trübner mit
Capuana« und die »Aetnalandschaft« außerordent
lich bezeichnende und wertvolle Beispiele seiner
effektvollen Kunst sind. Sein Bruder Andreas ist
mit einer aus fürstlichem Besitz stammenden »West
fälischen Mühle« von 1860 und der »Hafeneinfahrt
von Enkhuyzen“ von 1879 vertreten, zwei ausge
zeichneten Werken, von denen das eine sein anfäng
liches Verhältnis zu Everdingen, das zweite seine
persönliche und so beliebt gewordene Note reprä
sentieren würde. Von Ludwig Knaus finden wir
den „Tanz unter der Linde“, der nach vielen Jahren
von Amerika, wohin er bald nach seiner Entdeckung
entführt wurde, wieder heimgefunden hat. Wenn
dieses Bild auch heute nicht das Ueberraschende
von damals hat, so ist es doch eine an und für sich
sehr stattliche Leistung und geschichtlich dadurch
merkwürdig, daß es der Genremalerei jener Zeit eine
neue und vor allen Dingen feinere Richtung wies. In
eine frühere Periode der Düsseldorfer Malerei wei
sen die Madonnen von Ittenbach und Carl
Müller, die beide als Nachzügler der Nazarener
gewürdigt werden wollen. Die Bilder sind aus dem
Besitze der letzten französischen Kaiserin nach
Deutschland zurückgelangt.
Näher dem Empfinden der Gegenwart stehen
die Düsseldorfer Landschafter und Tiermaler. Da ist
in erster Linie der aus Norwegen zugewanderte Lud-