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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 5
Wenig Interesse fand dagegen eine große Me
tallstatue des Großen Kurfürsten, die nur für 77 Mk.
wegging. Für zwei sehr schöne chinesische Vasen
wurden zusammen 675 Mark gezahlt. Auch die
Equipagen, deren Versteigerung im Schloßhof vor
genommen wurde, brachten relativ geringe Preise,
die sich zwischen 200 und 300 Mark bewegten.
Im ganzen ergab die dreitägige Auktion etwa
80.000 Mark. Eine Fortsetzung der Versteige
rung am vierten Tage wurde von der Polizei in
hibiert, da festgestellt wurde, daß die zur Aus
bietung kommenden Gegenstände nicht im Katalog
der Versteigerung enthalten waren. F.
Cin Porzellanmuseum in Neapel.
Von Angelo Freiherrn von Eisner-Eisenhof (derzeit Neapel).
Neapel hat eine neue, große Attraktion er
halten. Auf dem Vomero, von dem man den herr
lichsten Ausblick auf den Golf genießt, in der Villa
F 1 o r i d i a n a, der ihre erste Besitzerin, die Her
zogin von Floridia, den Namen gegeben, ist ein Por
zellanmuseum erstanden, das seinesgleichen
in der Welt sucht.
Den Grundstock des Museums bildet die Samm
lung des Herzogs Don Placido di Sangro di
Martina. Dieser Edelmann hatte in seinem Palais
den ganzen ersten Stock mit den allerschönsten
Kunstgegenständen, besonders mit seltenen Porzel
lanen, Majoliken, Emails, Bronzen und Elfenbein ge
füllt. Nach seinem Tode ging die Sammlung auf
seinen Neffen, den Grafen di M a r s i über, der sie
wieder — er endete in jungen Jahren durch Selbst
mord — seiner Gattin Maria, einer geborenen Mar
quise Spinelli, vermachte. Diese edle Frau hat sie
vor drei Jahren in munifizenter Weise dem Staate
geschenkt, jedoch daran die Bedingung geknüpft, daß
sie in einem dem Publikum zugänglichen Museum
aufgestellt werde. Nachdem die Wahl auf die von
Antonio Niccolino für die Geliebte und spätere
morganatische Gemahlin Ferdinands IV., des Königs
der beiden Sizilien erbauten Villa Floridiana gefallen
war, erklärte sich Gräfin Maria auch bereit, die
Kosten für die Adaptierung der Villa zu übernehmen.
Sie stellte aber nicht nur freigebig die Mittel zur
Restaurierung der Villa zur Verfügung, sie ließ auch
die Wandbespannungen im Stile der Zeit neu weben
und die Vitrinen aus Mahagoni und Gold herstellen.
Im ersten Stock wurden die prachtvollen Email
arbeiten, darunter viele vom berühmten van Dyck-
Schüler Jean P e t i t o t, überaus seltene Limoges,
orientalische Arbeiten, ferner Bronzen und ver
schiedene Pietradura-Stücke (buntes Mosaik in har
tem Stein, im 17. Jahrhundert in Florenz sehr be
liebt) untergebracht. Der zweite Stock, der früher
als Empfangsraum diente, enthält die ungemein
reichhaltige Sammlung von Porzellanen und Majo
liken aus allen Manufakturen der Welt, im ganzen
ungefähr fünftausend Stücke. Besonders stark
sind die europäischen Manufakturen Capodimonte,
Neapel, Venedig, Gincori - Doccia, Turin - Vxneuf,
Wien,. Sevres (eine prachtvolle Tasse der unglück
lichen Königin Maria Antoinette von Frank
reich), Meissen, Frankenthal, Nymphenburg und Lud
wigsburg vertreten. Es sind ganze Tee- und Kaffee-
Services, Uhren, Tabak- und sonstige Dosen, Figuren,
Tiere, Flakons, Bilder und Rahmen, Eßbestecke, ein
1 l-j Meter hoher Spiegel mit Blumen und Tierver
zierungen aus der Neapel-Periode König Ferdinands
mit Ansichten in pompejanischem Stil — mit einem
Worte die vollkommenste Sammlung der Welt, alles
aus den besten Epochen in erlesenen Stücken vom
kunstsinnigen Herzog di Martina aufgespürt und an
gekauft.
In den Nebenräumen sind die Majoliken aus
Pesaro, Faenza, Urbino, Deruta, Rhodus etc,, dann
die chinesischen und japanischen Porzellane ver
einigt.
Jlttentat auf ein Jlembrandt‘J2ild.
Auf Rembrandts Gemälde »Die Anato
mie des D r. Deyman«, das im Rijksmuseum in
Amsterdam hängt, ist ein bübisches Attentat
verübt worden. Ein 44 jähriger Buchhalter namens
A n c e a u x, der seit Jahren wegen Taubheit er
werbslos ist, hat aus unbekannten Gründen fünf
B e i 1 h i e b e gegen das Bild geführt, das dadurch
schwer beschädigt ist. Einer der Hiebe hat das
ganze Gemälde über eine Länge von 31 Zentimetern
gespalten.
Die ,,Anatomie des Dr. Deyman“ ist nicht mit
dem berühmten Jugendwerke Rembrandts, der
»Anatomie des Dr. Tulp« aus dem Maurits-Huis im
Haag, zu verwechseln, ist aber gleichwohl ein Werk
von ungeheurem Werte. Die »Anatomie des Dr.
Tulp«, dessen Kopien auch bei uns die Wände so
vieler ärztlicher Sprechzimmer schmücken, stellt
den Amsterdamer Professor Tulp im Kreise seiner
sieben Assistenten dar, wie er einen Leichnam de
monstriert. Das jetzt verstümmelte Werk »Anato
mie des Dr. Deyman« ist ein Vierteljahrhundert spä
ter entstanden und nur fragmentarisch erhalten, da
es im Jahre 1723 von einer Feuersbrunst zerstört
wurde. So ist nur der von vorn gesehene Leichnam
mit geöffnetem Leibe vorhanden und der Arzt, der
die Hirnschale untersucht. Von einem anderen Arzt
ist nur der Körper, nicht das Gesicht zu sehen. Eine
erhaltene Zeichnung belehrt uns über die Komposi
tion des Ganzen und über die verlorenen Teile des
Gruppenbildes.
Man hofft, das Bild durch Unterlegung einer
neuen Leinwand retten zu können, ein Verfahren,
das ungemein mühsam ist, sich aber in vielen Fällen
bereits bewährt hat. So hat z. B. E n g e r t h Ti
zians »Kirschenmadonna«, die sich im Kunsthistori
schen Museum in Wien befindet, durch allmähliche
Auswechslung der Leinwand vor der Zerstörung
bewahrt.
Der Anschlag auf die »Anatomie des Dr. Dey
man« ist übrigens nicht das erste Attentat auf ein
Rembrandt-Bild. Im Januar 1911 ist ein solches auf
»D ie Scharwache« ausgeführt worden, die sich
ebenfalls im Rijksmuseum in Amsterdam befindet.
Ein 23 jähriger Mann namens S i g r i s, der Koch bei
der Marine gewesen war und wegen Untauglichkeit
nicht wieder aufgenommen wurde, empfand hierüber
tiefen Groll und beschloß, sich an dem Staate zu rä
chen. Er glaubte zunächst, nichts Besseres tun zu
können, als einen Beamten zu ermorden. Dann be
sann er sich eines anderen. Er befand sich als ein-