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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 12
Gobelin-Garnitur zum Verkauf übergeben; der Kauf
mann schrieb die Preise für die Garnitur (und an
dere auf gleiche Weise übergebener Gegenstände)
in ein Verzeichnis, mit dem Bemerken, »die im Ver
zeichnis vermerkten Notierungen stellen diejenigen
Preise dar, die Ihnen bei einem Verkaufe von uns
zu zahlen sind«. Für die Garnitur war ein Preis von
15,000 Mark angesetzt. Bald darnach richtete der
Kaufmann an die Auftraggeberin eine Depesche,
laut welcher er der Eigentümerin 7500 Mark bot;
die Eigentümerin erklärte sich einverstanden. An
dem gleichen Tage verkaufte aber der Kaufmann
die Garnitur für 17.000 Mark und zahlte der Auf
traggeberin die genannten 7500 Mark. Diese erfuhr
von der Sache und klagte den Kaufmann auf Zah
lung weiterer 7500 M. Die beiden Unterinstanzen
waren verschiedener Meinung. Das Deutsche Reichs
gericht, welches schließlich zu entscheiden hatte, er
kannte im Sinne der Klage (wobei die eingeklagte
Summe etwas reduziert wurde, aus Gründen, die
hier außer Betracht bleiben müssen). Das Reichsge
richt argumentierte: Der Abschluß des Geschäftes
zwischen der Auftraggeberin und dem Kaufmann
läßt keinen Zweifel darüber, daß die Klägerin sich
der Dienste des Beklagten bedienen wollte, wenn
auch aus dem Wortlaute des Vertrages nicht zu ent
nehmen sein mag, daß es sich um ein Kommissions
geschäft im Sinne des Handelsgesetzbuches gehandelt
hat. Aus dem Vertrage folgt doch, daß der Beklagte
in ein Vertrauensverhältnis trat. Der Beklagte
konnte sich nach Treu und Glauben nicht für be
rechtigt erachten, unter Verschweigung des Anbotes
die Klägerin zur Abgabe der Garnitur für 7500 M.
aufzufordern. Er schwieg, während er mit Rücksicht
auf die Verkehrssitte reden mußte.
Eine gute Entscheidung!
Die £3oevnev”^Auktionen in Ceipzig.
Wir haben schon in Kürze über den großen Erfolg der
Frühjahrsversteigerungen bei C. G. B o e r n e r in Leipzig be
richtet. Ergänzend wird uns aus Leipzig berichtet:
Die Welt der Kupferstich-Interessenten hatte wohl mit
großer Spannung der Versteigerung der Kupferstichsammlung
des Lord North wick entgegengesehen, die die übliche halb
jährliche Kontrolle der Preise de® Kupferstichmarktes bedeu
tet. Wer nach Leipzig kam, war zunächst überrascht, ein kaum
verändertes: Auktionsbild vorzufinden; die starke Beteiligung
des In- und Auslandes stand derjenigen in der Versteigerung
der Sammlung des Grafen York in vorigem Frühjahr kaum
nach. Es waren anwesend die Direktoren der Kupferstich-
kabmette New-York, London, Basel, Antwerpen, Berlin, Dres
den und Nürnberg; das Städelsche Institut in Frankfurt a. M,
hatte einen Vertreter entsandt. Der internationale Handel war
fast lückenlos vertreten, der deutsche Handel schwächer. Auf
fällig wie im Vorjahre war auch diesmal wieder, daß eine An 1
zahl der kostbarsten Stücke direkt von privater Seite erwor
ben wurde.
Das gesamte Resultat von einer Viertelmillion
(ohne das Aufgeld) ist das beste Auktionsresultat, das auf dem
Gebiete in diesen Monaten erreicht worden ist. Es dürfte
überhaupt zu den höchsten Resultaten dieser Saison zählen; in
Deutschland ist nur die Versteigerung der Bilder und Möbel
aus dem Besitze des Frankfurter Barons Rothschild eben
so erfolgreich gewesen.
Die besten Qualitäten der alten Meister haben mit er
staunlicher Sicherheit ihre Preise gehalten. Der Buchstabe M
aus dem gotischen Figurenalphabet des Meisters E. S. (Nr. 486)
brachte 7600 Mark, das im Druck allerdings wundervolle
Frauenbad des frühen Monogrammisten P M 15.000 M, und die
seltenen Studien zum Sündenfall desselben Meister® 8000 M.
Rembrandt's Landschaft mit den drei Bäumen (Nr. 614), ein
■sehr vollkommenes Exemplar mit Rand, erreichte mit 11.500 M
fast genau den Schätzungspreis. Schongauers liebliche Madon
na mit dem Apfel (Nr. 673) übertraf ihren Taxwert von
10.000 M mit 14.000 M Zuschlag noch sehr erheblich. Dürers
Adam und Eva wurde von der Firma Carl Me der in Berlin
mit 8000 M bezahlt. Von den Dürer-Stichen, die sehr unter
schiedlicher Qualität waren, brachten ein Schweißtuch 1450 M,
ein wundervoller Hubertus 7600 M, der h. Antonius 1300 M,
die Dame zu Pferd 1850 M und ein Ritter, Tod und Teufel
2600 M. 3600 M zahlte man für Meckenem, Tanz der Hsrodia®,
1250 und 1550 Mark für zwei Apostel des Meisters F. V. B.,
1850 Mark für einen Herkules des Meisters J. F. T,, Pollajuolo,
Kampf nackter Männer wurde nach lebhaftem Bieten für 4200
Mark für England zurtickerworben. Unter den Rembrandt-
Blättern erzielte die Landschaft mit den drei Hütten 3600 M,
die Landschaft mit dem Obelisken 1800 M, ein großer Coppe-
nol 1250 M. Die Verkündigung von Schongauer ging auf 3600
Mark und ein heiliger Georg des Meisters von Zwolle auf 3500,
Das teuerste Blatt unter den schönen deutschen Holzschnitten,
der Heilige Christophorus von Hans Leinberger, brachte 2900
Mark,
Der Verkauf der Daumierblätter au® der Sammlung
Schniewind gestaltete sich nicht so lebhaft. Hier blieb eine
ganze Anzahl Blätter zurück. Immerhin verkauften sich die
Hauptblätter recht gut. Es brachten Le Ventre legislatif 1500
Mark, Enfonce Lafayette 800 Mark, Rue Transnonain in zwei
Exemplaren 1050 und 850 M. Auch die Probedrucke vor der
Schrift fanden meist Abnehmer mit Preisen, die sich um die
Hälfte der Taxen bewegten. Zwei Unika, Une conciliabule de
Garde nationaux und Une legere discussion Politique brachten
500 und 620 M. Lebhaft wurde das Bieten bei der unüber
trefflich schönen Folge Les Gens, de Justice, die sich fast
vollständig zu guten Preisen ausverkaufte. Eine Sensation bil
dete am Schluß der Versteigerung das Ausgebot der Holz
schnitte, die meist das Doppelte, oft das; Drei- und Vierfache
der Taxen erzielten und fast sämtlich von einem Pariser
Händler erworben wurden,
Bei der Versteigerung der A r t a r i a'schen Handbibliothek
blieben einige Hauptwerke unverkauft, doch ging auch diese
Auktion sehr lebhaft und verkaufte sich nahezu aus, obgleich
in letzter Zeit mehrere Kunstbibliotheken auf den Markt ge
kommen waren.
Bei der allgemein so gedrückten Lage des Kunsthandels
wird diese Versteigerung hoffentlich eine belebende Wirkung
ausüben. Sie hat gezeigt, daß die Preise für die leinen Quali
täten des; alten Kupferstiches auf den Boernerischen Auktio
nen eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit gegenüber der Un
gunst der Zeit haben.
Nachstehend die Preise über 300 Mark;
18 Albrecht Altdorfer, Der Kindermord zu Bethle
hem, B. 46 410
23 Anonyme deutsche Stecher des 15, Jahr
hunderts, Die Gefangennahme Christi, Rep. XIV,
L. IV, 324, 18 2300
37 Hans Baidung (Grien), Der Pakfrenier, B. 2 . .2400
38 Ders., Der hl. Sebastian, (Pass. ÜII, 320, 4 660
43 Dens., Sieben kämpfende Pferde im Walde, B. 56 . . 520
44 Ders,, Die Geburt Christi, Pass. 61 360
46 Jacopo de Barlbari, Der Schutzengel. B, 9 .... 900
47 Deis,, Drei nackte Männer, an einen Baum gebunden,
B. 17 1000
48 Ders., Das Priapsopfer, B. 19 1650
73 Barthel B e h a m, Der Kanzler Leonhard von Eck,
Brustbild, IB. 64 320