wertvollen Handschrift der Mailänder Ambrosiana, L. x02, sup. (Ciceros
Tusculanen) aufweist. Auch dort erscheint Cicero in der Initiale, jedoch
etwas jünger und mit vollem Kopfhaar; das Buch, das er in der Hand hält,
ist geschlossen; ein landschaftlicher Hintergrund fehlt.
Ganz besonders reich ist die Randleistc auf dem Titelblatt der
lateinischen Übersetzung des Almagestes des Claudius Ptolemaeus (von
Georg von Trapezunt ins Lateinische übersetzt, cod. 24). Wir stehen vor
einer sinnfälligen Äusserung reichquellender Darstellungskraft italienischer
Miniaturrnalerei der I-Iochblüte. Man achte auf die prächtigen Frauengestalten
(in Medaillons), welche die sieben Kardinaltugenden allegorisieren, auf die
Säulen, welche die Medaillons verbinden und auch in der Initiale (P) ver-
wertet sind, ein Motiv, das in der lombardischen Kunst, auch in der Bau-
kunst, vielfache Anwendung fand. Der von einer Frauengestalt getragene
Wappenschild mit dem kleinen Raben im I-Ierzschilde wird von zwei
Tritonen flankiert, deren Muskulatur sorgfältigst zum Ausdruck gebracht
wird. Versteht man diese Sorgfalt bei den zwei Giganten, so erscheint sie
uns maniriert, wenn sie sich auch den Putti zuwendet, die hierdurch Glieder-
puppen ähnlicher werden, als zarten Engelskindern."
Vollendete Typen der durch Matthias munitizent geförderten Miniatur-
malerei sind die Bildwerke in den Handschriften mit der Auslegung der
Briefe des heiligen Paulus, verfasst vom Erzbischof Theophylactus (auf dem
Titelbilde dem heiligen Athanasius zugeschrieben, cod. 656), in den Briefen
des heiligen Augustinus (cod. 653) und in dem Kommentar des heiligen
Hieronymus zu Matthaeus Markus u. s. w. (cod. 930). Der Meister, der den
bildnerischen Schmuck der beiden erstgenannten Codices im Auftrage des
Königs herstellte, ist niemand geringerer als Attavantes de Attavantibus
aus Florenz, der bedeutendste Schüler des Domenico Ghirlandajo, der
grösste Künstler Italiens auf dem Gebiet der Miniaturmalerei und Lieblings-
miniaturist des Königs."
In Codex 656 ist das Corvinianische Wappen mit einem andern
übermalt; es gehört Johann Markgrafen von Berg und Grafen Walhain
(vgl. Fischer a. a. O., S. 28). Die Anordnung der Tritonen und Genien
ist sehr ähnlich der des Titelblattes des Martianus Capella in der Markus-
bibliothek zu Venedig, einer Handschrift, die mit der unsrigen das
Schicksal teilt, dass die bildlichen Indizien ihrer Provenienz zum Teil
unkenntlich gemacht wurden. Nur zum Teil, denn hier wie dort haben sich
' Der Name des Meisters, der diese Miniatur gemalt hat, ist noch nicht eruiert, doch stellt Czontosi
a. u. a. O. 216 mit Rücksicht auf den Charakter der Ausstattung fest, „dass der Trapezuntius des Budapester
Museums. der Wiener Ptolemaeus, der Wolfenbüttler Tulhopf, der venezianische Avernlinus, der Münchener
Beda venerabilis. der Pariser joannes Santinus und die Handschrift Wladislaus des lI. der Nürnberger Stadt-
bihliothek von demselben Miniatur gemalt sind".
"k" Über die von ihm mit Bildern geschmückten Corvininni vergleiche den Aufsatz von Johann Czontosi:
„Corvinische Handschriften von Attavnntes". Zentralblatt für Bibliothekswesen III (1886). zog bis 1x7. Einen
Teil der Attavantes-Literatur stellt Amauldet. Pierre: Etudes sur Attavante et sun ecole, Paris 1899 (Extrait
du „Bibliographe moderne"), S. 3 f., zusammen.
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