FERDINAND SCHMUTZER
= AKTSTUDIE =
ORIGINALRADIERUNG
O M Joseph M. Olbrich wurde von Sr. kgl. Hoheit, dem
Grossherzog: von Hessen, in die Darmstädter Künstler-
colonie als Mitglied berufen. Da seine Abwesenheit
von Wien nur eine periodische sein wird, so unterbricht sie
keineswegs sein künstlerisches Wirken für unsere Stadt. Vor
läufig wurde ihm als erste Thätigkeit in Darmstadt der Bau
der Künstler-Villen und Ateliers übertragen, womit Olbrich im
Oktober beginnen wird.
Das glückliche Darmstadt bekommt damit eine Künstler-
colonie, in der eine Reihe unserer vielversprechendsten Ta
lente walten und wirken wird, nicht als eine Schule, als eine
Academie im alten Stile, die behaglich den schon bedenklich
dünn gewordenen Faden der Ueberlieferung weiterspinnt, sondern
als eine ungebunden schaffende Gemeinde, die mit klaren Augen
alle Bedürfnisse des modernen Lebens erfassen und frisch em
pfindend künstlerisch verdichten wird. Unter glücklichen
Umständen, ohne lästige Einschränkung durch zopfige Kunst
behörden, ohne langstilige Amtlichkeiten sollen sich ihre
Mitglieder frei entwickeln und im fruchtbaren Verkehre mit
den um sie herum emporstrebenden Talenten Anregungen geben
und empfangen. Bereits mit 1. Juli sind dort eingezogen und
haben sich einstweilen, bis Olbrich seinen für Wien geträumten
Traum der Künstler-Villen und Ateliers verwirklicht haben
wird, im Schlosse Mathildenhöhe eingerichtet: der Meister im mo-