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FERDINAND BROD. ENTWURF ZU EINEM SCHÜTZEN-
FEST-PLAC AT. MOTTO: POESIE D. SCHÜTZENTHUMS.
diesen in irgend einer freieren Art beikommt, die
ihnen ihre Schwere nimmt; man muss die Leute zu
den Dingen, die sie bedrücken, verführen lernen.
Das kann einzig der Künstler. Er kann im
Placat die Dinge rufen lassen, nicht nur aus ihrem
Sinn heraus, sondern auch in ihren Wirkungen,
in ihrem bunten Schein, der sie ins Leben führt.
Er muss sie vor allem, wenn sie wirken sollen,
nicht so natürlich als charakteristisch in den Pla-
caten angreifen, denn nicht ihre Natürlichkeit ist
es, die den Interessenten verführen kann, sondern
das, was der Künstler daraus macht oder wie
Goethe sagt, „indem der Künstler irgendeinen
Gegenstand der Natur ergreift, so gehört dieser
schon nicht mehr der Natur an, ja, man kann
sagen, dass der Künstler ihn in diesem Augen
blick erschaffe, indem er ihm das Bedeutende,
Charakteristische, Interessante abgewinnt oder
vielmehr erst den höheren Wert hineinlegt.“ Erst
das, was in einem Placat versinnlicht in die Augen
springt, was sich in ihm herausschält, kann einen
culturellen Einfluss nehmen. Die Nothwendigkeit,
die künstlerisch vermittelt wird, das Bild, das den
innerlichen Wert einer darzustellenden Sache gibt,
das haben die Künstler dabei anzustreben. Und
noch eines! Sie werden bei einer solchen Bethäti-
gung nie vergessen, dass sich die Dinge niemals
verschiedenen Wert zumessen, immer den noth-
wendigen, und die Kunst bei jedem gleich ver
mitteln kann.
Nun wird es klar sein, dass eine Kunst, wie
die Placatkunst, die mitten im öffentlichen Leben
steht, die jedem in seinen Instincten entgegen-
kommen soll, auch andere Wirkungen hervor
zubringen hat als die intime Innenkunst des Mittel
alters. Während diese mehr von Innerlichkeiten,
Stimmungen, von einer gewissen umschränkten
Form, deren Grenzen nur meist nach einer Seite
hin entwickelt wurden, abhieng, verlangt diese
Strassenkunst ein so differenciertes Vorgehen, dass
sich das Publicum davon bestimmt fühlen kann.
Zumindest wird sie etwas sehr Synthetisches sein,
eine Form, die in sich alle Instincte des Publicums
sammelt und daraus nothgedrungen etwas Stil
loses, aber jedesmal auch etwas Individuelles an
sich hat. Während früher Individuen einen Kunst
typus schufen unter irgend welchem Namen, ge
schieht hier ein umgekehrter Vorgang, die Kunst
muss sich in einem Placat individueller äussern,
das heisst von dem Stoff abhängig verschieden
sein, um auf die Typen zu wirken.
Die Wirkung, die ein Placat zu erfüllen hat,
ist eigentlich, kurz gesagt, die: Es muss immer