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Volltext: Das gewerbliche Unterrichtswesen (Gruppe XXVI, Section 4), officieller Ausstellungs-Bericht

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Armand Freiherr von Dumreicher. 
nannten Schule zeigten fo ziemlich denfelben vorwiegend naturaliftifchen Charakter, 
welcher nördlich der Alpen in der Holzfchnitzerei, infoferne fie nicht der Kunft- 
fchreinerei dient, noch überall hervortritt 
Diefe Thatfache erwies auch die Expolition einer anderen baierifchen 
Schule, welche nicht im deutfchen Unterrichtspavillon , fondern in der Haupt- 
gallerie des Induftriepalaftes eine bedeutende Menge von Schülerarbeiten auf 
demfelben Tifche mit den Waaren einiger Metallartikel-Fabrikanten nicht eben 
leicht auffindbar ausgebreitet hatte. Es war diefs die S chnitzfchu 1 e zu 
Werdenfels im Bezirke Partenkirchen. Die Technik in den Arbeiten diefer 
Schule zeigte fich als eine ganz gut ausgebildete und einigen Thierftücken mufste 
grofse Lebenswahrheit nachgerühmt werden; aber alle Freude an dem täufchenden 
Spiele diefer Lebenswahrheit und ander Sicherheit und Sauberkeit jener Technik 
konnte mit dem platten Naturalismus nicht verföhnen, der die Erzeugniffe einer 
fchrankenlofen und doch ideenarmen Phantafie beherrfchte. Eine läuternde Einwir 
kung auf den Unterricht an diefen kleinen Schnitzfchulen würde den beiden Kunft- 
gewerbe-Schulen Baierns gar wohl anftehen und ihre mannigfachen Verdienfte 
um ein Neues und wahrlich nicht Geringftes vermehren. 
Die Münchner königlich baierifche Kunftgewerbe.-Schule 
hatte auf der Wiener Weltausftellung fich nicht ganz glücklich vertreten laffen. 
Eine hohe, grell und plump decorirte Wand bildete den unruhigen Hintergrund 
des von den Arbeiten der genannten Schule occupirten Tifches. Schlimm genug, 
dafs diefe Arbeiten, ftatt unbefangene Beobachter zu finden, vorerft die ungünftige 
Meinung widerlegen mufsten , welche die rothen und gelben Felder der Wand 
flächen von dem Farbenfinne und die neben plaftifch hervortretende Gypspilafter 
in falfcher Stellung gemalten Confolen von den architektonifchen Begriffen und 
der Conftrubiionsmethode der Schulleiter bei jedem gebildeten Befchauer erzeugen 
mochten. 
Da genauere Angaben bei den Schülerarbeiten fehlten , war leider ein 
Einblick in den, den einzelnen Schüler betreffenden Unterrichtsgang aus- 
gefchloffen. Solche Vernachläffigung fchädigt die Ausfüllung einer wirklich 
tüchtigen Lehranftalt, da manche fchöne Leiftung eines Schülers erft dann in 
ihrem vollen Werthe gewürdigt werden kann , wenn man die Dauer der Unter 
richtszeit kennt, innerhalb welcher folche Leiftungsfähigkeit erzielt wurde. Der 
an der Anftalt im Allgemeinen eingehaltene Lehrgang war jedoch durch die 
Anordnung der Arbeiten veranfchaulicht. Diefe ausgeftellten Arbeiten beftanden 
aufser den bereits erwähnten fchweren und roh behandelten Wandmalereien in 
Gypsmodellen, Schnitzwerken, Cifelirarbeiten, Zeichnungen und Flachornamenten. 
Die Mehrzahl der in Gyps ausgeführten Objecfte waren gut gemacht, alle 
ftilifirt und von befriedigendem Gefchmacke. Unter den Holzfchnitzereien fanden 
fich einige treffliche Sachen ; fo einhübfches Wandfchränkchen, zwei in ebenmäfsigen 
Verhältniffen aufserordentlich graziös aufgebaute Candelaber und mehrere kleinere 
Geräthe mit befcheiden angewandter Polychromie. Alle diefe Gegenftände 
gehörten dem beften Renaiffanceftile an, einige, namentlich die hölzernen, braunen 
Candelaber machten den Eindruck edler Vornehmheit. Ein Urtheil überden 
vollen Werth diefer Ausftellungsobjedle läfst fich leider nicht fällen, da nicht zu 
erfehen war, ob diefelben von den Schülern nach ihren eigenen Entwürfen aus 
geführt worden. Guter Gefchmack und gewandte Technik miiffen ferner auch den 
Metallarbeiten und der überwiegenden Zahl der in mehreren Mappen enthaltenen 
Zeichnungen nachgerühmt werden. Der griechifche, römifche und Renaiffanceftil 
theilten fich in diefen in die Herrfchaft. 
Eine ähnliche Richtung verfolgten die von der Münchner Handwerker- 
Fo r tb i 1 du n g sfch u 1 e ausgeftellten technifchen Linear- und kunftgewerblichen 
Zeichnungen , Cifelirarbeiten und Wachsboffirungen. Diefe kunftinduftriellen 
Arbeiten legten trotz des Mangels an Leichtigkeit in der Behandlung des 
Ornamentes doch im Ganzen von den in München in den Kunftgewerben empor-
	        
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