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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 6 und 7)

Weinlese verwertet wird, nicht, wie in französischen, der September, ist 
leicht erklärlich. 
Wir bemerken nun, um zu unserem Bilde zurückzukehren, unter jener 
Darstellung den architektonischen Aufbau, rechts Micheas und Matthaeus 
mit den Spruchbändern, links Paulus und Timotheus. 
Die Pracht der Kalenderillustration ist eine Art Einleitung zu den 
abwechslungsreichen Darstellungen ernsten und heiteren Inhaltes, die uns 
auf allen 26x Blättern des eigentlichen Gebetbuches begegnen. Von den 
köstlichen, auf die Ränder hingestreuten Drölerien geben die Reproduktionen 
(Fol. 14a und Fol. 67a) eine Vorstellung. Der Humor, der zum Beispiel 
aus der Zeichnung des Geistlichen (am Rande rechts) spricht, wetteifert 
mit der Possierlichkeit der unterschiedlichen Mitglieder der Bärenfamilie. 
Unter den Vollbildern verdient zunächst Blatt 48b besondere Beachtung; 
die Einzeldarstellungen: Heimsuchung; Elisabeth, im Bette den kleinen 
Johannes kosend; Johannes in der Wüste, auf das Lamm hinweisend; Taufe 
Christi; Enthauptung des Johannes, rechts oben der Engel, der dem Zacharias 
erscheint, unten eben derselbe schreibend, sind gar wohl gelungen. Diese 
reiche illustrative Umrahmung bildet, wie Waagen (II, 72 f.) nachwies, ein 
würdiges Gegenstück zu dem Randschmucke der bereits erwähnten Grandes 
heures des Herzogs Jean de Berry. 
Auf den beiden anderen, aus unserem Codex reproduzierten Vollbildern 
sieht man (Fol. 70 b) die Anbetung der Könige, deren Köpfe vortrefflich 
individualisiert sind - man achte auf die kontinuierende Darstellung im 
Hintergrunde, welche das Heranziehen der Könige veranschaulicht - und 
(auf Fol. 153) um das Hauptbild (David) einerseits Darstellungen der 
Tugenden: „humilite, sobriete, chastete, souffisance, patience, diligence, 
charite"; anderseits, zum Teile etwas absonderlich-"in den gewählten Bei- 
spielen, die Laster: orgueil (ein Reiter, der vom Pferde stürzt), 
gloutonnie (ein halbnackter Mann, auf dessen Antlitz sich Schrecken malt), 
luxurie (ein liebend Paar), avarice (ein mit Geldzählen beschäftigter Mann), 
yre (eine Frau, die sich ersticht), peresce (wie bei gloutonnie ein halbnackter 
Mann, der sich die Haare rauft), envie (eine Frau, die einem Hunde einen 
Knochen wegreisst). 
Ein bisher nicht beachteter Umstand rückt dem eben beschriebenen 
Prachtwerke den Codex 1840 - gleichfalls ein Gebetbuch - vom Stand- 
punkte der Werkstätte aus nach einer Seite hin sehr nahe und gibt Gelegen- 
heit, die Verschiedenheit der beiden, in den zwei hervorragendsten Wiener 
Proben der Heures-Illustration vertretenen Meisterwerkstätten deutlich vor- 
zuführen. Schon Waagen und nach ihm P. Durrieu (Jacques de Besancon, 
S. 65 f.) haben darauf aufmerksam gemacht, dass Blatt 27 (Verkündigung) 
der Handschrift 1840 von einem anderen Meister gemalt sei als die übrigen 
Illustrationen der Handschrift. Waagen präzisierte sein Urteil sehr scharf, 
indem er hervorhob, dass das erwähnte Blatt von einem niederländischen
	        
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