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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 3)

zeugt ist, die Plastik der Zukunft sich entwickeln wird. Seit siebenund- 
zwanzig Jahren kämpft er für seine Anschauung und hat im Dienste dieses 
Selbstapostolats tatsächlich bereits dauernde Erfolge errungen. 
Selbst Gegner anerkennen in ihm einen Spezialisten, der 
auf immerhin begrenztem Gebiete, dem einer optischen Er- 
scheinungweise, das moderne Illusionsproblem des Impressio- 
nismus in überraschendem Maße plausibel gemacht hat. 
Medardo Rosso ist einer jener großen Naiven, die in Italien, 
dem Lande einer publikumgerechten Kunst, ab und zu doch 
noch aufsprießen und alle Herkömmlichkeiten abstreifend 
eine tolle Tat der Ursprünglichkeit tun. Ein solcher war 
Segantini, der mit halb kindlicher, halb genialer Einfalt eine 
Mechanik des Divisionismus erfand, indem er diesen gleich- 
sam buchstäblich nahm und statt eines mischfarbigen Ganzen 
dessen einzelne Komponenten kleinweise nebeneinander 
setzte. Mailand war seit den Achtzigerjahren des vorigen 
Jahrhunderts die Wiege solcher Bestrebungen. Segantini 
und Gaetano Previati, beide um 1891, warfen sich auf dieses 
technische Problem, doch hatten sie (siehe „Studio" Okt. 1904) 
einen Anreger in Tranquillo Cremona (1- x878). Wie mir 
Medardo Rosso mitteilt, war aber auch Cremona nicht die 
erste Quelle, sondern schöpfte aus einem armen Teufel von 
Maler, dem „povero Ranzoni", der sich zu ihm verhalten 
habe „wie Verrochio zu Michelangelo". Und nicht nur Maler 
gerieten dazumal auf diese Fährte, sondern gleichfalls durch 
Cremona auch der Mailänder Bildhauer Grandi, auf dessen 
Spur man noch jetzt Paolo Trubetzkoi sieht. Es ist gut, diese 
Zusammenhänge einmal festzustellen. 
Medardo Rosso ist 1858 in Turin geboren, kam aber 
schon als Kind nach Genua. Er wurde erst Maler und ging 
dann zur Bildhauerei über (wie unser Artur Strasser, der 
Pettenkofen-Schüler). Eine Stelle Baudelaires, die von der 
Leistungsunfähigkeit der Plastik im Gegensatz zur Malerei 
spricht, soll in ihm das Problem zugespitzt haben, mit plasti- 
schen Mitteln ähnliches zu erreichen, wie die „Maler mit 
flüssigen Farben auf Leinwand". (Rosso benennt die Maler 
gern in dieser umschreibenden Weise.) Er stellte seine ersten 
Plastiken in Mailand und Rom aus. Auf dem Campo santo OmarRamsden und 
von Mailand steht auch sein 1889 gearbeitetes Grabmal des 523335222": 
Musikkritikers Filippo Filippi, des Vorkämpfers Richard Vsch-„msm 
Wagners in Paris („Figaro") und Italien. Dann ging er nach 
Paris, fest entschlossen sich dort durchzusetzen. Einige Jahre hielt er sich 
noch unter dem Scheffel, weil er mit sich und seinem Problem noch 
nicht fertig war. („Ich hatte keine Patronen für mein Gewehrß) Er fand 
21'
	        
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