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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 160 und 161)

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lichkeiten entgegen. Die spannungsvolle und doch 
ausgewogene Haltung, mit der die von Theseus ver- 
lassene Ariadne- hier gemeinsam mit dem Panther, 
dem Vorboten des Gottes Bacchus, der sie aus ihrer 
Einsamkeit erlösen soll - dessen Ankunft entgegen- 
harrt, ist vom Glasschnelder so meisterhaft über- 
setzt, daß der Bildhauer sich kaum hätte besser ver- 
standen fühlen können. Zudem hatte man kaum eine 
klarer profilierte Pokalform, deren Kragen unterhalb 
der Kuppa das Bildmotiv nochmals wie gesockelt 
erscheinen laßt, finden konnen. Mit diesem Werk hat 
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40 
sich Egermanns Sohn, über den wir sonst riur wenig 
orientiert sind, als einer der talentvollsten Glas- 
schneiderderJahrhundertmitte, d.h, derjungen, auf 
Biemann folgenden Generation, ausgewiesen. 
Nicht weniger geschickt hat sich der etwa gleichalt- 
rige Karl Pfohl, eine der bekanntesten Begabungen 
im 3. Viertel des 19. Jahrhunderts, aufeinem blauen 
Überfangpokal der Sammlung Mrs. Josef Mahler. 
Larchmont, N.Y." (Abb. 13), die gleiche Vorlage zu- 
nutze gemacht. Da er im Gegensatz zu den bisheri- 
gen Glasschneidern die Figuren nicht im reinen 
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Tiefschnitt aus der farblosen Glassubstanz h 
zauberte, sondern aus der erhaben vor dem 
schliffenen Fond stehengebliebenen Übe 
schicht in Hochrelief und so in verschiedenen 
stufen herausmodellierte. gewann er eine vii 
gantere und weichere Abtonung der Oberflacl 
dem Charakter des glatten rnarmornen Urbildi 
sentlich gerechter wurde als die Technik 
manns oder Biemanns. Pfohl war gleich nach 
Lehre für anderthalb Jahre zum alten Egei 
nach Haida gekommen", wo er moglicherweii 
Ariadne-Motiv Danneckers fur den später, v2 
lich gegen Ende der fünfziger Jahre entstani 
Pokal kennenlernte, denn innerhalb seiner 
bekannten Jagd- und Pferdedarstellungen 
zeithistorischen und religiosen Themen blieb 
mythologische Arbeit ziemlich vereinzelt. lt 
stens ist es wenig wahrscheinlich. daß es ihrr 
rend seiner langen erfolgreichen Tatigkeit in 
begegnetsein sollte. Freilich zeigt unsdiesefa 
dem Geschmack der Biedernieierzeit angeme 
Variante auch bereits die Grenzen, die sich d 
derverwendung solcher klassizistischen Bildt 
themen in der Glasschnittkunst entgegensti 
Gerade die farbige Interpretation. obwohl sie 
weicheren Modellierung überzeugend Vorl 
leistete, konnte eine arge Verkennung, wenn 
gar Verfälschung der ursprünglichen kun 
schen Absicht in sich bergen, was die Glasschi 
durchaus empfunden zu haben scheinen. Der 
der Vorliebe für das farbige Glas. die sich gegi 
Mitte des 19 Jahrhunderts breitmachte, fand d 
uns hier untersuchte Thematik ihr natürliches 
Lediglich ein Beispiel nach dem plastischen Vi 
eines Spatklassizisten erscheint noch bemer 
wert. Es handelt sich um ein signiertes Wer 
bisher immer noch viel zuwenig bekannten 
schneiders F. P. Zach (Abb. 15), dessen heri 
gende Stellung im 3. Viertel des 19. Jahrhur 
erst seit kurzem dank der Forschung FLJ. C 
stens" angemessen gewurdigt worden ist. 
Schaffen ist durch eine Reihe vorwiegend in i 
schen Sammlungen aufgetauchter signierterli 
zu belegen. Nahere Umstande seines Lebens 
über den Ort seines Wirkens sind dagegen bist 
Dunkeln geblieben. Die Vermutung Charles 
11 Johann Heinrich Dannecker, "ÄHEÜVISM, 
Frankfurt am Main. Liebighaus Marmor 
12 Glaspokal. glockenformig. um 1850. von Frii 
Egermann jun Mit der Darstellung der "Ariadnei 
dem Vorbild Abb. 11. Prag, Kunstgewerbemuseu 
13 Uberfangpokal. blau. 3. Viertel 19 Jahrhundert vo 
Phohl Mit derDarstellung der "ÄYIQGUE" nach der 
blld Abb. 11 LarchniontlN Y Sammlung Mrs. 
Mahler 
14 August Kiss (Schuler von Christian Flaucti). riRe 
Amazone im Kampf mit Pantherkatzeii, 1839 
Uberlebensgroße Bronzeskulptur. 1843 vor dem S 
kelschen Alten Museum. Berlin. aufgestellt. 
15 Glas, zylindrisch mit blauem Uberfang von F P. Zat 
1850. Mit Darstellung der "HEHEIWÜEH Amazone-i 
dem Vorbild Abb. 14 Zurlch, Sammlung Fritz Ble 
1803 
Anmerkungen 22- 30 
u Journal OfGIASS Studies Vll 1965 S i?!) Nr 43 
m Pazaurek Op, Cil. (923 S 55 
2' FtobertJ CharlestonThe Glass-Engiavei F Zactl 17th odi 
Cenlury7 in Apollo Febr 1964 s 133 136 -Deis. Moie 
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puurlHlStDlYE du VEYrC LutliCll1975 s 213 221 
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laut freundlicher Auskunft von E von Poschiriger Muncrii 
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