Ausstellung der modernen dekorativen Künste zu Paris. Halsband aus Perlen und Topasen von Paul Follot
die beiden edlen Zweige des Kunstgewerbes erstrebt und tatsächlich auch geschaffen
worden ist. Dadurch, daß die Bahnen des alten Kartonfensters, das mit der perspektivischen
Malerei an Realismus wetteiferte, verlassen und ganz junge moderne Künstler zu Hilfe
gerufen wurden, ist nicht etwa eine grundstürzende Revolution in die Glaskunst hinein-
getragen worden, sondern es ist nur die Schönheit der mittelalterlichen Fenster wieder
entdeckt worden. Denn gerade was die "Jüngsten", die „expressionistischerW Maler Cesar
Klein, H. Beugen, M. Pechstein geschaffen haben, kehrt zu den Grundsätzen der gotischen
Kathedralfenster zurück: zu absoluter Perspektivlosigkeit, iiächenhafter Teppichwirkung
und streng glühender Farbigkeit. Und dabei ist all das, die Leuchtkraft der Farben und die
Strenge der Zeichnung, ohne eine Spur von Anlehnung an alte Muster erreicht. Vielmehr
sind diese Künstler, allen voran der glänzend begabte Pechstein, von ganz andern Voraus-
setzungen und auf modernem Wege zu den gleichen Resultaten wie die Alten gelangt. Es
l ist aber weiter nichts als die schlackenlose Durchführung des Glasfensterstils, der beiden
Epochen, der alten und der jüngsten, als oberstes Gesetz aufgegangen ist; während alle
Zeiten seit dem Ende des XV. Jahrhunderts sich im Irrtum befanden über die Wirkungs-
mittel der Glasmalerei. Ein Fenster, wie der„Architekt"von Pechstein, ist in jeder Beziehung
und am allermeisten in der Farbigkeit vollkommen.
Daneben geht, namentlich bei Thorn-Prikker, eine andere Auffassung der Glasmalerei
her. An Stelle der Farbe, die mehr neutral bleibt, wird der Nachdruck auf die Zeichnung
gelegt, der ja in den Verbleiungsstegen wie in der deckenden Schwarzlotmalerei sehr
wirkungsvolle Ausdrucksmittel zur Verfügung stehen. Die Großheit
der Linie, die Thorn-Prikker bei dem Fenster für den l-Iagener Bahn-
_hof zeichnet, macht seine riesenhaften Arbeiter- und Architekten-
gestalten zu monumentalen Symbolen unsrer arbeitsgewaltigen Zeit
und läßt den - von der Verwaltung verlangten! - Mangel an Farbig-
keit völlig übersehen. Auch der Ritter von August Unger wirkt nur
durch seine geschlossen strenge Linie. Ein ganz anderes und leichteres
Gebiet sind die kleineren, zum Einlassen in große Scheiben bestimm-
ten Glasbilder, in denen sich sehr viel Anmut und Farbigkeit findet.
Sie sind mehr Sache eines kultivierten Geschmackes als lebhaften Stil-
gefühls; Lehmann-Steglitz und Albert Geßner arbeiten hier am glück-
lichsten.
Das Mosaik ist im ganzen noch nicht so vorgeschritten wie die
Schwesterkunst; als das Beste,was da geleistet wird, kann man fast die
Kopien nach byzantinischen Mosaiken bezeichnen, die Puhl ä Wagner
mit meisterhafter Technik geschaffen haben. Doch regt sich auch
hier, und nicht nur in neuen Techniken wie dem Goldmosaikglas,
frisches Leben, wie ein farbig schönes Fragment von Thorn-Prikker
beweist. Allerdings wird es stets eine mißliche Sache bleiben,
Mosaiken, die nur in Verbindung mit der Architektur wirken können,
in abgerissenen Bruchstücken als Ausstellungsobjekte zu zeigen; das
Beste geht dabei natürlich verloren. P. F. Schmidt
ÜNCHEN. DIE HISTORISCHEN ABTEILUN-
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zu Paifisiuiänltäiiger von SCHAU 1912. Zum Vergleich mit dem gegenwartigen Stand des
Paul Follot Geschmackes und der Technik im Gewerbe Bayerns sollen auf der