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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 4)

 
Ausstellung der modernen dekorativen Künste zu Paris. Halsband aus Perlen und Topasen von Paul Follot 
die beiden edlen Zweige des Kunstgewerbes erstrebt und tatsächlich auch geschaffen 
worden ist. Dadurch, daß die Bahnen des alten Kartonfensters, das mit der perspektivischen 
Malerei an Realismus wetteiferte, verlassen und ganz junge moderne Künstler zu Hilfe 
gerufen wurden, ist nicht etwa eine grundstürzende Revolution in die Glaskunst hinein- 
getragen worden, sondern es ist nur die Schönheit der mittelalterlichen Fenster wieder 
entdeckt worden. Denn gerade was die "Jüngsten", die „expressionistischerW Maler Cesar 
Klein, H. Beugen, M. Pechstein geschaffen haben, kehrt zu den Grundsätzen der gotischen 
Kathedralfenster zurück: zu absoluter Perspektivlosigkeit, iiächenhafter Teppichwirkung 
und streng glühender Farbigkeit. Und dabei ist all das, die Leuchtkraft der Farben und die 
Strenge der Zeichnung, ohne eine Spur von Anlehnung an alte Muster erreicht. Vielmehr 
sind diese Künstler, allen voran der glänzend begabte Pechstein, von ganz andern Voraus- 
setzungen und auf modernem Wege zu den gleichen Resultaten wie die Alten gelangt. Es 
l ist aber weiter nichts als die schlackenlose Durchführung des Glasfensterstils, der beiden 
 
Epochen, der alten und der jüngsten, als oberstes Gesetz aufgegangen ist; während alle 
Zeiten seit dem Ende des XV. Jahrhunderts sich im Irrtum befanden über die Wirkungs- 
mittel der Glasmalerei. Ein Fenster, wie der„Architekt"von Pechstein, ist in jeder Beziehung 
und am allermeisten in der Farbigkeit vollkommen. 
Daneben geht, namentlich bei Thorn-Prikker, eine andere Auffassung der Glasmalerei 
her. An Stelle der Farbe, die mehr neutral bleibt, wird der Nachdruck auf die Zeichnung 
gelegt, der ja in den Verbleiungsstegen wie in der deckenden Schwarzlotmalerei sehr 
wirkungsvolle Ausdrucksmittel zur Verfügung stehen. Die Großheit 
der Linie, die Thorn-Prikker bei dem Fenster für den l-Iagener Bahn- 
_hof zeichnet, macht seine riesenhaften Arbeiter- und Architekten- 
gestalten zu monumentalen Symbolen unsrer arbeitsgewaltigen Zeit 
und läßt den - von der Verwaltung verlangten! - Mangel an Farbig- 
keit völlig übersehen. Auch der Ritter von August Unger wirkt nur 
durch seine geschlossen strenge Linie. Ein ganz anderes und leichteres 
Gebiet sind die kleineren, zum Einlassen in große Scheiben bestimm- 
ten Glasbilder, in denen sich sehr viel Anmut und Farbigkeit findet. 
Sie sind mehr Sache eines kultivierten Geschmackes als lebhaften Stil- 
gefühls; Lehmann-Steglitz und Albert Geßner arbeiten hier am glück- 
lichsten. 
Das Mosaik ist im ganzen noch nicht so vorgeschritten wie die 
Schwesterkunst; als das Beste,was da geleistet wird, kann man fast die 
Kopien nach byzantinischen Mosaiken bezeichnen, die Puhl ä Wagner 
mit meisterhafter Technik geschaffen haben. Doch regt sich auch 
hier, und nicht nur in neuen Techniken wie dem Goldmosaikglas, 
frisches Leben, wie ein farbig schönes Fragment von Thorn-Prikker 
beweist. Allerdings wird es stets eine mißliche Sache bleiben, 
Mosaiken, die nur in Verbindung mit der Architektur wirken können, 
in abgerissenen Bruchstücken als Ausstellungsobjekte zu zeigen; das 
Beste geht dabei natürlich verloren. P. F. Schmidt 
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