Bezug. An Gebeten lesen wir nach dem Hymnus die
Psalmen 53, 116 und abschließend das Kapitel 6, 9
aus dem Hohen Lied.
Die Illustration der Terz, des fünften Kapitels. be-
sorgte Josef Führich (S. 93). Die Miniatur zeigt das
Motiv der Schutzmantelmuttergottes; links von der
lmmakulata den Papst, einen Bischof. Kleriker und
einfache Männer. Rechts kniet die Kaiserin Elisa-
beth mit ihren hl. Namenspatronen Elisabeth und
Amalia; dahinter Frauen. Vor der Initiale stehen die
Apostelfürsten Petrus und Paulus. Nach dem Hym-
nus mit einer besonders schönen ornamentalen Ini-
tiale folgen Psalm 119, 120,121 und als Schluß das
Kap. aus Eccli. 24, 15.
Die Miniatur des sechsten Kapitels. zur Sext, gemalt
von Christian Ruben, zeigt die Begegnung von Ma-
ria und Elisabeth (S. 101). Elisabeth kniet vor Maria.
links treten Zacharias, rechts Josef auf die Frauen
zu. Unten steht derText nach Lucas C IV i-Benedicta
tu inter muIieres-i. die Worte Elisabeths: --Gebene-
deit bist du unter den Frauen.-( Zugleich ist mit in
dieser Szene eine Huldigung an den Namenspatron
der Kaiserin verbunden. denn oben im Medaillon
sieht man das Rosenwunder der hl. Elisabeth von
Thüringen. Das "O" des Hymnus ziert ein kniender
Engel mitSchriftband. Es folgen Psalm 122, 123. 124
und das Kap. aus Eccli. 24, 16. Das Gebet ziert eine
Schlußvignette. ein verflochtenes IHS, wobei das I
als Kreuz dargestellt ist.
Das siebente Kapitel zur Non wird durch ein Bild von
Peter J.N. Geiger eingeleitet (S. 109). Oben zeigen
drei Medaillons die Kreuztragung, die Beweinung
und den auferstandenen Christus vor Magdalena,
unten geben zwei Genreszenen eine sprechende In-
terpretation dazu. indem sie links die Saat. rechts
die Ernte darstellen. Geiger schmückte auch die er-
ste Textseite (S. 111), den Hymnus mit einer Minia-
tur: Gottvater hält über dem kleinen Christuskind,
das seine Arme vor dem Kreuz ausbreitet, Kelch und
Dornenkrone. Die Randleiste zeigt oben Blumen,
unten aber Dornen. Vor diesen Sinnbildern aus dem
Bereich der Natur sieht man den Kreuzspeer mit der
Fahne des Auferstandenen, der die Schlange
durchbohrt hat. Als Gebete lesen wir Psalm 125, 126,
127 und das Kap. aus Eccli. 24, 20. Eine Schlußvi-
gnette. ein Amen vor gemalten Ornamentscheiben,
bildet den Abschluß.
Lektionen zu den zwölf Monaten
Der zweite Abschnitt bringt Lektionen zu den zwölf
Monaten. Die Anordnung ist immer gleich. Im obe-
ren Querstreifen sieht man das betreffende Tier-
kreiszeichen und einen sinnbildhaften Bezug zum
Leben Mariens. Vor den Text und die Initiale ist je-
weils die Gestalt eines Apostels gesetzt.
Den Jänner malte Peter Joh. N. Geiger (S. 117). In
der Mitte sieht man das Tierkreiszeichen des Was-
sermannes, links tritt der Engel vor den opfernden
Priester des Alten Testamentes, rechts verkündet er
Maria die göttliche Botschaft. Der hl. Petrus leitet
das Jahr ein. Der Text meditiert über die Jungfräu-
lichkeit Mariens und verwendet den 21. Briefdes Bi-
schofs Ambrosius an Papst Siricius mit Zitaten aus
Luk. 1,37, 1,34 und 1,38.
Der Februar wurde von Franz Steinfeld illustriert
(5.121). Er steht im Zeichen der Fische. Der ver-
schlossene Garten (links) und der versiegelte Brun-
nen (rechts) sind ein Hinweis auf die unbefleckte
Empfängnis Mariens: verschlossen und hellglän-
zend zugleich birgt sie in sich dasAllerheiligste. Das
Gebet aus der Apologie an Pamachius ist der Schrift
des Priesters Hieronymus gegen Jovinian entnom-
men. Zitate stammen aus Joel 3. 18 und Ezechiel 44.
1, 2. Der hl. Johannes ist der Apostel dieses Monats.
Den März schmückte Ferdinand Laufberger (S. 125).
Der Widder wird hier zum Oplertier, zu dessen Fü-
ßen die Quellen der vier Paradiesströme fließen.
Links sehen wir Adam und Eva unter dem Baum des
Paradieses, rechts Christus am Kreuz, Maria und
R
Johannes flankieren es. Der Kopf Adams liegt unter
dem Stamm. Die Initiale wird von der Verkündi-
gungsszene geschmückt. Jacobus ist der Apostel
des Monats der Passion und der Erlösung. Das Ge-
bet stammt aus dem 5. Buch. Kap. 19 des Bischofs
Irenäus gegen die Ketzereien.
Den April illuminierte Carl Blaas (S. 129). Links vom
Tierkreiszeichen des Stieres ist die verschlossene
Porta orientalis gemalt, rechts die Geburt des Chri-
stuskindes, Stall, Ochs und Esel. Die Sinnbilder be-
ziehen sich auf die jungfräuliche Mutterschaft Mari-
ens. Die Miniature der Initiale nimmt die Auferste-
hung Christi in diesen Gedankenkreis mit herein.
Hier wurden als Text die Erklärungen des Propheten
Ezechiel vorn hl. Hieronymus (53. Buch, über Ez.
Kap. 44. 2) verwendet. Der Apostel Andreas ist der
Patron des Monats.
Den Monat Mai zierte Leopold Kupelwieser (S. 133).
Links vom Tierkreiszeichen der Zwillinge sieht man
Eva unter dem Baum mit der Schlange. Auch aus
dem Kelch, den sie hält, steigt eine Schlange; rechts
thront Maria auf der Mondsichel. wie sie in der Apo-
kalypse geschaut wurde. Sie hält Kelch und Hostie.
Zu ihren Füßen wachsen Ähren. am Himmel stehtein
Komet. Bei Eva sehen wir Dornen und einen Stern
mit einem Schlangenschwanz. In der Initiale ist eine
engelsgleiche lmmakulata dargestellt, wie sie die
Schlange zertritt. Zu ihr, der Sternengekrönten,
schwebt das Christuskind gleich einer Sonne herab.
Als Meditation wurde das 4. Kapitel aus dem 3. Buch,
Abhandlung des hl. Augustin über das Symbolum an
die Täuflinge. gewählt. Der Apostel Jacobus minor
begleitet den Marienmonat.
Den Juni malte Michael Rieser (S. 137). Links vom
Monatszeichen des Krebses sehen wir Christus auf
Wolken th ronend, wie er Adam die Hand reicht, wäh-
rend rechts Eva von Maria aufChristus hingewiesen
wird. Christus, der neue Adam, Maria, die neue Eva,
haben die Sünden des ersten Menschenpaares ge-
tilgt; die Arche Noah treibt draußen auf offener See,
die Verheißungen sind erfüllt. Im Anfangsbuchsta-
ben schwebt die Taube des HI. Geistes; der Apostel
Philippus ist derApostal des Monats. Der Gebetstext
ist der Rede des hl. Bernhard über die Offenbarung.
Kap. 12, entnommen.
DerJuIi steht im Zeichen des Löwen. Die Illustration
stammt von Franz Stöber (S. 141). Links schlägt Mo-
ses den Ouell aus dem Felsen, rechts wandelt Chri-
stus vor den Augen der Apostel über den Wellen,
was soviel bedeuten soll. daß uns diese Wunder die
unbefleckte Empfängnis Mariens glaubhaft machen
mögen. Der 81. und der 7. Brief des hl. Ambrosius an
Papst Siricius sind hier als beziehungsreiche Text-
stelle gewählt. Die lnitiale zeigt. wie Maria das Lesen
lernt. Thomas. der gläubig gewordene Apostel, ge-
leitet die Sinnbilder dieses Monats.
Den August schmückte Anton Perger (S. 145). Die
Jungfrau ist das Sternbild. Maria wird, wie lsaias
geweissagt hat. jenem Berg verglichen, auf dem das
Haus Gottes thront. Auf sie bezieht sich auch die
Kirche des Neuen Testaments. Die Bildinterpreta-
tion benützt die Erklärung des hl. Gregorzum ersten
Buch der Könige. Der Apostel Judas Thaddäus steht
diesem Monat vor.
Den September illustrierte Josef Kessler (S. 149).
Die Waage wird als Zeichen der Versöhnung gedeu-
tet. Moses und Elias sind als ßchattenbilder- der
Erlösung der Menschen gesehen. durch die Kraft
des Heiligen Geistes. wurde sie in Maria offenbar. In
der Initiale beschirmt ein Engel die drei Knaben:
Christus. Elias und Moses. Die Illustration beruht
hier auf dem 13. Brief des hl. Leo an Kaiserin Pulche-
ria. in dem von der Wesenseinheit Christi und Mari-
ens gesprochen wird. Der Apostel Matthäus be-
schützt diesen Monat.
Den Oktober versah Peter J.N. Geiger mit Sinnbil-
dern (S. 153). Der Skorpion steht hier zwischen ver-
hüllten Zeichen. die einer Rede des Abtes Bernhard
entnommen sind. Maria ist mehr als das mit Tau be-
deckte Vlies. so wie Gott mehr ist als jener bren-
nende Dornbusch, den Moses schaute. Wie Moses
mögen wir die Schuhe lösen. wenn wir uns dem Ge-
heimnis nähern. Als Text wurde wieder die Rede des
hl. Bernhard über die Offenbarung. diesmal über
Kapitel 12, gewählt. Weintrauben. Sinnbilder des
wahren Lebens, zieren die Initiale. sie umgeben
auch das Bild des Apostels Bartholomäus.
Zum Monat November schuf Ferdinand Laufberger
das Bild (S. 157). Dem Zeichen des Schützen sind
Prophezeiung und Erfüllung zur Seite gestellt. lsaias
wendet sich hin zum Magniflcat, zu Maria mit dem
Kind. die ihren Fuß auf einen Quaderstein. einen
Grundstein, setzt. Die Worte der Prophezeiung
stammen aus der Erklärung des hl. Basilius zum Ka-
pitel 8.3 des Propheten lsaias. St. Leopold, dessen
Fest im November gefeiert wird. ist in der Initiale wE-r
zu sehen. der Apostel Simon ist dem Gebet zur Seite
gestellt.
Mit dem Dezember wurde der Maler Carl Mayer be-
faßt (S. 161). Unter dem Zeichen des Steinbocks se-
hen wir die Verkündigung Mariens, über ihr die her-
abfliegende Taube; links die Flucht nach Ägypten,
rechts den hl. Josef an der Zimmermannsbank. Das
Christuskind am Stroh in der Initiale ergänzt diese
Erzählung. Der hl. Paulus beschließt das Jahr, das
Petrus eingeleitet hatte. Die letzte Meditation be-
zieht sich auf die Bewahrung von Schamhaftigkeit
und Keuschheit, sie ist dem 1. Buch Kap. 18 des hl.
Ambrosius w-Über die Pflichten-r entnommen.
Zur Bedeutung dieser Gemeinschaftsarbeit
Will man die hier nur kurz wiedergegebenen Beob-
achtungen in einer Interpretation zusammenfassen.
so wird man sich in erster Linie des Spannungsfel-
des zwischen Historie und Gegenwart bewußt wer-
den. Die Historie war das Vorbild. Es sollteja ein Ge-
betbuch im Charakter des 15. Jahrhunderts werden.
Wir wissen zum Beispiel von Kupelwieser, daß er im
Stift von St. Florian Initialen aus illuminierten Hand-
schriften abzeichnete und pauste (Skizzenbuch
Nr. 7)'". Es ist auch bekannt. daß die Maler in der
christlichen Ikonographie belesen waren. Die Histo-
rie gab aber nicht mehr als eine Vorlage ab, die nun
völlig frei abgewandelt wurde. Dies zeigte sich
schon bei der Schrift: wDie Schrift", heißt es im
Kunstblatt, wsich anlehnend an die des XV. Jahr-
hunderts. ist deutlich und gleichmäßig; ein Reich-
thum von Ornamenten ist in den Initialen. den
Schlußstücken der Zeilen und den Schlußpunkten
verschwendet. Jedes Blatt fast überrascht durch
neue Wendungen. nirgend ist eine Wiederholung
oder Erlahmung der Phantasie bemerkbar. Sie sind
von der gewandten Hand zweier Schüler der Archi-
tekturschule. -- Aus dem Nachlaß Anton Groners, der
ein Mitarbeiter Eduard van der Nülls war, geht her-
vor, daß er die ornamentale Ausstattung des Gebet-
buches geschaffen hat. Auch eine Zeichnung des
Einbandes findet sich unter seinen Papieren. Am
Missale romanum stammen Ornamente und Zierlei-
sten gleichfalls von ihm; die Schrift gestaltete dort
Anton Hanka. Vielleicht war er gleichfalls schon am
Gebetbuch tätig".
Die Erfindung der Darstellungen war ebenfalls eine
durchaus eigene. Man illustrierte die vorgegebenen
Texte, suchte Bezüge und wählte meist sehr nahe-
liegende Sinnbilder. die gegenüber den geistvollen
Bezügen des Mittelalters oft nuräußerliche Wirkung
haben. Geistiges wurde in eher profaner Weise ver-
sinnlicht. doch darin lag nicht nur ein Nachteil. Die
Wirkung sollte jedem verständlich sein. Damit war
sich die spätbiedermeierliche Mentalität im Schau-
baren treu geblieben und hatte sich nicht in intellek-
tuellen Konstruktionen verstiegen. Wir lesen im
Deutschen Kunstblatt: "Die Darstellungen aber.
welche von dem Direktor Ruben und den Professo-
ren Blaas, Führich. Geiger, Kupelwieser, Meyer und
Schulz ausgeführt sind, ist an und für sich so rei-
zend, daß auch derjenige, dem kirchliche Symbolik