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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 6)

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ziehen, und Fischnaler faßt das Resultat auch 
dahin zusammen: „An ein bloßes Urnrißschema 
Kölderers ist ebenso wenig zu denken wie an 
eine sklavische Übertragung der Zeichnung 
seitens Dürers." Ich möchte dabei den Nach- 
druck auf das letztere legen und damit werden 
wir die Kronenträgerin, so wie sie heute in der 
Ehrenpforte prangt, doch mehr als ein Werk 
Dürers denn Kölderers ansehen dürfen. Den 
Girlanden möchte ich aber schon deshalb keine 
allzu große Bedeutung beimessen, weil ihre 
Funktion an dem Lusterweibchen doch eine 
wesentlich andere ist. Überdies mußte der 
Gedanke, das Traggehäng mit Girlanden aus- 
zugestellten, gerade der Frühzeit des Jahrhun- 
derts sehr naheliegen. Auch andere Einzel- 
heiten wird man nicht überschätzen dürfen; die 
seitwärts geneigte, überaus anmutige Haltung 
des Köpfchens hat die Kronenhalterin auch mit 
mancher Madonna Dürers gemein. Mit min- 
destens ebenso großem, ja größerem Rechte 
konnte man eine Beziehung zwischen dem 
Leuchterweibchen und Dürers Lucretia - der 
Zeichnung wie dem Bilde H oder seinem Ent- 
wurf des Lusterweibchens in der Albertina an- 
nehmen. So lange also nicht zwingendere 
Gründe für Kölderer als den Erfinder der 
Kronenträgerin der Ehrenpforte sprechen, wer- 
den wir sie, so verführerisch Fischnaler auch 
zu locken weiß, aus dem Vergleich mit dem 
Leuchterweibchen ausschalten müssen. 
Wir sind leider über Kölderers künst- 
lerische Handschrift als Maler und Zeichner 
recht wenig unterrichtet und müssen uns heute 
Abb- 6- _ noch mehr mit Vermutungen zufrieden geben, 
 gäfzsrr'zch'n als daß wir uns auf Tatsachen stützen könnten. 
Kölderers Malerei am alten Wappenturm in 
Innsbruck ist uns nur in einigen Gemälden und graphischen Blättern über- 
liefert, die nur gegenständlichen Wert beanspruchen, und auch „der kleinen 
pildl visierungen", das heißt die Entwürfe zu den Statuetten der Sippschaft 
des Kaisers für dessen Grabmal sind nicht erhalten. Aus den Statuetten 
selbst läßt sich aber kein untrüglicher Rückschluß auf Kölderers künstlerisches 
Eigentum daran ziehen, da auch der Modelleur bei der gewichtigen Aufgabe 
der Übersetzung der Zeichnung in die plastische Form nichts Unwesentliches
	        
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