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Sammlung Lanna, Prag. Das Kupferstichcabinet. Wissenschaftliches Ver-
zeichniss von Dr. Hans Wolfgang Singer. Prag i8g5, Selbstverlag.
2 Bde. 8". X, 515 und 517 S. mit dem Porträt Adalbert v. Lannafs
und XXXI Tafeln.
Das Kupferstichcabinet des Herrn v. Lanna in Prag hat in Fachkreisen seit langer
Zeit den Ruf einer überaus reichhaltigen Sammlung erlesener Schatze der graphischen
Kunst, welche ihr Besitzer, ein eminenter Kenner, in vieljahrigem liebevollen Bemühen
vereint hat. Unter den privaten Kupferstichcabineten nimmt das des Herrn v. Lanna un-
bestritten einen allerersten Rang ein. Es ist nicht ohne Interesse, wie Herr v. Lanna
zur Anlage dieses kostbaren Theiles seiner reichen Kunstsammlungen hingefuhrt wurde.
Vor ungefahr dreißig Jahren erwarb Herr v. Lanna ein von Johann Schaper nach einer
Radirung von J. Callot (aus der Zigeunerfolge, M. 667-670) bemaltes Trinkglas; auf
das von Schaper benützte Vorbild aufmerksam geworden, ließ er sich das Original
Callot's nebst anderen Blättern des Meisters besorgen und aus solchen kleinen Anfangen
entstand die heute schon über 10.000 Blätter, darunter viele Seltenheiten, zahlende
hochberühmte Sammlung. Nun soll diese nach dem Wunsche ihres Besitzers durch den l
gedruckten Katalog über den Kreis persönlicher Freunde und Verehrer hinaus genau
bekannt und der Wissenschaft dienstbar gemacht werden; alle Kunstfreunde werden diesen
hochherzigen Entschluss Herrn v. Lanna's mit Freude vernehmen, wie die Fachwissen-
schlft alle Ursache hat, ihn mit dankbarer Anerkennung zu begrüßen.
Der Katalog wurde von Dr. l-Ians Wolfgang Singer in Dresden verfasst und
dieser hat die umfangreiche mühevolle Arbeit mit hingebendem Eifer und einem nicht
geringen Aufwand von fachlichem Wissen durchgeführt. Um die Aufstellung eines
wissenschaftlichen Systems für die Gruppirung des zu beschreibenden Materials hat sich
der Verfasser zwar nicht sonderlich bemüht, seine Gruppeneintlieilung folgt nungefahru
der Aufstellung der Sammlung, welche ja oft und besonders bei privaten Kupferstich-
cabineten mehr oder weniger von verschiedenen Zufalligkeiten abhängig ist. Sa ergab
sich die Anordnung des Kataloges in elf Abtheiluiigen: l. Das fontzehnte Jahrhundert.
II. Das sechzehnte und siebzehnte Jahrhundert. III. Italienische Stiche. IV. Italienische
l-lelldunkelholzschnitte. V. Holländische Radierungen. VI. Englische, französische und
hollandische Helldunkelholzschnitte. VII. Die Bildnissstecher Ludwigs XIV. und Andere.
VIII. Sehabltunst, Punktirmsnier, Aquatinta, Farbendrucke u. s. w. IX. Das achtzehnte
Jahrhundert. X. ltas neunzehnte Jahrhundert. XI. Kupferstiche und Holzschnitte in
aübundenen Werken. - Innerhalb der Abtheilungen sind die Blätter in der alphabetischen
eihe der Künstlernamen angeordnet; biographische Daten über die einzelnen Meister fehlen
jedoch ganzlich. Auf die durch alle Abtheilungen fortlaufende Ordnungsnummer folgen bei
jedem einzelnen Blatte der kurze Titel, wo es ndthig ist auch 'die Beschreibung,
darauf die Maßangabe in Millimetern; ferner Hinweise auf die Fachlitteratur,
welche in umfassender Weise herangezogen wurde, Bemerkungen über Abdrucksgüte,
Papierrand, Wasserzeichen und Provenienz der einzelnen Blatter. Hier ist des Guten
last zu viel geschehen. denn so schatzbar die Angaben über Papierrand und Provenienz
bei den Erstlingswerken des Kupferstiches und Holzschnittcs sind, so haben sie bei der
großen Menge der späteren doch weniger Bedeutung. Auch auf die Bemerkungen des
Verfassers über die Abdrucksgüte der von ihm beschriebenen Blätter würde umso leichter
verzichtet werden können, als es zur Genüge bekannt ist, dass in die Kupferstichsammlung
des Herrn v. Lanna in der Regel und innerhalb der Grenzen der Möglichkeit nur
vorzügliche Exemplare Aufnahme finden und gefunden haben; wie Herr v. Lanna bei
seinen gegenstandlichen Sammlungen sein Augenmerk stets nur auf das Beste und Er-
lesenste richtet, so hat er es auch jederzeit mit seinem Kupferstichcabinet gehalten. Die
vielen, bei dem Luxus, r_nit welchem der Katalog ausgestattet ist. ganz uiinothigen Ab-
breviaturen und die kurzen Zeilen zerstören die Schönheit des Typensatzes, der über-
haupt nicht gar zweckmäßig angeordnet ist. Die Titel der Blätter sind, anstatt sie her-
vortreten zu lassen, von der Ordnungsnummer weg in die Antangszeile eingezogen, die
folgenden Zeilen mit den Angaben über Litteratur u. s w. sind wieder vorgestellt und da-
durch ist die Uebersichtlichkeit verringert worden. Freilich helfen wieder die genauen
Namen- und Sachregister einigermaßen darüber hinweg und so erfullt der Katalog
auf jeden Fall die ihm von dem kunstsinnigen Besitzer der Sammlung gestellte Autl
gebe: er orientirt bis in's kleinste Detail über den gesammten Bestand eines der
prachtvollsten privaten Kupfersticheabinete und die Fachwissenschaft wird Herrn v. Lanna
für diese munificente Forderung ihrer Interessen stets zu Dank verpflichtet bleiben.
' R-r.