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gearbeitet wird. Im Uebrigen ist der strenge Classicist Joh. Christ.
Genelli, der von 179i an durch mehr als 30 Jahre der Fabrik an-
gehört, die maßgebendste Autorität in künstlerischen Fragen. Die an-
muthige Gruppe von Schadow, Königin Luise und ihre Schwester, die
reizvolle Büste der Königin, ferner die liegenden Figuren Iris und Cybele,
Fruchtschalen tragende graziöse weibliche Gestalten, eine antike Lampe
als Ziergefäß und Anderes charakterisiren auf der Ausstellung dieses
Genre in seinen besten Beispielen.
ln leicht erkennbarem Zusammenhang mit dieser Richtung steht eine
auf allerlei Gefäßen, namentlich aber auf Tassen auftretende Reliefplastik.
Porträte des Königs und der Königin, der drei Alliirten, der Feldherren
und Helden in den Befreiungskriegen, sind die beliebtesten Sujets. Solche
Bildnisse wurden cameenartig an der Vorderseite angebracht, während
die übrig bleibende Fläche den üblichen Decor in Gold und farbiger
Bemalung rnit Blumen etc. erhielt. Ein vorzügliches Beispiel dieser Art
(Nr. 497, König]. Kunstgewerbe-Museum in Berlin), ist eine Tasse mit
Unterschale mit dem Reliefbrustbild der Königin Luise auf Goldgrund,
darüber: "Sie lebt auf immer im Herzen treuer Patriotenl- Auf der
Untertasse: uro. März 1776 bis 19. Juli 1810", die Ränder mit lmmor-
tellenkränzen. Nahe verwandt mit dieser Gattung und augenscheinlich
beeinflusst durch die Wedgwood-Waare, zeigt sich diese Verzierungsart
auf rein ornamentalem Gebiete. Eine Tasse unserer Ausstellung, deren
Ränder ein antikisirender Greifenfries in flachem Relief auf braunem
Grunde ziert, gibt Zeugniss hiefür (Nr. 495, Berliner Kunstgewerbe-
Museum).
Auf dem Gebiete der Malerei dominiren, wie überall, die durch die
Antike beeinflussten mythologischen und historischen Darstellungen. Sie
werden auch hier theils monochrom, theils in bunten Farben behandelt,
erreichen aber selten dieselbe Stufe der Vollendung, wie in Wien. Charak-
teristisch für Berlin ist ein Genre, das als deutsche Fortsetzung der fran-
zösischen faTences parlantes und patriotiques der Revolutionszeit gelten
kann. Vasen, Schalen, Teller, namentlich aber Kaffeetassen erhalten einen
bildlichen Schmuck, der patriotische Gefühle, fromme Wünsche oder
witzige Anspielungen zum Ausdruck bringt. Selbstverständlich spielt
Napoleon einerseits und das königliche Haus anderseits eine hervorragende
Rolle, und Inschriften legen die Gesinnung gegen die betreffende Person
unzweideutig an den Tag. Aber auch symbolische, allegorische oder rein
gegenständliche Darstellungen, die den schlichten, bürgerlichen Sinn des
Volkes, seine gemüthvolle Treue, sein Gottvertrauen und seinen unver-
wüstlichen Humor kennzeichnen, kommen vor, und zwar so zahlreich,
dass man die Geschichte jener Tage in eindrucksvoller Kürze damit
illustriren könnte. - Aus einer Anzahl hierher gehöriger Stücke sei nur
eines hervorgehoben, eine Tasse mit den Brustbildern Friedrich Wilhelm lll.
und Kaiser Alexander I. mit der Inschrift: nHeil Euch im Siegerkranzlu