gest. 1235, in der Klosterkirche Nonnberg in
Salzburg. Wappengrabsteine treten seit etwa
1300 auf. Erst ab 1340 werden die Ritzzeich-
nungen auf den Platten zu Reliefs. Vom Flach-
relief kommt es über das Hochrelief zu einer
Entwicklung, die mit beinahe vollplastischen Dar-
stellungen auf den Grabplatten ihren Höhepunkt
erreicht. Die Bedeutung_des Aribo-Grabsteines
liegt in der hervorragenden künstlerischen Lö-
sung einer Aufgabe, nämlich der Darstellung
eines liegenden Ritters und ihrer Verbindung
von Schrift, Ikonographie und Dekarationsele-
menten.
Das Grabmal besteht aus der Tumba, die auf
einem Sockel mit stark profiliertem Rand steht
und deren Seiten in reliefhafte Spitzbogenfelder
aufgeteilt sind, in denen sich die Figur des Abtes
Farcher sowie Wappen und Helmzier haltende
Engel und Wappenschilde befinden. Auf der
Tumba liegt die ausladende Deckplatte mit der
Ritterfigur mit Inschrift, Propheten und Engeln
auf dem abgeschrägten Rand. Die Länge be-
trägt 220 cm, die Höhe 121 cm, die Breite 110 cm.
Die Inschrift auf der abgeschrägten Deckplatte
lautet: Arybo comes palatinus fundator huius
ecclesiae symon abbas actor huius operis anno
domini 1400. (Alle Abkürzungen sind ergänzt und
aufgelöst.) Die Rittergestalt des Ariba liegt in
voller Rüstung, mit einem Mantel bekleidet, im
vertieften lnnenfeld der Platte. Das lnnenfeld
ist bis zum Rand mit einem sorgfältig drapierten
Bahrtuch ausgelegt. Unter dem Kopf des Pfalz-
grafen befindet sich ein breites Kissen. Seine
beiden Füße stehen auf dem Rücken eines Lö-
wen, der sich in den unteren Teil des lnnen-
feldes schmiegt. In den Händen hält Aribo
Schwert und Lanze. Der Wimpel des Banners
wird von einem Engel am Kopfende der Deck-
platte gehalten. Auf dem abgeschrägten Rand,
der die Inschrift trägt, liegen sechs Propheten-
gestalten, die Schriftbänder in den Händen hal-
ten. Die lnschriften auf diesen Schriftbändern
lauten: beati mortui qui in domini moriuntur -
vivent mortui tui domine - omnis spiritus laudet
daminum - credo videre bano domini - ne
tradas domine bestiis animas confidentes tibi -
dies mei transierunt cogitatianes meae dissipatae
sunt. An der Südseite der Tumba steht im Mittel-
feld des Abt Simon Farcher mit der Beischrift:
Simon abbas dictus varcher fundator huius operis
1395. Neben ihm und an den anderen Seiten
sind u. o. die Wappen von Seeon, von den
Laimingern, van Andechs, vom Herzogtum
Bayern und von Salzburg angebracht?
Die Tumba wurde wiederholte Male beschrieben
und gedeutet. Die eingehendste Behandlung und
Würdigung erfuhr das Werk durch Ph. M. Halm'.
Sämtliche späteren Publikationen fußen auf den
Ergebnissen seiner Arbeit. Untersuchungen, die
neue Erkenntnisse bringen wollen, müssen da
ansetzen, wo sich stilistische Zusammenhänge mit
der Plastik der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun-
derts erkennen lassen. „Der monumentale Stil
des Hochgrabes des Pfalzgrafen Aribo von
Seeon ist von Hüttenplastik in der Art der Wen-
zels-Figur im Prager Veitsdom bzw. einer ent-
sprechenden Parlerischen Grabplastik dort ab-
zuleiten"5
Es gibt einige Rotmarmorgrabsteine außerhalb
Prags, an denen Merkmale der Kunst dieser
Meister festgestellt werden können. Zu ihnen
gehören: Hans von Ybbs (gest. 1368) an der
Ftarrkirche von Ybbs (Niederösterreich), Otto
von Pienzenau (gest. 1371) in der St.-Sebastians-
Kirche in Ebersberg (Oberbayern), Albert Not-
haft (gest. 1380) in der Pfarrkirche in Oberköb-
lietz (Oberpfalz). Bei ihnen ist wie beim Ariba-
stein das Parlerische der „Unterbau" für das
Werk, ohne daß man iedoch Einzelheiten direkt
16
ableiten kann. Es gibt sogar Merkmale, die den
Tumben des Prager St.-Veit-Doms entgegenge-
setzt sind, wie das Liegen der Gestalt in einer
Vertiefung, die bei Seitenansicht den Pfalzgra-
fen völlig verschwinden läßt. Charakteristisch
für den Aribo-Stein ist die Art, wie eine Über-
steigerung der Einzelheiten vorgenommen wird.
Beispielsweise setzt sich' der Rahmen von außen
nach innen aus dem Schriftrand, einer Hohl-
kehle mit Laubwerk und der geraden Kante
zusammen. Die Zaddelung des Bahrtuches ge-
hört zum lnnenfeld. Auch die Panzerung Aribos
zeigt die ausgeprägte Freude an Einzelheiten.
Beim Vergleich mit dem Panzer des hl. Wenzel
im Prager Veitsdom fallen die Schließen an der
Mittellinie auf, bei denen auf genaueste Symme-
trie geachtet wurde. Der Mantel ist so straff um
Schultern und Unterarme gezogen, daß die Fal-
ten gleichmäßige Schröglinien ergeben. Von den
Kettengliedern des Rockes und der Schuhe ist
iedes einzelne herausgearbeitet. Die Flügel des
Engels, die sich an der oberen Schmalseite auf
der Schräge entfalten, stellen eine Mischung von
Pfauenfedern und daraufgelegten Deckblättern
dar. Jede Blattrippe und iede Einzelfeder ist
3 Ehem. Klosterkirche Seeon. Grabmal des Pfalz-
grafen Aribo. Prophet links unten
Anmerkungen 3-18
'Die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern. Bearb. v. G.
v. Bezold, s. Riehl, e. Hager. Bd. 1, T. 2. München 1906.
s. 1843 r.
f Philipp M. Halm, Studien zur Plastik.
Augsburg 1926. Bd. 1. S. 1 ff.
fTheodor Müller, Zur monumentalen Salzburger Plastik
des frühen 15. Jahrhunderts. In Zeitschrift des deutschen
Vereins für Kunstwissenschatt 6 (1939) S. 241.
f Franz Walter, Bayerische Plastik des XV. und XVl. Jahr-
hunderts. In: Festschrift des Münchner Altertumsvereins.
München 1914. S. 42.
' Halm, Studien, S. B.
'Theodor Müller, Sculpture in the Netherlands, Germany,
France and Spain. Harmands, Middlesex 1966. Tef. 46 B.
'Eurapäische Kunst um 1400. Ausstellungskatalog. Wien
1962. S. 368.
I" Heinrich Kahlhausen, Nürnberger Goldschmiedekunst des
glligglalters und der Dürer-Zeit 1240-1540. Berlin 1968.
"Walter, Bayer. Plastik, Abb. 9.
J] Halm, Studien, Abb. 53.
u Salzburgs bildende Kunst. Ausstellungskatalog. Salzburg
1938. Nr. B5.
" Hans K. Ramisdi, Zur Salzburger Holzplastik im zweiten
Drittel des 15. Jahrhunderts. In: Mitteilungen der Ge-
sellschaft ein Salzburger Landeskunde 104 (m4) s. 18 r.,
Abb. i.
" Halm, Studien, S. 2.
u Antanin Mateicek, Jaroslav Pesina, Gotische Malerei
in Böhmen. Prag 1955. S. 63, Abb. 120, 124, 125.
" Otto Kletzl, Zur Parler-Plastik. In Wallraf-Richartz-Jahr-
bucti NF l_l-lll (_1933l34), S. 139.
"Josef Opitz, Die Plastik in Böhmen zur Zeit der Luxem-
burger. T. 1. Prag 1936. Abb. 93.
süddeutschen
in feinster Meißelarbeit ausgeführt. Das g
trifft auch für die Flügel des Adlers untei
Rücken des Evangelisten Johannes an der
Längsseite und für das Fell des Löwen an d
teren Ecke zu. Diese Manier, den Kleinig
außerordentlich großes Gewicht zu verl
äußert sich auch im ikonagraphischen Progi
Das Cingulum militare ist mit blütenför
Glöckchen behängt. Diese Mode erfreute sic
ßer Beliebtheit, denn die Glöckchen waren
ein Königsattribut. (Es soll nicht mehr a
Hinweis sein, wenn hier darauf aufme
gemacht wird, daß Seeon ein Reichsklosti
wesen ist, das allerdings seine Reichsuni
barkeit schon 1201 verloren hatte und dem
burger Erzbischof unterstellt worden war.)
Das Gesicht Aribos - wie der ganze Kör
reiner Frontalansicht wiedergegeben -
verglichen mit dem Kopf Ottokars l. Gl
Prager Tumba, eine geradezu graphische l
bildung aus. Die weit geöffneten Augen er
durch die kreisrunden Bohrungen etwas
rendes. In der Form des Buchstabens M sini
tiefungen zwischen Nasenwurzel, Stirn
Augenwülsten eingekerbt.
Die metallische Oberfläche und die min
Ausführung von Details (Glöckchen, Kette
der, Bartlocken u. ä.) haben dazu gefüh.
Herkunft des Meister aus der Goldschi
zunft zu vermutenf oder aber wenigsten
Einfluß der Goldschmiedezunft auf ihn i
steIlenÄ Es ist iedoch seine Eigenart, mit l
nicht nur das Grabmal zu überhäufen, s:
sie auch aufs sorgfältigste auszuführen
annähernd gleichzeitige kupfergetrieben
stenreliquiar des hl. Cassian (?] im Wiener
historischen Museum" ha_t seine stilistische
aussetzungen in den Porträtbüsten des l
Triforiums". Daß es auch als Nürnberger
bezeichnet wirdm, ist in diesem Zusamme
nicht von Wichtigkeit. Der wesenhafte
schied zwischen dem getriebenen Meta
Büste und der Meißelorbeit des polierter
mors ist jedoch so auffällig, daß man die ,
schmiedethese" nicht aufrechterhalten kan
dem ist es unwahrscheinlich, daß die
ordnung einem Goldschmied die TÖIIQIU
Steinmetz erlaubte.
Ebenso ist es problematisch, sich den Meist
Aribo-Grabmals .als Holzbildhauer vorzus
Es gibt zwar Stilzusammenhänge, die die (
des Aribo mit einem hl. Christophorus in
besitz" und einem stehenden Heiligen in
burger Museum Carolinum aus der Ze
1400" verbinden, denn ieweils ist der Bi
den Enden zu kleinen Schnecken gedrel
sind die Augenbagen stark betont. Aber f
gleichen Meister spricht das noch nicht. Die
eines hl. Pantaleon (Steinguß, gefaßt) ai
Zeit um 1400 in den Kunstsammlungen de
sters Nonnberg in Salzburg" erlaubt eh
den Seeoner Meister zu denken. Die Veri
schaft der beiden Gesichter ist sehr grc
einer Dreifaltigkeitsgruppe aus Holz im
hous in Wagrain" finden sich zwar äl
Merkmale wie in Seeon. Die starre Haltur
symmetrischen Entsprechungen sind beidi
meinsam. Vom Stil des Meisters der Aribo?
kann man aber bei diesem Holzbildwerl
sprechen. _
Als Voraussetzung für das Seeoner Stifti
nehmen die Prager Tumben eine wichtige
ein. Stilistisch noch näher Verwandtes find
bei der nördlichen Sedile in der Prager
kirche. In den Maßwerkzwickeln der Sedi
Prophetenfiguren angebracht. Der link
ihnen hält ein Kreuz; er ist das wichtigst
bindungsglied zwischen der Prager Parlei
und dem Ariba-Grabstein.