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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 149)

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nung, Reichthum der kleinen Muster, Feinheit und Vollkommenheit der 
Ausführung. Es ist keine Imitation, sondern auf Grundlage des Alten 
eine freie Schöpfung, ein völlig neuer Weg. Wenn er in gleicher Weise 
verfolgt wird, wie er hier begonnen, führt er ohne Zweifel zum Ziele, 
zu Selbstständigkeit und tadelloser Schönheit der österreichischen Spitzen. 
Freilich zu diesen Zielen gelangt man nicht mit den gewöhnlichen 
Mitteln. Es wird recht gut und nützlich sein, wenn man in verschiedenen 
Gegenden der Spitzenfabrication Schulen gründet, wie denn z. B. die zu 
Idria sich vollständig bewährt. Aber diese Schulen, fern von den Sitzen 
der Mode, vorn Mittelpunkte des Kunstlebens, werden wohl die Hände 
bilden, aber nicht den Geist erfinderisch machen und nicht den Gang und 
das Bedürfniss der Zeit verstehen lernen. Es wird nöthig sein, die Spitzen- 
fabrication mit der Residenz und den entsprechenden Kunstinstitnten Wiens 
in Verbindung zu setzen, wo allein man im Stande ist, die Uebersicht 
über den Lauf der Dinge im Auge zu behalten, wo man allein die künst- 
lerischen Kräfte und Mittel schaffen und gewähren kann. Hier müssen 
die erfindenden Künstler gebildet werden und es ist nicht schwer, da 
man nur vorhandene Kräfte, wie sie aus der Kunstgewerbeschule bereits 
hervorgegangen sind, auf dieses Fach hinzulenken braucht; hier müssen 
die Muster gezeichnet, hier die Lehrerinnen gebildet werden, welche, in 
die Heimat zurtickkehrend, dort in der neu erlernten, d. b. in der alten 
Technik weiter zu unterrichten haben. Nur wenn man die ganze Ange- 
legenheit also auffasst. darf man hoffen, den darbenden Zustand in einen 
blühenden zu verwandeln. Es wird einige Opfer kosten, aber sie sind 
sehr gering, da die Hauptbedingungen alle vorhanden sind, viel geringer 
als die Summen, welche die Frage der Spitzenfabrication bereits resultatlos 
gekostet hat. (W. A. P.) 
Vorlesungen In luuun. 
Am a2. November begann Herr Regierungsrath Falke einen Cyclus von Vorträgen 
-Ueber die Geschichte des Costüms im Mittelalter: Er lieferte also diesmal 
das Bild einer geschlossenen Periode und zeigte, wie unter dem Einllusse der Reste an- 
tiker Cultur, welche nach dern Sturze des Rörnerreiches die neuen, den Schauplatz der 
Geschichte betretenden germanischen Völkeischaften übernahmen, die letztern eine neue 
Cultur, Sitte, Literatur und Ideen schufen, also auch eine neue Tracht, die bald alle 
Völkerschaften der christlich germanischen Welt beherrschte. Er besprach zuerst den 
Unterschied der altgerrnanischen von der römischen Tracht und hierauf deren allrnälige 
Annäherung bis um die Wende des Jahrtausends mit den neuen Ideen den christlich- 
germanischen ritterlichen Welt auch damit zusammenhängend eine neue und originelle 
Entwicklung der Tracht in frischen, lebendigen Fluss gerath, dann in den Wechsel der 
Moden und endlich in eine Fülle der buntesten Formen ausgeht. Den Verlauf dieser Ent- 
wicklung hat also Reg-Rath Falke eingehend verfolgt. - Zuerst hat sich unter den Me- 
rovingern und Karolingern die Beinbekleidung ausgebildet, am Unterschenkel mit Riemen? 
verschlingungen vorn 8. bis to. Jahrhundert, bald mit einer Art von Hnlbstiefeln getragen. 
Dazu gesellte sich in Folge der unennesslichen Beute aus den eroberten Ländern eine 
roh barbarische Prunlrsucht mit bunten Farben und schweren, selbst mit byzantinischen 
Thicrbildern gezierten Seiden- und Purpurstoßen und Gold und Geschmeide über und 
über, trotz des Widerstandes Karls des Gr, und seines ersten Luxusgesetzes. Hier bot 
sich dem Vortragenden die Gelegenheit, der ganz unhistorisehen DarstellungSWlöiSß von
	        
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