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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 5)

den reizenden Bildchen, Figuren und Scenen von Boucher, Vanloo u. A. 
erfreuen uns heute doppelt: durch den Reiz ihrer Erscheinung wie da- 
durch, dass sie uns so beredte Bilder liefern für den leichten Sinn, den 
Taumel der Lebensfreude und des Lebensgenusses, die leichten und doch 
von so vornehmem und graziösem Geiste durchwehten Sitten jener Zeit. 
Ludwig XVI. und Marie 'Antoinette hatten in Sevres temporäre 
Ausstellungen angeordnet, die die Aufmerksamkeit und Bewunderung der 
ganzen Welt erregten. 
Die Revolution brachte für Sevres schwere Finanzcalamitäten. Es 
ist aber gewiss merkwürdig und fürüdie Werthschätzung der Manufactur 
in allen Kreisen charakteristisch, dass dieses königliche Institut, pri- 
vilegirt und ausschließlich Luxusobjecte schaffend, in jener Zeit des 
Privilegien- und Luxushasses nicht gänzlich vernichtet, vom Sturme der 
Zeit hinweggefegt wurde. 
Der Convent wählte aus seiner Mitte Comrnissäre, die die Fabrik 
weiter zu führen hatten -allerdings stammt aus jener Zeit nur gewöhn- 
liches Gebrauchsgeschirr, in nüchternster Weise mit der nationalen Tri- 
colore geschmückt. 
Das Directoire gab Sevres drei Directoren, die sich in die Geschäfte 
zu theilen hatten, sehr zum Schaden des Institutes, welches erst wieder 
unter dem Schutze des ersten Consuls aufblühen konnte, der es 1800 
unter die Leitung eines hochbegabten jungen Gelehrten, des nachmals 
so berühmt gewordenen Brogniart, stellte. 
Wie überall hatte Napoleon auch da mit richtigem Blick den rich- 
tigen Mann getroffen. 
Brogniart brachte Sevres nicht blos wieder zu seiner alten Gloire, 
das zielbewusste wissenschaftliche System, das er der Technik des Por- 
zellans an Stelle der alten Empirie zu geben bemüht war, die technischen 
Fortschritte, die dieser exacten Methode entsprossen, ermöglichten es, 
dass die höchsten, wenigstens technisch höchsten von Napoleon der 
Manufactur gestellten Aufgaben gelöst werden konnten. 
Vasen und Plattengemälde von bis dahin nie erreichter Größe, mit 
Copien der großen Meisterwerke des Louvre geschmückt, ja ganze Por- 
zellanmöbel, noch dazu in den geradlinigen Formen des durch Napoleon 
zur Herrschaft gebrachten Stiles entstanden auf den Wunsch des Sou- 
verlins, der hier wie überall alles seinem Willen gefügig zu machen 
verstand. 
Die Chemiker Laurent, Malaguti und der berühmte Salvetat ent- 
falteten nach einander unter dem 47jährigen Regime Brogniarts ihre für 
die Decorationstechnik so fruchtbringende Thätigkeit. Die hervorragendsten 
Zeichner, Modelleure, Sculpteure der Zeit wirkten im Dienste der kaiser- 
lichen Fabrik, deren Werke Napoleon zu diplomatischen Geschenken, 
im Dienste seiner Politik, zur Erhöhung des Glanzes seines Hofes ver- 
wendete.
	        
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