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Metadaten: Michael Thonet, der Erfinder und Begründer der Bugholzmöbel-Industrie

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Dem Erfinder wird ein Privilegium verliehen. 
Hochortige 
Förderung. 
Im Jahre 1841 wurden vorerst in Frankreich, England 
und Belgien Patente genommen, sie konnten aber nicht ver 
wertet werden; teils waren die Anbote zu gering, teils an 
die Bedingung geknüpft, daß sich Michael Thonet im Aus 
lande persönlich an der Fabrikation beteiligen solle. 
Dem Erfinder wird ein Privilegium 
verliehen. 
Allem Leben, allem Tun, aller Kunst muß das 
Handwerk vorausgehen, welches nur in der Be 
schränkung erworben wird. Eines recht wissen 
und ausüben gibt höhere Bildung als Halbheit im 
Hundertfältigen. Vom Handwerk kann man sich 
zur Kunst erheben, vom Pfuschen nie. 
Goethe. 
Gelegentlich einer Ausstellung in Koblenz im Jahre 1841 
wurde der österreichische Haus-, Hof- und Staatskanzler 
Fürst Klemens Lothar Wenzel Metternich (geboren zu 
Koblenz 1773, gestorben in Wien 1859), der auf seiner nahen 
Besitzung Johannisberg im Rheingau einige Zeit verweilte, 
auf die von Michael Thonet ausgestellten Erzeugnisse auf* 
merksam gemacht und legte großes Interesse für sie an den 
Tag, so daß er Michael T h o n e t zu sich auf Schloß Johannis 
berg beschied, um sich von ihm das Wesen dieser Erfindung 
ausführlich auseinandersetzen zu lassen. 
Michael Thonet kam dieser Aufforderung nach und 
stellte sich auf Johannisberg bei dem Fürsten ein. Er brachte 
Sessel, Stöcke, ein Wagenrad und verschiedene andere Gegen 
stände aus gebogenem Holze mit. Der Fürst zollte der Erfin 
dung vollen Beifall und ermunterte Michael Thonet mit 
den Worten: »Mein Lieber, das ist alles schön und gut. Aber 
in Boppard werden Sie immer ein armer Mann bleiben. Gehen 
Sie nach Wien! Ich will Sie dort bei Hofe empfehlen. Die 
Fahrt soll Sie nichts kosten. Sie können mit dem Kabinetts 
kurier von Frankfurt nach Wien reisen“, 
Michael Thonet leistete dieser Anregung bald darauf 
Folge und fuhr im Frühjahre 1842 — vorläufig allein — nach 
Dem Erfinder wird ein Privilegium verliehen. 
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Wien, um das von ihm für Österreich angemeldete Patent zu 
verwerten. In einem Briefe, den Michael Thonet am 15. Mai 
1842 an seine in Boppard zurückgebliebene Familie richtete, 
finden wir die Entstehungsgeschichte des Hauses Thonet 
in der ehemaligen österreichischen Monarchie. Dieser Brief 
ist in mehr als einer Beziehung interessant und besonders die 
warme Teilnahme des mächtigen Staatsmannes Fürsten 
Metternich — auf dessen Einwirkung er ja überhaupt nach 
Wien gegangen war — ist unter dem Eindrücke des Augen 
blickes so lebhaft geschildert, daß wir die betreffende Stelle 
hier wörtlich wiedergeben: 
Thonet- 
Möbel- 
schau im 
Palais 
des 
Fürsten 
Metternich. 
»... Wie sehr sich der Fürst meiner annimmt, will ich 
hier kurz anführen. Ich bin am 7. d. abends in Wien an 
gekommen. Am anderen Tage wurden unsere Sachen in das 
Palais des Fürsten gebracht. Daselbst erhielt ich ein schönes, 
großes Zimmer zum Auspacken und Reparieren unserer Möbel, 
die nachher der Fürst befahl sofort auf sein Zimmer zu 
bringen. Es machte dem Fürsten eine außerordentliche Freude, 
er sprach in meiner und mehrerer Hofbeamten Gegenwart 
mit solcher Begeisterung von unseren Sachen, daß er fast 
niemand zu Worte kommen ließ, er schaukelte sich auf dem 
Sessel hin und her, nahm sein Stöckchen, welches er auf dem 
Johannisberg von mir erhielt, schilderte dessen Stärke, ver 
bunden mit solcher Dünne. Er weiß die Bearbeitung so aus 
zulegen, als ob er bei uns gearbeitet hätte, besonders in 
Erklärung der Vorzüge der Räder. Wegen allzuhäufiger 
Arbeiten gab er dem Baron von Hügel Auftrag, meine Sachen 
zu leiten und mir bei Vorkommendem behilflich zu sein. Der 
kaiserliche Hofmarschall wurde sofort angewiesen, die Möbel 
ins kaiserliche Palais zu besorgen, um sie dem Kaiser vor 
zustellen. Gestern morgens zeigte mir Baron von Hügel an, 
daß ihm der Fürst aufgetragen habe, mir zu sagen, dem Kaiser 
hätten die Sachen ausnehmend gut gefallen und Er hege den 
Wunsch, einiges davon zu behalten; ferner zeigte er mir an, 
daß der Minister von 12 bis 4 Uhr am 15. d. Audienzen gäbe, 
weil aber dies eine allgemeine Audienz sei und zu vieles 
geschlichtet und abgefertigt werden müsse, so wurde mir bis 
übermorgen eine Privataudienz zugesagt...« 
Beifällige 
Aufnahme 
bei Hofe.
	        
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